Frage an Matthias Heider von Heike R. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr.Heider,
ständiges Störfeuer der Polen gegen Nordstream II, oder empfinde ich dies nur so?
Die Einwände der EU-Kommission und Polens gegen eine zweite Gas-Pipeline aus Russland sind falsch oder unaufrichtig, denn wir machen uns nicht von Russland abhängig. Es gibt doch auch keine Besorgnis, wenn wir uns von amerikanischen Frackinggas abhängig machen, was dort zur Umweltzerstörung beiträgt,so zumindest meine Überzeugung. Nicht umsonst ist ja bei uns un din GB Fracking verboten.
Das wahre Motiv der Polen gegen Nord Stream 2 ist denn auch ein anderes: Bislang kassiert Polen hohe Entgelte für das Gas, das über polnisches Gebiet geleitet werden muss. Die fallen weg für Gas, das durch die Ostsee fließt. Das ist vielleicht schlecht für Polen, aber gut für die Verbraucher in Europa, weil dadurch das Gas billiger wird.
Quelle: https://www.weser-kurier.de/deutschland-welt/deutschland-welt-wirtschaft_artikel,-nachteil-fuer-polen-vorteil-fuer-europa-_arid,1870478.html
Wann endlich wird die CDU geführte Bundesregierung offen und klar den Polen deren Einmischung verbieten? Soll der deutsche Verbraucher höhere Gaspreise zahlen, damit Polen Transitgebühren abfassen kann?
Mir persönlich ist das deutsche Verbraucherwohl weit näher, als irgendwelche polnischen Interessen, die uns in der Flüchtlingsfrage ja auch extrem unsolidarisch kommen.
Wird Nordstream II nun realisiert, oder von irgendwelchen ausländischen Staatslobbyisten weiter politisch verhindert/behindert ?
Mit freundlichem Gruß
H. R.
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie auf die geplante Gas-Pipeline Nord Stream 2 eingehen. Gerne möchte ich Ihnen dazu meinen Standpunkt erläutern.
Die gesetzliche Umsetzung der Richtlinie setzt einen Schlusspunkt hinter lange und durchaus kontroverse Verhandlungen, die wir mit unseren europäischen Partnern geführt haben. Am Ende ist es uns gelungen, einen tragfähigen Kompromiss zu finden, auch mit Blick auf das Pipelineprojekt Nord Stream 2. Die Regelungen der Richtlinie gehen auf den gemeinsamen Vorschlag Deutschlands und Frankreichs vom Februar 2019 zurück, der von der Europäischen Kommission mitgetragen wurde und der schließlich breite Zustimmung in Rat und Parlament gefunden hat. Bei der Umsetzung haben wir besonderen Wert darauf gelegt, dass sich dieser Kompromiss exakt im deutschen Recht wiederfindet und die gefundene Einigung eins zu eins abgebildet wird.
Bei den neuen Regeln geht es im Kern um die Frage, inwieweit das europäische Regulierungsrecht für Gasleitungen mit Drittstaaten gilt. Hier gibt es nun eine klare Abgrenzung: Das europäische Recht gilt immer dort, wo eine Pipeline über das Hoheitsgebiet oder durch das Küstenmeer eines Mitgliedsstaates verläuft. Damit werden im Ergebnis neue Gasleitungen aus dem Ausland ebenso behandelt wie andere Gasinfrastrukturen im Binnenmarkt, die der Regulierung nach dem sogenannten Dritten Binnenmarktpaket unterliegen. Dies betrifft insbesondere die Vorschriften über die eigentumsrechtliche Entflechtung, den Zugang von Dritten, die Entgeltregulierung und die Transparenzvorschriften. Der übrige Teil der Leitung in internationalen Gewässern und auf dem Territorium von Drittstaaten bleibt dagegen frei vom Binnenmarktrecht.
Wir haben in Deutschland einen Verbrauch von zurzeit etwa 88 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr; das ist der Industrie- und Privatverbrauch. Gas trägt mit 23 Prozent zur Deckung des deutschen Primärenergiebedarfs bei, 13 Prozent sind es bei der Stromerzeugung. Wir brauchen diese Sicherheit, und deshalb sind wir wiederum gut beraten, etwas für den Wettbewerb zu tun. Lediglich knapp 40 Prozent des Erdgases, das in Deutschland verbraucht wird, stammen aus Russland, 20 Prozent aus Norwegen, circa 30 Prozent aus dem Rest Europas und nur sieben Prozent aus Deutschland selbst.
Zudem planen Unternehmen den Bau dreier größerer LNG-Terminals in Deutschland. Wir brauchen den Wettbewerb und die Möglichkeit, uns aus verschiedenen Quellen der Ressource Erdgas zu bedienen. Global betrachtet werden derzeit zahlreiche neue Gasquellen erschlossen. Ich nenne nur die Stichworte „EastMed“ oder „südlicher Gaskorridor“. Ein Mehr an Angebot, auch durch Nord Stream 2, wird aus meiner Sicht deshalb nicht zu mehr Abhängigkeit führen, sondern im Gegenteil: Es wird zu mehr Wettbewerb führen und zu mehr Flexibilität. Daran müssen wir im Interesse einer guten Versorgung unseres Wirtschaftsstandortes denken.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Heider