Frage an Matthias Heider von Birgit G. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Heider,
am 28.06. wird im Bundestag über die Beschlussvorlage zur Einführung der Weidetierprämie abgestimmt. (Top 10/b).
Das Thema wird unter allen Weideviehhaltern kleiner Wiederkäuer mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und gestützt, auch von denen, die keinen Nutzen hätten.
Ich bitte daher um Information, wie sie zur Weideviehprämie stehen und welche Argumente sie dazu anführen.
MFG
Sehr geehrte Frau Günther,
vielen Dank für Ihre Nachricht zu dem Antrag für die Einführung einer Weidetierprämie.
Die Schäferei in Deutschland leistet einen wichtigen Beitrag zum Landschafts- und Naturschutz. In vielen Natur- und Landschaftsschutzgebieten, auch bei uns im Sauerland, leisten die Schäfer einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung unseres Kulturraumes. Deshalb fördern wir in Deutschland die Schafhalter in der 1. Säule über entkoppelte, regional einheitliche Direktzahlungen. Die deutschen Schafhalter erhalten - anders als ihre Kollegen in anderen EU-Mitgliedstaaten - für jeden Hektar Dauergrünland denselben Betrag wie ein Ackerbauer für einen Hektar Ackerland. Hinzu kommen noch weitere Förderprogramme für kleinere Betriebe bis insgesamt 95 Hektar, von denen gerade die Landwirte im Sauerland besonders profitieren. Auch die Schäfer fallen häufig in diese Größenkategorie und genießen so eine umfassendere Förderung als Großbetriebe. Weiterhin wird die Beweidung von bestimmten ökologischen Vorrangflächen besonders honoriert.
In Deutschland haben wir mit dem vollständigen Verzicht auf gekoppelte Direktzahlungen gute Erfahrungen gesammelt, denn die Betriebe können ihre Produktionsentscheidung ausschließlich an den Bedürfnissen des Marktes ausrichten. Davon haben auch die Schafhalter profitiert. Die Direktzahlungen, die sie heute für ihre beihilfefähigen Flächen erhalten, bei denen es sich hauptsächlich um Dauergrünland handelt, betragen in etwa das Dreifache dessen, was der Sektor vor der Entkoppelung an Mutterschafprämien erhalten hat.
Neben den Direktzahlungen in der 1. Säule, stehen in der 2. Säule mit der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete, dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm sowie mit den Maßnahmen der markt- und standortangepassten sowie umweltgerechten Landbewirtschaftung einschließlich des Vertragsnaturschutzes und der Landschaftspflege ein breites Maßnahmenspektrum zur Verfügung, das auch den Schafhaltern zugutekommt.
CDU und CSU waren sich bei der Umsetzung bewusst, dass es bei flächenlosen und flächenarmen schafhaltenden Betriebe zu Problemen kommen kann. Vor der Einführung entkoppelter Direktzahlungen hat daher die Bundesregierung gemeinsam mit dem Berufsstand und den Fachverbänden diesen Schäfern empfohlen, Dauergrünlandflächen zu pachten, damit sie auch unter den entkoppelten Direktzahlungen eine solide Einkommensbasis haben. Aufgrund der Einführung entkoppelter Direktzahlungen ist es für die Schäfer sehr attraktiv, nicht nur das klassische Dauergrünland, sondern auch Dauergrünlandflächen auf wenig produktiven Grünlandstandorten, auf Deichen, nicht militärisch genutzten Teilen von Truppenübungsplätzen sowie auf Heideflächen zu bewirtschaften.
Dass all diese Förderung auch bei den Schäferinnen und Schäfern ankommt, zeigen Auswertungen des Testbetriebsnetzes: Danach erhielten spezialisierte Schafbetriebe im Haupterwerb im Wirtschaftsjahr 2016/2017 rund 86.000 Euro an staatlichen Direktzahlungen und Zuschüssen!
Zum Vergleich: Der Durchschnitt dieser Zahlungen belief sich bei allen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben auf 33.800 Euro.
Bei der für 2020 anstehenden Weiterentwicklung der EU-Agrarpolitik werden wir agrarstrukturelle Ziele beachten und insbesondere kleinere und mittlere Betriebe fördern. Wir wollen die Direktzahlungen stärker und zielgenauer auf bäuerliche Betriebe ausrichten. In der zweiten Säule sollen noch stärker als bisher besonders tier- und umweltgerechte Haltungsverfahren und Agrarumweltmaßnahmen gefördert werden. Insgesamt dürften davon die Ziegen- und Schafhalter deutlich profitieren.
Wir schätzen die Leistungen der Schafhalter beim Natur- und Landschaftsschutz und für die Biodiversität als sehr hoch ein, aber die Lösung für die ökonomische Perspektive der Schafhalter in Deutschland, kann nicht in der Umschichtung der ersten Säule liegen, sondern in den speziellen Programmen, die im Rahmen der zweiten Säule zu Verfügung stehen. Diese Mittel sind für eine nachhaltige Landwirtschaft, insbesondere auf Grünlandstandorten, für Raufutterfresser, für Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, für die Stärkung tiergerechter Haltung sowie des ökologischen Landbaus und für die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten zu verwenden. Darunter sind viele Maßnahmen, die besonders gut von Schafhaltern - auch flächenarmen Betrieben - genutzt werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Heider