Frage an Matthias Heider von Ben P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Warum muss man trotz eines Ärztemangels ein perfektes Abitur mit 1,0 schaffen? Ich verstehe nicht ganz warum man ins Ausland gehen muss um dort mit teilweise hohen Studiengebühren sein Studium zu machen.Meiner Meinung nach wäre es besser wenn man die Anforderungen dem Bedarf anpassen würde.
Mit freundlichen Grüßen
B. P.
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15. Oktober 2017, in der Sie auf die Zulassungsbeschränkungen beim Medizinstudium hinweisen.
Das Medizinstudium ist ein sehr kostenintensives und aufwendiges Studium. So verfügen medizinische Fakultäten an Universitäten oft nur über eine begrenzte Anzahl an Studienplätzen. Im Wintersemester 2015/2016 standen im Fach Humanmedizin für 43.000 Bewerberinnen und Bewerber nur 9.000 Studienplätze zur Verfügung. Damit kamen fast fünf Bewerber auf einen Platz. Dies hat zur Folge, dass die Universitäten Kriterien finden müssen, nach denen sie ihre Studenten auswählen. Viele Universitäten wenden dabei die sogenannte 20-20-60-Regel an. Danach werden 20 Prozent der Plätze an die besten Abiturienten, 20 Prozent der Plätze nach Wartezeit und 60 Prozent der Plätze nach einem hochschuleigenen Auswahlverfahren vergeben. Das kann beispielsweise der Medizinertest sein oder es wird ein Punktesystem angewendet, welches beispielsweise Berufsausbildungen berücksichtigt. Aber auch hier ist häufig die Abiturnote ausschlaggebend, da diese oft die Grundlage ist, auf die Boni angerechnet werden. Daher ist nach jetziger Lage oft ein perfektes Abitur notwendig, um ohne Wartezeit direkt Medizin studieren zu können.
Auf der anderen Seite haben wir, wie von Ihnen erwähnt, gerade bei uns im Sauerland einen Ärztemangel. Schon heute wartet man teilweise sehr lange auf einen Termin beim Facharzt. Um diesen Ärztemangel zu lösen, brauchen wir mehr Studienplätze für Mediziner. Deshalb setze ich mich für eine Erhöhung der Kapazitäten der Universitäten und für die Entstehung neuer medizinischer Fakultäten, wie beispielsweise an der Universität Bielefeld, oder Kooperationsmodelle wie an der Universität Siegen, ein.
Die neue Landesregierung hat es zum Bestandteil ihres Koalitionsvertrages gemacht, eine neue medizinische Fakultät an der Uni Bielefeld zu schaffen. Dafür werden über 50 Millionen Euro bereitgestellt. Auch an der Universität Siegen sollen in Zusammenarbeit mit der Uni Bonn Mediziner ausgebildet werden. Diese beiden Maßnahmen der schwarz-gelben Landesregierung schaffen neue Studienplätze für Mediziner. Wenn man bedenkt, dass die Ausbildung eines Mediziners ca. 200.000€ kostet, wird klar, dass die Einführung einer neuen Fakultät und auch die Erhöhung der Studienplätze mit sehr viel finanziellem aber auch infrastrukturellem Aufwand verbunden ist. Dennoch begrüße ich die Entscheidung der Landesregierung, in das Medizinstudium zu investieren ausdrücklich, denn eine Investition in das Medizinstudium ist eine Investition in unsere Gesundheit und eine Investition in die Zukunft vieler junger Menschen. Ich hoffe daher, dass durch die Schaffung weiterer Studienplätze der Zugang zum Medizinstudium erleichtert wird und viele junge Menschen ihren Traumberuf ergreifen können.
Abseits von zusätzlichen Studienplätzen wird es aber erforderlich sein, auch mehr Absolventen für die Tätigkeit als Arzt im ländlichen Raum zu begeistern. Eine Lösung kann es sein, die Vergabe von Studienplätzen an diese Bedingung zu knüpfen. Wir werden diese Idee in den anstehenden Koalitionsverhandlungen diskutieren.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Heider