Frage an Matthias Heider von Svenja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Heißer,
angesichts der momentanen Sachlage bezüglich auf die Ehe für alle, würde mich interessieren wie Sie zu diesem Thema stehen?
Mit freundlichen Grüßen
Svenja Riensberg
Sehr geehrte Frau Riensberg,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29. Juni 2017, in der Sie mich nach meinem Abstimmungsverhalten zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gefragt haben. Vielleicht haben Sie zwischenzeitlich auf der Homepage der Deutschen Bundestags gesehen, dass ich für die Beibehaltung der Ehe aus Mann und Frau gestimmt habe.
Gerne will ich Ihnen dazu meine Position mitteilen.
Menschen, die sich lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen verdienen Anerkennung und Wertschätzung. Das gilt für mich unabhängig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind. Ihnen gebührt die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates.
Deshalb haben wir die eingetragene Lebenspartnerschaft geschaffen. Die damit verbundenen Rechte und Pflichten wurden in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich erweitert und an die Ehe angeglichen. Ehe und Lebenspartnerschaft unterscheiden sich in der gesetzlichen Ausgestaltung praktisch nicht mehr.
Das Zustandekommen der rechtlichen Bindung, der gemeinsame Name, die gegenseitigen Rechte und Pflichten, die gemeinsame Wohnung, das Erbrecht, der Unterhalt, Getrenntleben und Auflösung – in all diesen Fragen sind die rechtlichen Regelungen von Ehe und Lebens-partnerschaft aneinander angeglichen. Von einer rechtlichen Diskriminierung von Lebenspartnern kann man deshalb nach meiner Auffassung nicht mehr sprechen.
Zu den Wesensmerkmalen der Ehe, die das Grundgesetz als Institutsgarantie schützt, zählt, dass sie die Vereinigung von einer Frau mit einem Mann ist. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2002 bestätigt. Dass die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten ein Wesensmerkmal der Ehe ist, hat das Bundesverfassungsgericht auch in seinen nachfolgenden Entscheidungen zur Rechtstellung der eingetragenen Lebenspartner nicht in Frage gestellt. Die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare durch ein einfaches Gesetz ist daher nach meiner Überzeugung nicht möglich. Eine Änderung des Grundgesetzes wäre erforderlich. Daher kann ich dem Gesetz schon aus formalen Gründen, weil es verfassungswidrig ist, nicht zustimmen.
Die Ehe ist für mich ein Institut, das verschiedengeschlechtlichen Paaren vorbehalten bleiben sollte. Nur aus dieser Verbindung können Kinder hervorgehen. Diese Verbindung hat daher sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft und ihren Fortbestand eine erhebliche Bedeutung. Deshalb war es in der Vergangenheit so, dass der Staat der Ehe eine besondere Rolle zugestanden hat. Ich möchte, dass die Ehe diese Rolle weiter behält. Deshalb genießt sie besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.
Das Bundesverfassungsgericht wird vermutlich nun prüfen müssen, ob das Gesetz überhaupt verfassungskonform ist. Ich gehe nicht davon aus.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Heider