Frage an Matthias Heider von Thomas B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Heider,
danke für diese elegane Möglichkeit mit Ihnen in Kontakt zu kommen.
Meine Frage bezieht sich auf die Änderung des Meldegesetzes, das (sofern ich korrekt informiert bin auf FDP-CSU-Betreiben) bezüglich der Weitergabe von Melderegisterdaten von einer Zustimmungslösung in eine Widerspruchslösung umgedreht worden ist.
Wie haben Sie in dieser Frage abgestimmt und wie werden Sie abstimmen, wenn das Gesetz vor dem Bundesrat erneut beschieden werden muss?
Sollten Sie als Vertreterin der Bürgerinteressen auch meine Überzeugungen vertreten wollen, müssen Sie dieses Gesetz in der jetzt beschlossenen Form ablehnen.
Vielen Dank für Ihre Antwort; noch mehr Dank für Ihre Ablehnung des Gesetzes in der jetzt beschlossenen Form.
Thomas Bette
Sehr geehrter Herr Bette,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.
Nach § 21 des derzeit gültigen Melderechtsrahmengesetzes kann jede Person oder Stelle eine Auskunft zu Vor- und Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften einzelner Einwohner bei der Meldebehörde erhalten (Melderegisterauskunft). Eine Angabe des Zwecks für die Erteilung der Auskunft war bislang nicht erforderlich.
In den Bundesländern wurde in der Folge eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts ein Widerspruchsrecht eingeführt, das allerdings weder gesetzlich normiert, noch einheitlich ausgestaltet war. Da in der jetzigen Melderegisterauskunft keine Zwecke angegeben werden müssen, greifen diese Widerspruchsregelungen nur, wenn offensichtlich zu Zwecken der Werbung eine Anfrage erfolgt. In der Praxis ist sie daher derzeit nahezu wirkungslos. Diese heute gültige Rechtslage sollte durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens verbessert werden.
Die Änderungen betreffen im Einzelnen:
o Notwendigkeit der Angabe der Zwecke „Werbung“ und/oder „Adresshandel“, soweit dieser Zweck seitens der die Auskunft begehrenden Stelle verfolgt wird.
o Der betroffenen Person steht ein Widerspruchsrecht zu.
o Die Meldebehörde hat die Pflicht, die betroffene Person bei ihrer Anmeldung sowie einmal jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung auf das Widerspruchsrecht hinzuweisen.
o Eine Nutzung zu den Zwecken Werbung und Adresshandel ist verboten, wenn dieser Zweck bei der Anfrage nicht angegeben wurde oder wenn die betroffene Person Widerspruch eingelegt hat.
o Der Verstoß gegen eine solche verbotene Nutzung von Daten aus einer Melderegisterauskunft zum Zwecke der Werbung und des Adresshandels ist bußgeldbewehrt.
o Eine einfache Melderegisterauskunft ist gebührenpflichtig.
Die Änderung der Einwilligungs- in eine Widerspruchslösung im parlamentarischen Verfahren folgte der Interessenabwägung zwischen der informationellen Selbstbestimmung des Bürgers und dem Informationsbedürfnis des allgemeinen privaten Bereichs. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 21. Juni 2006 festgestellt, dass sich der Einzelne nicht ohne triftigen Grund seiner Umwelt gänzlich entziehen kann, sondern erreichbar bleiben und es hinnehmen muss, dass andere – auch mit staatlicher Hilfe – mit ihm Kontakt aufnehmen (Az. 6 C 05.05). Solche Kontaktaufnahmen sind beispielsweise notwendig um säumige ehemalige Mieter oder Schuldner ausfindig machen zu können. In dieser Abwägung erscheint das Widerspruchsrecht völlig ausreichend und ist daher durch den Bundestag im parlamentarischen Verfahren eingefügt worden. Im Übrigen ist die Erhebung der Verwaltungsgebühr für Adresshändler meist zu kostenträchtig, da es für sie wesentlich günstigere Möglichkeiten gibt, Adressdaten zu erhalten (z.B. Rabattkarten, Gewinnspiele). Auch von kommunaler Seite ist die Änderung der Einwilligungs- in eine Widerspruchslösung vielfach angemahnt worden, um bürokratische und finanzielle Lasten für die Kommunen zu vermeiden.
Somit stellt der vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetzesentwurf eine deutliche Verbesserung des Schutzes der informationellen Selbstbestimmung dar, weil er das heute bereits gültige Schutzniveau festigt, vereinheitlicht und klar normiert. Da der Gesetzesentwurf mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP bereits in dritter Lesung verabschiedet wurde, kann nur noch der Bundesrat als Kammer der Bundesländer für mögliche Änderungen sorgen. Der Bundestag und somit auch ich als Bundestagsabgeordneter hat seine Vorstellungen für das Gesetz deutlich gemacht. Ich bin mir sicher, dass die Bundesländer im Bundesrat die oben aufgeführten Argumente in ihrer Abwägung berücksichtigen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Matthias Heider MdB