Frage an Matthias Groote von Wolfgang B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag,
aktuell wird bei der Zulassung von Genmais mal wieder deutlich, dass die EU vom Bürger sehr weit entfernt ist. Dies wurde oft deutlich bei krummen Gurken, Apfeldurchmessern, Verbot von Kartoffelsorten, Endlossubvention in der Landwirtschaft entgegen wirtschaftlichen Kenntnissen, Senftuben und vielen anderen unverständlichen Handlungen der EU. Es ist erschreckend, wie der Bürgerwille missachtet wird. Dies ist immer wieder erkennbar an Wahlbeteiligungen. Dass Politik unliebsame Entscheidungen, unter anderem aufgrund spezieller Kenntnisse durchführen muss, ist bekannt. Aber hier ist ein gesundes Maß seit langem verloren gegangen. Was unternehmen Sie, um die demokratische Legitimation in Form von nachvollziehbaren Entscheidungen und Gesetzen wieder herzustellen, damit eine Mehrheit der Bürger zur EU und ihrer Entwicklung stehen? Dies betrifft nicht nur einzelne Themen sondern Strukturen der EU mit recht großzügigem Apparat.
Vielen Dank.
Wolfgang Böhm
Sehr geehrter Herr Böhm,
vielen Dank für ihre Email.
Das Europäische Parlament hat im Januar eine sehr klare Entscheidung in Form einer Entschließung gegen die Einführung von Genmais getroffen. Das Parlament hat damit den Bürgerwillen in Deutschland (80% der Deutschen sind gegen Genmais) und der Europäer insgesamt (61% der Europäer sind gegen Genmais) vertreten.
Hier scheitert es nicht am Parlament, sondern an den Mitgliedstaaten und deren Regierungen, die sich nicht einigen können.
Der Ministerrat, in dem Vertreter der nationalen Regierungen sitzen, hat mindestens 50% Mitspracherecht in allen europäischen Gesetzgebungsverfahren, auch bei Gurken, Senftuben und Apfeldurchmessern. Häufig blockiert eben dieser Rat Regelungen, die dem europäischen Bürger erheblich nutzen.
Im folgenden drei Ansätze für mehr Transparenz und demokratische Legitimierung, die ich auf europäischer Ebene unterstütze:
1.) Das Parlament hat bereits Initiativrecht, welches wir uns über eine Interinstiutionelle Vereinbarung am Anfang der Legislaturperiode erstritten haben.
( http://www.europarl.europa.eu/brussels/website/media/modul_03/Hintergrundinformationen/Pdf/Initiativrecht.pdf )
Ich setze mich dafür ein, dass dieses Recht weiter ausgebaut wird und dem Parlament ein direktes Initiativrecht zukommt.
2.) Der Umgang mit Interessenvertretern muss besser reguliert werden. Sowohl Parlament, aber vor allem der Rat müssen verpflichtende Transparenzregister einführen. Ich habe mich in einer interinstitutionellen Arbeitsgruppe für eine solche Verpflichtung eingesetzt. Dagegen stellt sich jedoch eine Mehrheit der konservativen Abgeordneten im Parlament sowie viele Vertreter im Rat.
3.) Die Berichterstattung über europäische Politik muss genauer und deutlicher gestaltet werden. Häufig werden Vorgänge zu vereinfacht oder schlicht und einfach falsch dargestellt. Dabei beeinflussen die Gesetze, die auf EU Ebene beschlossen werden, in erheblichem Maße unser tägliches Leben. In meinem Bereich, der Umweltpolitik sind es bis zu 80 %. Diese Stellung sollte ihnen auch in der Berichterstattung eingeräumt werden. Zudem wäre es wichtig, wenn der Ministerrat und der Europäische Rat ihre Verhandlungen noch transparenter gestalten würden, damit Bürger Entscheidungen auch entsprechend nachvollziehen können.
Falls sie noch weitere Frage oder Anmerkungen haben, stehen mein Büro und ich Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Groote