Frage an Matthias Groote von Axel B. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
die Kreisgruppe Wilhelmshaven des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) ist neben dem Stadtgebiet auch für weite Teile des Landkreises Friesland zuständig, eine Region die durch die Landwirtschaft dominierend geprägt ist. Wir wissen aus unmittelbarer Erfahrung um die Missstände intensiver Land- und Viehwirtschaft.
Wir wenden uns an Sie, weil Sie demnächst im Europäischen Parlament über die künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU entscheiden werden. Wir möchten gern von Ihnen wissen, ob Sie sich unsere wichtigsten Kernforderungen zu eigen machen können und unterstützen werden bzw. welches Ihre Position in der aktuellen Debatte ist.
1. Direktzahlungen an die Landwirte müssen an ökologische Leistungen gebunden werden. Ökologische Vorrangflächen dürfen 10 % der Betriebsfläche nicht unterschreiten. Auf ökologischen Vorrangflächen dürfen keine Dünge- und Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden.
2. Grünlandumbruch und Trockenlegung von feuchten Grünlandstandorten sind nicht erlaubt. Ackerland entlang von Gewässerrändern und auf Moorstandorten wird in Grünland umgewandelt.
3. Auf den Ackerflächen ist eine Fruchtfolge von mindestens drei verschiedenen Arten einzuhalten. Plantagen von mehr als 25 Hektar sind in Anbauflächen mit unterschiedlichen Pflanzungen zu unterteilen.
Wir wissen, wie sehr die Landwirtschaft von Finanzmitteln der EU abhängt und akzeptieren grundsätzlich die Unterstützung durch die Gesellschaft. Aber wir erwarten im Gegenzug, dass unsere natürlichen Lebensgrundlagen erhalten, die Arten- und Biotopvielfalt geschützt und der Tierschutz verbessert werden.
Wir würden gern erfahren, ob Sie sich in diesem Sinne für einen grundlegenden Kurswechsel in der Gemeinsamen Agrarpolitik einsetzen werden.
Mit freundlichem Gruß, Axel Bürgener, 2. Vorsitzender und Sprecher
Sehr geehrter Herr Bürgener,
herzlichen Dank für Ihren Brief zur anstehenden Entscheidung über die Reform der Gemeinsamen EU Agrarpolitik.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament verstehen Ihre Forderungen sehr gut. Wir setzen uns für eine zukunftsfähige, starke und nachhaltige Gemeinsame Agrarpolitik ein, die gleichermaßen auf die verlässliche Versorgung mit qualitativ hochwertigen Agrarprodukten ausgerichtet ist sowie auf ein nachhaltiges Wachstum, das die Umwelt schützt und ihren Anteil zum Klimaschutz beiträgt. Dies wollen wir flächendeckend in Europa gewährleisten.
Weiterhin ist es uns ausgesprochen wichtig, dass es uns gelingt, lebenswerte ländliche Räume zu erhalten. Die jetzt anstehende Reform der GAP soll sich daran ausrichten die Erzeugung öffentlicher Güter, für die es keinen "echten" Markt gibt, zu entlohnen, wie beispielsweise den Schutz und Erhalt der Biodiversität und auch unserer Kulturlandschaft.
Gelder dürfen bei der GAP nicht einfach nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, sondern dahinter sollen gesellschaftlich gewünschte Leistungen stehen. Daher wollen wir, dass es in der ersten Säule verpflichtende ökologische Maßnahmen für alle europäischen Landwirte gibt.
Die Kommission hat hierzu vorgeschlagen, dass Landwirte zukünftig mindestens drei verschiedene Kulturen auf ihrem Land anbauen, sich an ein Grünlandumbruchverbot halten und 7% ökologische Vorrangflächen bereitstellen müssen.
Unserer Ansicht nach gehen die Vorschläge der Kommission in die richtige Richtung und über Änderungsanträge haben wir uns darum bemüht, den Vorschlag der Kommission weiter zu verbessern und auszubauen. Der Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat daher in seiner Stellungnahme 10% ökologische Vorrangfläche gefordert. Meine Kollegin Ulrike Rodust hat als Mitglied des zuständigen Landwirtschaftsausschusses einen Änderungsantrag eingebracht, der fordert, dass auf ökologischen Vorrangflächen keine Dünge- oder Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden dürfen.
Die Anerkennung von Agrarumweltmaßnahmen auf das Greening lehnen wir ab. Uns ist es wichtig, dass die Landwirte in Europa in der ersten Säule die gleichen Förderbedingungen haben.
Bei der zweiten Säule der GAP sind wir entschieden gegen eine Aufnahme von Risikomanagements- und Einkommensstützungsinstrumenten. Wir befürchten, dass zu viel Geld aus der zweiten Säule dann für diese Maßnahmen vergeudet wird und nicht, wie vorgesehen, in die Entwicklung des ländlichen Raumes fließt.
Wir sprechen uns gegen die umgekehrte Modulation aus und fordern, dass vermehrt Geld aus der ersten in die zweite Säule fließen muss. Denn über die zweite Säule ist es möglich, Gelder zielgerichteter einzusetzen.
Leider gibt es im zuständigen Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlamentes eine Mehrheit aus konservativen und liberalen Abgeordneten, die alles daran setzen, den Vorschlag des Kommissars, die GAP "grüner" und fairer zu machen, zu unterlaufen.
Meine Kollegin Ulrike Rodust versucht als Mitglied des Landwirtschaftsausschusses die anderen Ausschussmitglieder davon zu überzeugen, dass bei der jetzt bevorstehenden Reform ein Richtungswechsel gelingen muss.
Die Ausschussabstimmung wird Ende Januar stattfinden. Zurzeit sieht es so aus, als ob wir Sozialdemokraten uns mit unseren Forderungen - zumindest im Ausschuss - nicht durchsetzen werden. Daher setzen wir große Stücke auf die Plenarabstimmung, die voraussichtlich im März stattfinden wird. Hier hoffen wir sehr und arbeiten darauf hin, dass sich eine Mehrheit für eine "Begrünung" der GAP findet. Die Haushälter im Parlament haben schon signalisiert, dass sie nur für einen starken Agrarhaushalt kämpfen werden, wenn die Politik neu ausgerichtet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Groote