Frage an Matthias Gauger von Ralf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Matthias,
Wer Kinder und Jugendliche wirklich ernst nimmt,muss ihnen zuhören, gleichberechtigt mit ihnen diskutieren. Muß möglich machen, daß ihre Ideen umgesetzt werden. Wenn Kinder und Jugendliche tatsächlich mitbestimmen und mitgestalten sollen, brauchen sie eigene Interessenvertretung, Geld und Freiräume. Ein erster Schritt: Das aktive Wahlreicht ab 16 Jahren auf allen Ebenen
Das Bekenntnis, mehr Partizipation für Kinder und Jugendliche sei dringend geboten, ist in aller Munde. Aber gerade weil alle darüber reden, sollte man genauer hinschauen, was im einzelnen mit Partizipation gemeint ist. Denn Partizipation – ernst genommen – begründet einen hohen Anspruch: Sie setzt zunächst einmal die gleichberechtigte Teilnahme von Mädchen und Jungen an Meinungsbildungsprozessen im Sinne bewusster öffentlicher Auseinandersetzung über begrenzte Problembereiche, über zu erwartende Folgewirkungen und Reaktionen voraus. Darüber hinaus bedeutet Partizipation aber auch umfassende soziale Teilhabe, die dem einzelnen oder Gruppen den Zugang zu den materiellen und immateriellen Gütern und Werten einer Gemeinschaft erschließt und Wege aufzeigt, die aus der Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft resultierenden Rechte auch tatsächlich wahrzunehmen. Sie hat konkrete Möglichkeiten der Mitgestaltung und Mitbestimmung zu eröffnen und eine umfassende Interessenvertretung zu ermöglichen.
Die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, ist in meinen Augen längst überfällig. Voralberg hat z.B. diese Senkung für die Landtagswahlen 2009 jüngst beschlossen. Selbstverständlich braucht es dann eine gute und altersgerechte Begleitung & Information der jungen Menschen - die subsidiär von Jugendverbänden, Vereinen, Schulen und Parteien geleistet werden kann.
Da ich auch Grünenmitglied bin interessiert es mich besonders, wie du dies einschätzt!
Alles Gute für den Wahlkampf, beste Grüße!
Ralf
Hallo Ralf,
Deinen Ausführungen kann ich nur zustimmen. Wer Jugendliche einbinden möchte, muss ihnen alle Möglichkeiten zur Partizipation bieten. Elementar ist dabei sicherlich die Absenkung des Wahlalters - aktiv und passiv! Das Wahlrecht ist das höchste Teilhabe-Recht eines jeden Bürgers. Es kann ihm nur unter extremen Umständen wieder aberkannt werden und wird ohne Einschränkungen an jeden erteilt, der das 18. Lebensjahr vollendet hat. Doch da liegt der Haken! Wieso setzen wir das Wahlalter willkürlich auf 18 Jahre fest?
Die demographische Entwicklung lässt unsere Gesellschaft altern. Schon heute richten sich daher Parteiprogramme nur marginal an die jüngeren Generationen. Im Jahr 2006 lebten 82,3 Millionen Menschen in Deutschland. Davon 9 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 18 Jahren ohne Wahlrecht. Entsprechend sind die Wahlprogramme gestaltet und entsprechend wird auch Politik gemacht. Um eine Politik zu machen, die sich stärker an Jugendlichen und Heranwachsenden orientiert, bedarf es auch eines Mitspracherechts dieser jungen Bürgerinnen und Bürger. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass wir dringend eine Absenkung des Wahlalters auf allen Ebenen auf 16 Jahre durchsetzen müssen. Die 1,8 Millionen 16- und 17-jährigen müssen von der Politik und den Parteien endlich ernst genommen werden. Man muss ihnen Verantwortung übertragen. Nur so, und nicht durch Ausschluss von der Wahl, verhindert man deren Politikmüdigkeit oder gar Politikverdrossenheit. Nicht die Jugendlichen sind Schuld an ihrem mangelnden Interesse und der geringen Wahlbeteiligung junger Menschen. Wir, als Politiker, setzen uns zu wenig mit deren Sorgen und Nöten auseinander.
Mir persönlich liegt die Arbeit mit Jugendlichen und deren Einbeziehung in den politischen Prozess ganz besonders am Herzen. Die heute junge Generation muss später in diesem Land leben, das wir ihnen hinterlassen. Entsprechend müssen sie auch an ihrer eigenen Zukunft mitgestalten können.
Wenn wir erfolgreich das Wahlalter gesenkt haben, muss man in einem weiteren Schritt daran denken die Partizipationsmöglichkeiten noch stärker zu erweitern. Dazu zählt dann sicherlich die Forderung des Bayerischen Jugendrings das Wahlalter auf 14 Jahre abzusenken. Es gibt, so bestätigen auch Entwicklungspsychologen und Juristen, keinen Grund das Wahlater nicht auf 14 Jahre festzuschreiben. Somit würden weitere 1,7 Millionen Jugendliche die Möglichkeit haben am politischen Entwicklungsprozess teilzuhaben und Parteien wären angehalten auch diese in ihren Programmen zu berücksichtigen.
Meine Partei fordert in unserem Landtagswahlprogramm die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre auf kommunaler Ebene. Ich gehe über diese Forderung hinaus und fordere die Absenkung auf 16 Jahre auf allen Ebenen und langfristig die Diskussion über eine weitere Absenkung auf 14 Jahre.
Dafür werde ich mich im nächsten Bayerischen Landtag einsetzen. Ich werde versuchen den Diskussionsprozess in den Parteien und der Bevölkerung zu forcieren, Skeptiker zu informieren und zu überzeugen.
Beste Grüße,
Matthias Gauger