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Mathias Petersen
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Frage von Barbara U. •

Frage an Mathias Petersen von Barbara U. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Peters

Als Pädagoge habe ich auch immer wieder mal solche Fälle. Meine Kritik fokussiert jedoch nicht vorrangig den juristischen Aspekt, sondern die Symbiose Opfer- Täter. Wenn mehr als 90% der Täter aus dem nahen Umfeld des Opfers kommen, hilft die Bekanntmachung der Täter überhaupt nicht, weil häufig beide den gleichen Familiennamen tragen, man folglich nicht nur den Täter mit seinem Fehlverhalten an die Öffentlichkeit bringt, sondern auch die Familie des Täters, folglich auch das Opfer. Worin besteht für Sie der Schutz der Opfer? Gerade dann, wenn der Täter aus der Kernfamilie kommt, wird das Opfer stark unter Druck gesetzt oder setzt sich selbst unter Druck, da bei einer Offenlegung der Tat der Ernährer wegfällt. Es gibt leider auch Mütter, die lieber schweigen als eine Position für das Kind einnehmen. Was passiert wohl Familienangehörigen, die sich vom Täter getrennt haben, wenn die Daten des Täters veröffentlicht werden? Sie können hinziehen, wo immer sie wollen. Sie werden durch Fragen der Nachbarn mit dem Täter immer wieder konfrontiert. Die Opfer kommen so nie zur Ruhe.

Forensische Psychiater befassen sich mit der Beurteilung von Straftätern in Hinsicht auf deren Schuldfähigkeit und wie gefährlich sie für die Allgemeinheit sind. Ich halte es für sinnvoller, wenn man Gewalttäter grundsätzlich in den Maßregelvollzug gibt, weil dann Fachärzte Richter bei der Beurteilung/Einschätzung unterstützen, wann der Täter keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit bedeutet.

Wenn es Ihnen wirklich um ein „Kernanliegen der Sozialdemokratie“ geht, dann setzen Sie sich in Berlin dafür ein, dass Kinder aus armen Verhältnissen genauso viel Erziehungsgeld bekommen, wie betuchte Eltern.
Helfen Sie mit, dass Kinder generell mehr kostenlose Betreuungsangebote bekommen und Pädagogen weniger Fallzahlen, damit sie Familien besser betreuen können, wo immer es erforderlich ist.

Opfer werden nicht nur durch sexuell gefärbten Machtmissbrauch traumatisiert, sondern auch durch psychische oder körperliche Gewalt. Die meisten Todesfälle werden wohl eher durch den Missbrauch von körperlicher Gewalt verursacht.

Ob man sich auf „Schätzzahlen“ verlassen soll, weiß ich nicht; denn die Schätzsummen, die angeblich durch Graffiti entstehen, sind schon haltlos. Ich gehöre zu denen, die lieber den Fakten auf den Grund gehen und da steht mir körperliche Unversehrtheit näher als Verschmutzungen oder Sachschäden, möchte das nicht gegenüberstellen als vergleich.

Sie fragen an, wie ein Kind die so viel zitierte "Chancengleichheit" wahrnehmen könnte, wenn es ein Leben lang mit einem schweren Trauma leben muss. Wir müssen FÜR Kinder so früh es irgend möglich ist, Hilfen zur Erziehung anbieten, d. h. kostenlose Kita- Plätze, wenn der Besuch an der Höhe des Elternbeitrages scheitert, aber aus pädagogischen Gründen sinnvoll ist. Man könnte in der Schule vielleicht statt Religion Konfliktbewältigungsstrategien anbieten. Kinder müssen angstfrei „NEIN“ sagen dürfen. Glauben Sie ernsthaft, dass die zwangsweise Umsiedelung der Hartz IV Familien in kleiner Wohnungen und in Problemstadtteile Kindern hilft? Glauben Sie, dass der Verlust von Bezugspersonen und vertrautem Wohnraum ein Kind nicht traumatisieren kann?

Ein ehemaliger Jugendlicher, den ich im Projekt hatte, wurde vor kurzem fast obdachlos. Nur mit Hilfe der MOPO und der Hilfsbereitschaft der SAGA gelang es, ihn vor Obdachlosigkeit zu schützen. Er ist inzwischen Vater einer kleinen Tochter, der es mit der elterlichen Sorge sehr ernst nimmt und diese gewissenhaft ausübt. Die Miete lag 16 € über den Höchstsatz für Einzelpersonen, die er aus dem Regelsatz zahlen wollte. Es interessierte nicht, dass er die elterliche Sorge mit der Kindesmutter teilt, verwies auf eine Unterkunft in einer Wohnunterkunft. Ist das nicht eine Form der Staatsgewalt, die auch traumatisiert, wenn das Kind in einer Gemeinschaftsunterkunft, z.B. im Pik Ass mit Suchtkranken usw. übernachten soll??

Der Begriff „ Täter fixierte Sicht“ ist nicht angemessen. Was würde passieren, wenn man Täter aus dem Blickwinkel verliert und nur noch über öffentlich finanzierte u. organisierte Homepages zur Kenntnis nimmt? Wenn Sie sagen, dass die Resozialisierung von Sexualverbrechen keine Tat ungeschehen macht, so halte ich Ihnen entgegen, dass kein Foto im Internet weitere taten verhindert. Verschärfte Maßnahmen fordern eher zu verschärften Gegenstrategien heraus. Es hat sich in Berlin gezeigt, dass anonyme, niederschwellige Angebote so stark angenommen wurden, dass die Kapazitäten erhöht werden müssen. Potenielle Täter werden durch die von Ihnen angesteuerte Maßnahme mit Sicherheit nicht in freiwillige Maßnahmen begeben, sondern eher noch stärker abtauchen.

Sie sind Allgemeinmediziner und delegieren, wenn es erforderlich ist, Ihre Patienten an Fachärzte.
Es muss viel mehr „Allgemeinpädagogen“ geben, die sich der Grundbedürfnisse und Grundprobleme der Hilfesuchenden annehmen und sie für den Klienten überschaubar machen, um sie dann an bestimmte „Fachpädagogen“ zu vermitteln. Daran scheitert es oft.

Wer noch nie ein Kalb gesehen hat, dem können Sie hundert Schnitzel zeigen, er weiß aber dadurch immer noch nicht, wie das Tier aussieht. Pädagogen werden mit immer höheren Fallzahlen belastet und es wird ihnen zugemutet, die Arbeit in immer geringer angesetzten Zeiten zu bewältigen und zusätzliche, umfangreiche sachfremde Arbeiten zu erledigen. Das sind Fakten, über die alle Politiker mal nachdenken sollten. Es würde ihnen öffentliche Auftritte, mit berufsbetroffener Trauermine ersparen, die ihnen von der Mehrzahl der Wähler ohnehin nicht abgenommen wird.

Ihr Angebot nehme ich mit Dank an.
Mit freundlichem Gruß

Barbara Uduwerella

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Uduwerella,

vielen Dank für Ihre vielfältigen Anregungen.

Leider würde es hier den Rahmen sprengen, wenn ich auf jeden einzelnen Aspekt eingehe.

Zu diesem Themenkomplex haben wir einen Arbeitsgruppe unter der Leitung von unserem stellvertretenden Landesvorsitzenden Karl Schwinke eingerichtet.

Wie Sie bereits mit meinen Mitarbeitern telefonisch verabredet haben, werden Sie zu den Beratungen des Arbeitskreises an geeigneter Stelle hinzugezogen und entsprechend eingeladen werden.

Ich freue mich auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Herzliche Grüße,
Ihr Dr. Mathias Petersen

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