Frage an Martina Gregersen von Andrea B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Gregersen,
der Hamburger Senat hat groß angekündigt, dass das letzte Kita-Jahr für alle Kinder kostenlos sein wird. Jetzt will der Senat aber einen Rückzieher machen, und die Kann-Kinder aus dieser Regelung rausnehmen. In unserem Fall hat unser Sohn im August Geburtstag. Aller Voraussicht nach wird er nächstes Jahr im September eingeschult werden (also mit 6 Jahren). Somit haben wir dann von August 2007 bis August 2010 volle drei Jahre den Kita-Höchstbetrag gezahlt. Die Eltern seiner Freundin, die im Juni geboren wurde und auch nach den Kita-Ferien im August 2007 in der Kita gestartet hat, muss für das letzte Jahr nicht mehr zahlen. Können Sie diese unglaubliche Diskriminierung erklären?
In keinem anderen Bundesland werden Kann-Kinder so benachteiligt.
Erschwerend kommt hinzu, das, wenn wir unseren Sohn in der Vorschule angemeldet hätten, wir das Jahr nicht mehr zahlen müssten. Somit ist eine Gleichbehandlung von Kita und Vorschule und eine freie Wahl der Eltern nicht gewährleistet.
Die Argumentation, dass Kann-Kinder ev. dann noch ein viertes Jahr in der Kita verbringen ist ja zutreffend, aber wenn nicht, kann man den Eltern ja zumindest das Jahr rückwirkend vergüten. Der Kommentar der Bildungsbehörde, dass der Aufwand zu hoch ist (wieviele von den schätzungsweise 1000 Kindern wird es betreffen?) ist nicht nachzuvollziehen-
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Beckmann
Sehr geehrte Frau Beckmann,
ich bedanke mich für Ihre Frage zum beitragsfreien letzten Kita-Jahr. Ja, wir wollten dieses kostenfreie letzte Jahr für alle Kinder und haben uns daher nach der eingegangenen Kritik auch sehr intensiv mit der Situation auseinander gesetzt. Besonders haben wir uns in der Fraktion mit der Frage, wie gerecht oder ungerecht die nun angewendete Regelung zur beitragsfreien fünfstündigen Basisbetreuung im Jahr vor der Schulpflicht ist, befasst. Wir sind dabei aber im Gegensatz zu Ihnen zu der Auffassung gelangt, dass die vorgelegte Regelung uns gerecht erscheint, weil nämlich alle Kinder, die regulär eingeschult werden, von der Beitragsabsenkung bzw. -befreiung profitieren können.
Mit Blick auf die von Ihnen angesprochenen Kann-Kinder haben wir Folgendes festgestellt: Nur eine kleine Minderheit der Eltern von Kann-Kindern macht tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch, ihr Kind vorzeitig einzuschulen. Selbst bei den im Juli und August geborenen Kindern ist es eine Minderheit des jeweiligen Geburtenmonats, die vorzeitig eingeschult wird.
Eine rückwirkende Erstattung für diese Kann-Kinder - wie Sie sie fordern - würde die Mehrheit der Eltern, die ihr Kind nicht als Kann-Kind ein Jahr früher einschulen, benachteiligen. Sie würden im Vergleich ein Jahr länger Gebühren zahlen müssen.
Mit einer rückwirkenden Erstattung von Elternbeiträgen würden wir zudem einen ökonomischen Anreiz schaffen, Kinder vorzeitig einzuschulen. Dies wäre aber aus pädagogischen Gründen höchst fragwürdig, denn es gibt fundierte Hinweise darauf, dass um ein Jahr vorzeitig eingeschulte Kinder auch am Ende der Schulzeit noch Rückstände gegenüber regulär eingeschulten Kindern aufweisen.
Nicht zuletzt wegen der Kritik von Eltern hat unsere Fraktion aber doch etwas entschieden: Wir wollen bei der Beratung des Schulgesetzes den gesamten Fragenkomplex rund um die Einschulung noch einmal ansprechen. Denn eine flexiblere Einschulung, beispielsweise mit zwei Stichtagen pro Halbjahr, würde den Bedürfnissen von Kindern, die früher schulfähig sind, eher entgegenkommen. Aber auch die generelle Verlegung des Stichtages zur Schulpflicht in den Herbst, so dass im Juli und August geborene Kinder schulpflichtig werden, steht noch einmal zur Diskussion. Genauso wie die Diskussion um die Einrichtung sogenannter offener Eingangsstufen in den Schulen. Hier könnten die Kinder dann in den Klassen 0 bis 2 gemeinsam lernen. Damit würde das vorschulische Jahr faktisch in der Schule stattfinden, die ja sowieso kostenlos ist. Wir wollen die Einschulungsmodalitäten aber nicht kurzfristig aus der Diskussion um die Gebührenfreiheit für Kann-Kinder ändern. Maßgeblich für unsere Entscheidungen bleibt immer die Frage, was kind- und was entwicklungsgerecht ist.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen unsere Position deutlich machen und hoffe, dass Sie diese trotz der unterschiedlichen Interpretation unsere Gedanken nachvollziehen können. Und so verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihre Martina Gregersen