Frage an Martina Feldmayer von Tilman K. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Guten Tag,
ich frage Sie als fachpolitische Sprecherinn der in Hessen mit der CDU regierenden Partei B'90/GRÜNE.
Mich treiben seit Jahren 2 Passagen des Jagdrechtes um. Das sind §23 Abs.11 HessJagdG und §19a BJagdG. Ich frage mich, wie damit ein "Normalbürger" jagdrechtssicher seine Erholung im Wald gestalten soll.
Im HessJagdG liest man in §23 (11) " Das Stören des Wildes durch unberechtigtes Verlassen befestigter Wege im Wald zur Nachtzeit ist verboten; § 19a des Bundesjagdgesetzes bleibt hiervon unberührt."
Im BundesjagdG findet man in §19a die Bestimmung "Verboten ist, Wild, insbesondere soweit es in seinem Bestand gefährdet oder bedroht ist, unbefugt an seinen Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten durch Aufsuchen (.....) oder ähnliche Handlungen zu stören. Die Länder können für bestimmtes Wild Ausnahmen zulassen."
Das führt zu den Fragen
1 Warum beschränkt das Land Hessen den verbotenen Handlungsrahmen auf das Verlassen befestigter Wege und beläßt es nicht beim Bundesrecht (§19a BJagdG wie o.g.)?
2 Hätte das Verlassen nicht-befestigter Wege, v.a. sog. naturfester Wege, keine, geringere oder andere Störungen des Wildes zur Folge?
3 Wie sieht die Sache dto. aus, wenn jemand durch Verlassen einer Fläche das Wild stört, die gar kein Weg ist?
4 Wie erkennt ein/e gutwillige/r Erholungssuchende/r nachts im Wald (a und b schon tagsüber ohne Spitzhacke schwierig), ob er sich auf
a) einem befestigten Weg,
b) einem naturfesten Weg oder
c) keinem Weg
befindet?
5 Wie kann im Falle eines vermuteten Regelverstoßes im Sinne von §42 Abs.1 Nr.10 h u. Abs.2 HessJagdG (OWi/Bußgelder) Beweis darüber geführt werden, daß ein abseits eines befestigten Weges liegendes Wildhabitat betroffen war und nicht etwa eines abseits nicht-befestigter Wege oder abseits von Flächen, die keine Wege sind?
6 Wie bringt man den Sinn der hier angesprochenen Rechtsmaterie einem fachrechtlich unbedarften Menschen bei, der abends im Wald Erholung sucht?
Vielen Dank!
T. K.
Sehr geehrter Herr K.,
Vielen Dank für Ihre Frage!
Die Regelung im HJagdG §23 dient dem Schutz der Wildtiere, aber im Grunde auch dem der Menschen. Denn ein Verlassen der Wege des Nachts (ob befestigt oder naturfest sei hier gleich) kann zu gefährlichen Situationen führen für den Fall, dass Jäger auf Wild ansitzen und schießen sollten.
Was die Wege angeht, definieren die Richtlinien für den ländlichen Wegebau (RLW) klar die Funktion und Einteilung von Waldwegen. Demnach dienen Waldwege der Walderschließung und ermöglichen neben dem Transport von Holz und sonstigen Forstprodukten sowie Personen und Betriebsmitteln auch die Erholung der Bevölkerung und die Lenkung des Erholungsverkehrs.
Dabei werden die Waldwege unterteilt in:
- Holzabfuhrwege (überwiegend ganzjährig mit LKW, PKW und Arbeitsmaschinen befahrbar, dienen auch der Polterung, sorgen für Anbindung an öffentliche Straßen)
- Betriebswege (nur mit PKW und Arbeitsmaschinen befahrbar, dienen der weiteren Erschließung der Fläche)
- Fahrwege (befestigt oder naturfest, in der Regel ganzjährig befahrbar, nach Funktion im Wegenetz und Beanspruchung unterteilt in Hauptwege und Zubringerwege)
- Rückewege (unbefestigt, von geländegängigen Erntemaschinen befahrbar, zum Rücken von Holz aus dem Bestand zum Fahrweg)
Aus dieser Definition ergibt sich, dass unter befestigte Wege alle Fahrwege fallen, ob künstlich befestigt oder naturfest. Das Land Hessen hat im Waldgesetz ebenfalls keine Definition für eine differenzierte Unterscheidung festgeschrieben. Somit ist das Betreten dieser Fahrwege insgesamt gestattet, sofern erholungssuchende Menschen sich nachts im Wald aufhalten.
Mit freundlichen Grüßen,
Martina Feldmayer