Frage an Martina Fehlner von Ralf B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Fehlner,
vielen Dank für Ihre Umfangreiche Antwort zum Thema Finanzen/ Autobahnprivatisierung.
Ich freue mich zu hören, daß eine Autobahnprivatisierung insgesamt vom Tisch ist.
Allerdings schreiben Sie auch:
"Einfachgesetzlich wird geregelt, dass Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebene von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Länge erfolgen, die nicht räumlich miteinander verbunden sein dürfen."
Muß ich das so verstehen, daß Private Gesellschaften sich am Bau von Autobahnen beteiligen können? Die werden natürlich Gewinn erwarten. Auf welchem Wege soll dieser festgestellt werden und aus welcher Kasse soll der beglichen werden?
Soll für diese Abschnitte eine erhöhte Gebühr vom Autofahrer erhoben werden oder soll hier Geld aus der Bundeskasse kommen? Wenn es letzteres wäre, warum sollen dann bitte private Gesellschaften überhaupt beteiligt werden? Diese Konstellation ist hochgradig erklärungsbedürftig. Ich bitte Sie um Stellungnahme.
Mit freundlichem Gruß
Ralf Buchgeister
Sehr geehrter Herr Buchgeister,
vielen Dank für Ihre nochmalige Nachfrage bezüglich der Privatisierung von Bundesautobahnen.
Wie gesagt wird einfachgesetzlich geregelt, dass so genannte Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) nur auf der Ebene von Einzelprojekten bis maximal 100 Kilometer Länge erfolgen, wobei die Projekte räumlich nicht miteinander verbunden sein dürfen. ÖPP für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentlicher Teile davon umfassen, sind ausgeschlossen. Es werden auch Möglichkeiten zur Einbeziehung privater Betreiber und institutioneller Investoren ausgeschlossen, die bislang noch bestehen. Hier ist der Gesetzentwurf ein echter Fortschritt. Dem Deutschen Bundestag - namentlich dem Haushalts- und dem Verkehrsausschuss - werden erst durch diese Reform neue, wichtige Kontrollmöglichkeiten eingeräumt, die wir auch im Sinne der Interessen der Bürgerinnen und Bürger nutzen werden.
Bereits vor dieser Reform hatte die Koalition im aktuellen Bundesverkehrswegeplan den Anreiz für ÖPP gemindert, da Gelder nicht mehr nach Ländern sondern nach Prioritäten vergeben werden. Auch durch die neu eingeführten, realistischeren Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden ÖPP reduziert. Ebenfalls reduziert wird das in der neuen Gesellschaft eingeführte Planungsprinzip nach der Lebenszeit.
Noch eine Bemerkung: Eine öffentlich-private Partnerschaft ist nicht das Gleiche wie Privatisierung. ÖPP sind darüber hinaus immer nur dann erlaubt, wenn sie wirtschaftlicher sind als die herkömmliche Beschaffung (Staat bzw. Gesellschaft bauen und betreiben selbst). Drittens und aus meiner Sicht am wichtigsten: ÖPP bleibt auf Einzelprojekte beschränkt, und durch die von uns durchgesetzte Grundgesetzänderung ist es dauerhaft verboten, ein ÖPP-Projekt an das andere zu setzen, bis irgendwann wesentliche Teile des Autobahnnetzes oder des Bundesstraßennetzes in einem Bundesland als ÖPP betrieben werden.
Einzelprojekt-ÖPPs werden zwar weiter erlaubt sein (wie bei der österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft, kurz ASFINAG), aber die bestehenden Fehlanreize (laut Bundesrechnungshof) innerhalb der Auftragsverwaltung pro ÖPP werden aufgehoben, weil es in einer Bundesautobahngesellschaft betriebswirtschaftlich unattraktiv wäre (wie in Österreich), solche ÖPP-Projekte (unter 100km) künftig in dem Umfang zu machen, wie es übrigens Ramsauer und Dobrindt in den letzten 11 Projekten (ohne Parlamentsbeteiligung) gemacht haben.
Für weitere fachlich detaillierte Nachfragen steht Ihnen auch gerne mein Bundestagskollege Martin Burkert aus Nürnberg zur Verfügung. Er ist Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Infrastruktur und unser Experte für dieses ebenso wichtige wie vielschichtige Thema. Hier der Kontakt:
Martin Burkert, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
fon +49 (0)30 227-73363
mail: martin.burkert@bundestag.de
Beste Grüße aus Aschaffenburg
Martina Fehlner