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Martin-Sebastian Abel
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Frage von Dorothea S. •

Frage an Martin-Sebastian Abel von Dorothea S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Hr. Abel,

zunächst ein Lob: Sie sind ja sehr offen, unverzagt und direkt! Danke!

Nach den Daten der GFK sind 40% der Haushalte in Deutschland Single-Haushalte. In den deutschen Millionenstädten Berlin, Hamburg und München beträgt der Anteil der Single-Haushalte deutlich über 50%. Für all diese ist die Haushalts-Abgabe eine KOPFPAUSCHALE.

Ich habe immer gedacht, dass in Deutschland nur die FDP in Richtung Kopfpauschale (im Gesundheitswesen - aber am liebsten überall) tendiert. Maggie Thatcher wollte mal eine Kopfpauschale in UK einführen. Und Sie verteidigen hier die Kopfpauschale auch ziemlich nachdrücklich. Als Abgeordneter der Grünen. Warum?

Grüsse,

Dorothea Schmidt-Lake.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schmidt-Lake,

Danke für Ihr Lob - ich habe mich sehr darüber gefreut!

Sie haben grundsätzlich recht mit Ihrer Argumentation: die Kopfpauschale im Gesundheitssystem wäre ungerecht und es gilt für uns GRÜNE das Prinzip "starke Schultern müssen mehr tragen als Schwache". Deswegen treten wir, und auch ich, für eine Reform des Gesundheitswesens und die Einführung der Bürgerversicherung ein. Hier sollen alle Einkommen und Einkommensarten, wie z.B. auch Zinsen und Mieteinkünfte zur Bemessung herangezogen werden.

Nun werden Sie jubeln und denken: "da haben wir es doch: Die Systematik gleiche Abgabe pro Kopf ist ungerecht."

Grundsätzlich stimme ich Ihnen auch zu und habe das auch in meinen vergangenen Antworten deutlich gemacht:
Eine Pauschale unabhängig vom Einkommen führt zu Ungerechtigkeiten. Das kann ich nicht von der Hand weisen. Bereits am 07.01. habe ich Herrn Schüller geantwortet: "Ich erkenne aber natürlich an, dass 17,98€ für jemanden mit einem verfügbaren Haushaltseinkommen von 1.000 Euro natürlich mehr Geld bedeutet als für eine Person mit über 3.000 € verfügbaren Haushaltseinkommen. Das ist ja überhaupt nicht zu bestreiten und ich wollte das auch nicht tun."

Beim Rundfunkbeitrag reden wir aber, im Gegensatz zum Gesundheitssystem, über einen überschaubaren Betrag, der ja für 97% der Haushalte gleich geblieben ist und sich nicht erhöht hat (so viele Haushalte in Deutschland haben einen Fernseher). Das alte Modell war ungerechter, auch dafür habe ich Beispiele genannt. Die Alternative wäre de facto die Schaffung einer neuen Finanzbehörde, der Sie all Ihre Einkünfte melden müssten und diese müssten natürlich gespeichert und ausgewertet werden. Das wäre teuer, datenschutzrechtlich problematisch und würde die verfügbaren Mittel, die ja eigentlich für das Programm sein sollen, für Bürokratie verschlingen.

Der erhobene Pauschalbetrag Rundfunkbeitrag dient dazu, die Infrastruktur und das Angebot des ÖRR in seiner gesamten Breite aufrechtzuerhalten, unabhängig wer wieviel der Medieninhalte tatsächlich konsumiert. Würde eine konsumabhängige Berechnung erfolgen (wie soll das gehen?) würden viele der heutigen Angebote wahrscheinlich nicht mehr zu finanzieren sein. Außerdem unterscheidet den ÖRR genau das von den Privaten, dass auch Nischen und Sparten ihren Raum haben, die kein Millionenpublikum haben.

Wie bereits mehrfach geschrieben, entlastet die Umlegung der Kosten auf die einzelnen Haushalte Familien und stellt eine möglichst unkomplizierte, damit unbürokratische Abrechnung sicher. Eine einkommensabhängige Berechnung wäre sehr aufwendig und würde weitere Diskussionen mit sich bringen, wie die soeben beschriebene ungleiche Mediennutzung und die daraus möglicherweise folgende Forderung einer nutzungsabhängigen Berechnung. Die gefundene Lösung ist nicht ohne Diskussion gewesen, stellt aber aus meiner Sicht einen vertretbaren Kompromiss dar. Mit der Reform wollten wir weniger Bürokratie, mehr Transparenz und Gerechtigkeit erreichen.

Natürlich gäbe es eine weitere Alternative: wir schaffen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland ab. Aus den vorher genannten Gründen ist das für mich untragbar.

Freundliche Grüße

Martin Abel