Portrait von Martin-Sebastian Abel
Martin-Sebastian Abel
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Martin-Sebastian Abel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sophia O. •

Frage an Martin-Sebastian Abel von Sophia O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abel!

(1) Wie stehen sie zur "Kulturflatrate", die die Grünen uns zusätzlich zum Rundfunkbeitrag aufbürden wollen? Info darüber finden Sie unter:

http://www.gruene-bundestag.de/themen/netzpolitik/eine-kulturflatrate-ist-machbar_ID_278135.html

(2) Soll man ohne Rücksicht auf Wähler und sonstige Untertanen das machen, was Politiker wollen und laut Gesetz machbar erscheint?

Portrait von Martin-Sebastian Abel
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Frau Orthoi,

vielen Dank für diese Frage.

Nachdem Sie sich mit Gleichgesinnten in dem Forum http://gez-boykott.de ja über meine Haltung zur neuen Rundfunkgebühr ausgelassen haben und dies teilweise mit antidemokratischen Reflexen garnieren, möchten Sie nun Ihre intellektuell mindestens fragwürdige Argumentation zu Solidarmodellen bei der Rundfunkfinanzierung und in Gänze auf meinem Profil fortführen. Sie werfen mir, wie in Ihren Beiträgen im Forum, besonders mit Ihrer zweiten Frage ein gestörtes Verhältnis zu Demokratie, freier Meinungsäußerung und Freiheit vor.

Auf Ihre unverschämte Unterstellung in Ihrer zweiten Frage antworte ich daher nicht. WählerInnen sind für mich keine Untertanen. Es gibt für mich keine Menschen die irgendjemanden oder irgendeiner Institution Untertan sind, das widerspricht dem Geist des Grundgesetzes und der Idee eines demokratisch organisierten Staatswesens. Da ich Sie bisher so verstanden habe, dass Sie Freiheit über alles stellen, wundere ich mich, dass Sie solche Begriffe überhaupt benutzen. Aber gut.

Ich habe meine Haltung zur Rundfunkgebühr hinreichend dargestellt, so dass sich jede/r dazu eine Meinung bilden kann. Ich werde Ihre Beiträge, die im wesentlich mehr Vorwurf als Frage sind, oder die Ihrer MitstreiterInnen "im Kampf gegen die Zwangsabgabe und die Unterdrückung der Freiheit", wie es im Forum an einer Stelle heißt, nicht mehr beantworten.

Ich antworte Ihnen eigentlich nur, weil es vielleicht andere BürgerInnen interessieren könnte, warum wir GRÜNEN Pauschalabgaben diskutieren.

Die rasant fortgeschrittene Ausbreitung des Internets gibt uns allen vielfältige neue Möglichkeiten der Kommunikation. Die Idee von Tauschbörsen und das Angebot kostenloser Downloads urhebergeschützten Materials, stellen ein großes Problem für Politik und Gesellschaft dar: zum einen handelt es sich um ein internationales Medium, dass sich nationalstaatlicher Souveränität und Gesetzesrahmen durch die immense Mobilität leicht entziehen kann. Zum anderen sind Verfolgungen solcher Delikte bei Beachtung der Grundrechte und unserer GRÜNEN Forderung nach der Möglichkeit absoluter Anonymität im Netz, nicht leistbar. Eine Abwägung ist hier erforderlich, der sich keine politische Partei entziehen darf oder kann.

Bei der Diskussion um Urheberrechte im Internet steht die Frage im Zentrum, wie das Verhältnis zwischen technischer Innovation und gesellschaftlichem Wandel zu denken ist. Die bloße, durch die Technik gegebene Möglichkeit zum Download urhebergeschützten Materials und die Tatsache, dass eine große Zahl von NutzerInnen sich dieser bedient, entlässt weder Gesellschaft noch Politik aus der Frage, wie diese immense Verschiebung des Normen-Werte-Verhältnisses zu beantworten ist. Dieser Entwicklung mit blindem Pragmatismus zu entgegnen wäre unterkomplex und eine Entkernung gesellschaftlichen Ethos. Wir GRÜNE sehen Zukunftspotenzial in der Kreativwirtschaft. Da stellt sich die Frage “Wie soll ich Geld verdienen mit Netzinhalten?” Deshalb setzen wir uns im gleichen Maße für die Rechte der NutzerInnen UND der UrheberInnen ein. Gemäß des Grundsatzes „easy access but strong rights“ muss es Programme geben, die Kreativen helfen, ihr digitales Gut nach ihren Vorstellungen vermarkten zu können und NutzerInnen von diesen Möglichkeiten profitieren.

Aus diesen Gründen diskutieren wir auch unterschiedliche Modelle, die unter dem Sammelbegriff “Kulturflatrate” bekannt sind; darunter verstehen wir eine Pauschalabgabe auf Breitbandanschlüsse, die Urheberrechtsvergütungen für digitale Kopien über das Internet abgelten soll. Die Vorteile dieser Lösung überzeugen uns: wir sind der Ansicht, dass so ein neuer Markt entstehen kann, der NutzerInnen und UrheberInnen einen fairen Interessensausgleich bietet. Dieses Markt wäre bei erfolgreicher Implementierung effektiver gegen Raubkopie und Piraterie, als jede Art von staatlicher Repression, nutzerfeindlichen Schutzmechanismen und Verfolgungsversuchen, die aufgrund ihrer technischen Beschaffenheit sowieso nicht umzusetzen sind. Wir GRÜNEN haben darüber auf unterschiedlichsten Ebenen diskutiert und gearbeitet. Dennoch sind wir noch nicht am Ziel, denn aus diesem Arbeitsprozess ergeben sich weitergehende und grundsätzliche Fragen, die wir noch prüfen müssen und noch nicht zufriedenstellend beantworten können, wie zum Beispiel die Frage nach nationalem oder internationalen gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Wir brauchen ein Urheberrecht, das der neuen Realität Rechnung trägt und die Rechte von Künstlerinnen und Künstlern wahrt. Mit dem Modell der Fairness-Pauschale haben wir ein Modell aufgezeigt, wie es funktionieren könnte. http://www.gruene.de/themen/netzpolitik/die-gruene-fairness-pauschale.html

Mit freundlichen Grüßen

Martin-Sebastian Abel