Frage an Martin Schulz von Andreas S.
Sehr geehrter Herr Schulz,
in der nächsten Woche wird das EU-Parlament über den Ukraine Assoziierungsvertrag beraten und abstimmen. Ich persönlich fürchte, dass es zu einer Zustimmung kommen wird. Können Sie mir erklären warum eine Assoziierung mit der Ukraine für die Menschen in der EU und in Deutschland vorteilhaft sein soll, und warum dabei ein dauerhafter wirtschaftlicher und politischer Konflikt mit Russland in Kauf genommen wird?
Verklärt von freiheitlichem Idealismus werden geopolitische Konstellationen schlicht ignoriert und, mit Bezug auf Russland, 25-Jahre Annäherung durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Verflechtung einfach weggeschmissen.
Mit Ländern im Kaukasus sind ja ähnliche Bestrebungen im Gange. Man fragt sich wo das enden soll: Werden wir demnächst Palästina Assoziation anbieten, um den Menschen dort Freiheit und Prosperität sowie Schutz vor einem mächtigen Nachbarn zu bringen?
Ist es das Ziel der EU, die Welt zu missionieren? Man kann das machen, aber bitte holen Sie sich dafür das Mandat der Bürger unser Union.
Mit freundlichem Gruß
A. Schuchardt.
Sehr geehrter Herr Schuchardt,
vielen Dank für Ihre Frage. Das Europäische Parlament in Straßburg hat am 16. September zeitgleich mit der Werchowna Rada in Kiew das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine ratifiziert. Die Botschaft könnte nicht deutlicher sein: Das Europäische Parlament unterstützt die Ukraine und ihre europäische Bestimmung. Das Europäische Parlament hat die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine immer verteidigt, und wir werden dies weiterhin tun.
Mit seiner Zustimmung zu dem Assoziationsabkommen unterstützt das Europäische Parlament das ukrainische Volk, damit der Traum der Menschen, die auf dem Majdan gekämpft haben, Realität wird.
Damit echte Demokratie in der Ukraine Fuß fassen kann, wird das Europäische Parlament nun in einem nächsten Schritt Beobachter zu den anstehenden Wahlen entsenden, um faire und freie Wahlen sicherzustellen.
Das Parlament nimmt dabei keinesfalls einen dauerhaften Konflikt mit Russland in Kauf. Vielmehr setzt sich das Parlament – übrigens in Übereinstimmung mit den anderen EU-Akteuren – seit dem Ausbruch der Krise für eine nachhaltige politische Lösung Konflikts im Osten der Ukraine ein. Wir haben mehrfach deutlich gemacht, dass sich alle Beteiligten in Mäßigung üben sollten.
Im Übrigen sind die Menschenrechte eines der Hauptanliegen des Europäischen Parlaments, das sich als wichtiger Akteur im Kampf für die Demokratie, das Recht auf freie Meinungsäußerung, faire Wahlen und die Rechte der Unterdrückten versteht.
Ohne den Anspruch die Welt missionieren zu wollen, macht das Europäische Parlament auf eklatante Verstöße gegen die Menschenrechte auf der ganzen Welt aufmerksam. Diese Sensibilisierung ist wichtig, um ein Umdenken und schließlich einen Kurswechsel für Demokratie und Menschenrechte zu unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Schulz