Frage an Martin Schulz von Ernst G. bezüglich Europapolitik und Europäische Union
Sehr geehrter Herr Schulz!
Vor kurzem habe ich von einem Mitglied meines Vereins erfahren, dass neben TTIP noch über ein weiteres Abkommen „Trade in Services Agreement TiSA“ verhandelt wird, das den Bürgern weitestgehend unbekannt ist. Würden Sie mich bitte über den Inhalt dieses Abkommen informieren?
Sehr geehrte Herr Grill,
vielen Dank für Ihre Frage zu TiSA. Bei diesem "Trade in Services Agreement" handelt es sich um ein geplantes multilaterales Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen.
Ursprünglich sollte der Bereich der Dienstleitungen im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO verhandelt werden. Nach Jahren des Stillstands der sogenannten Doha-Runde, hat eine Reihe von WTO-Mitgliedern, darunter die EU, beschlossen, über ein multilaterales Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen zu verhandeln.
Es geht aber nicht nur um eine weitere Öffnung der Märkte für Dienstleistungen, sondern es werden auch neue Vorschriften für den Handel mit Dienstleistungen angestrebt, die mit denen vergleichbar sind, die für die öffentliche Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, Lizenzverfahren oder den Zugang zu Kommunikationsnetzen gelten.
Im März 2013 genehmigten die EU-Mitgliedstaaten ein Mandat, mit dem die Europäische Kommission ermächtigt wurde, die Verhandlungen für das TiSA im Namen der EU zu führen. Das Europäische Parlament ist also nicht selbst an den Verhandlungen beteiligt, verfolgt die Verhandlungen aber aufmerksam und kritisch. So hat das Parlament die Europäische Kommission gleich zu Beginn der Verhandlungen aufgefordert, sicherzustellen, dass jegliche Liberalisierung von Datenströmen in Bezug auf Datenschutz und Schutz der Privatsphäre voll und ganz im Einklang mit dem Besitzstand der EU steht.
Auch legt das Europäische Parlament großen Wert darauf, dass TiSA mit dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) vereinbar ist. Indem sichergestellt wird, dass das Abkommen GATS-kompatibel ist, wird es nicht nur für andere WTO-Mitglieder geöffnet, die später beitreten möchten, sondern es wird auch einfacher sein, das Abkommen in den Rahmen der WTO zu integrieren.
Da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, ist der endgültige Inhalt des Abkommens noch offen. Ebenso offen ist, ob das Europäische Parlament dem Abkommen am Ende zustimmen wird. Wie beim Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP), so haben die Europaabgeordneten auch bei TiSA das letzte Wort.
Mit freundlichen Grüssen
Martin Schulz