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Frage von Oliver O. •

Frage an Martin Schulz von Oliver O. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schulz,

mir ist klar, dass Ihnen im Augenblick die Krise um die Ukraine große Sorgen bereitet und viel Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nimmt.

Mich persönlich würde aber viel mehr interessieren, warum Sie und das Europa-Parlament nichts - aber auch gar nichts - gegen die millionenfache Verletzung des Bürgerrechtes auf Privatsphäre durch die USA und Großbritannien unternehmen. Gedenken Sie wenigstens, im Falle Ihrer Wiederwahl etwas dagegen zu tun?

Gestatten Sie bitte noch eine zweite Frage: Warum wird das in der Bevölkerung äußerst kontrovers diskutierte Freihandelsabkommen mit diesen Verbechen hinter verschlossenen Türen im Geheimen verhandelt? Das widerspricht doch allen demokratischen Regeln!

Mit freundlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Antwort
Oliver Ofenloch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ofenloch,

die NSA-Affäre und die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) hängen eng zusammen. Wir im Europäischen Parlament verfolgen die Verhandlungen aufmerksam und kritisch. Sobald der ausgehandelten Vertragstext auf dem Tisch liegt, wird das Parlament den Text prüfen, darüber debattieren und dann entweder zustimmen oder ablehnen.

Das Parlament ist ernsthaft besorgt über die NSA-Aktivitäten und andere Überwachungsprogramme. Deswegen hat das Europäische Parlament im vorigen Jahr die US-Massenüberwachung intensiv untersucht und danach festgelegt, dass es dem Freihandelsabkommen EU-USA nur zustimmen wird, wenn darin die in der EU-Charta verankerten Grundrechte in vollem Umfang respektiert werden. Auch sollten die Fragen zum Schutz der Privatsphäre aus den Handelsgesprächen mit den USA ausgeklammert werden.

Ich habe auch mehrfach erklärt, dass in einem Handelsabkommen die hohen europäischen Standards beim Verbraucherschutz, bei den sozialen Rechten, beim Gesundheits-, Umwelt- und Datenschutz bewahrt und verbessert werden sollten. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass ein transatlantisches Freihandelsabkommen im Kontext der zunehmenden Globalisierung grundsätzlich im Interesse der EU und der Europäer ist.

Das Europäische Parlament als Ganzes hat sich vor dem Start der Verhandlungen ebenfalls klar zu den Handelsgesprächen mit den USA positioniert. So will das Parlament in dem Abkommen europäische Werte und Standards verteidigt sehen. Auch das Vorsorgeprinzip der EU darf durch das Abkommen nicht angetastet werden. Da beim Thema genetisch veränderter Organismen (GVO), Klonen und Verbrauchergesundheit die Auffassungen zwischen den USA und der EU tendenziell auseinandergehen, ist in diesen Bereichen besonders viel Sensibilität gefragt.

Die Europäische Kommission, die die Verhandlungen im Auftrag und im Namen der EU führt, hat dem Parlament und der Öffentlichkeit mehrfach versichert, dass die strengen in der EU geltenden Verbraucherschutzregeln nicht zur Disposition stehen. Das Parlament wird seine Entscheidung davon abhängig machen, ob dieses Versprechen eingelöst wurde.

Aufgrund der Bedenken vieler Menschen hat die Europäische Kommission im Frühjahr 2014 zudem entschieden, die Verhandlungen um die umstrittenen Investitionsschutzklauseln im künftigen Handelsabkommen auszusetzen und eine öffentliche Konsultation zu diesem Verhandlungskapitel durchzuführen. Diese Online-Konsultation ist seit dem 9. April und noch bis zum 6. Juli 2014 auch auf Deutsch im Internet aufrufbar.

Mit freundlichen Grüssen
Martin Schulz