Frage an Martin Runge von Sven L. bezüglich Verkehr
Bzgl. des Gutachtens zum neuen S-Bahn Tunnel in München äußerten Sie, dass dieses viele Fehler enthält. Können Sie einige davon exemplarisch nennen?
Aber gerne
Martin Runge 02.12.09 (geringfügig überarbeitet und aktualisiert zuletzt am 22.12.2009)
*Anmerkungen zum „Gutachten“ „Vergleichende Untersuchung 2. S-Bahn-Tunnel / Südring“ *
Aufgrund wachsender Zweifel an den bisherigen Planungen zur Zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke im Münchner Stadtrat wie auch im Bayerischen Landtag und wachsender Bedenken bezüglich der konkret vorgesehenen Streckenführung im Tunnel eng parallel zur bisherigen Stammstrecke wurden mehrere Fachfirmen mit der Überprüfung aktueller Vorschläge zum Bahn-Südring als Alternative zur Zweiten Röhre beauftragt. Auftragnehmer waren die Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH (SPI), die Lahmeyer International GmbH, die Intraplan Consult GmbH und die SMA und Partner AG. Die Kosten der Beauftragung in Höhe von 206.000 Euro teilten sich der Freistaat Bayern und die Landeshauptstadt München.
Mit Schreiben vom 7. Oktober hat der Bayerische Wirtschafts- und Verkehrsminister Zeil für heute (16. November) zur Vorstellung des Gutachtens eingeladen. Bereits gut einen Monat zuvor wurde allerdings in einer Münchner Tageszeitung die Meldung lanciert, das Gutachten hätte ergeben, der Nutzen-Kosten-Faktor beim Südring läge nur etwa halb so hoch wie bei der Zweiten Röhre, was das Aus für den Südring als Alternative bedeuten würde. Der Aufforderung, nach dieser Zeitungsmeldung das Gutachten offen zulegen, widersetzte sich Minister Zeil mit der Begründung, die Gutachter hätten ihre Arbeiten noch nicht abgeschlossen. In o.g. Schreiben vom 7. Oktober formuliert Zeil jedoch: „Mittlerweile konnten die Gutachter ihre Arbeiten abschließen.
Im Hearing vor dem Münchner Stadtrat am 25. März 2009 erklärte der Vertreter der Staatsregierung, der Nutzen des Südrings läge nach gerade aktualisierten Zahlen nur mehr bei etwas mehr als 70 Prozent des Nutzens der Zweiten Röhre. Wenig später wurde dann erklärt, der Nutzen-Kosten-Faktor für die Zweite Röhre sei doppelt so hoch, wie der für den Bahn-Südring. Im Dreisatz weitergerechnet hieße dies, der Ausbau des Südringes wäre sogar teurer als der Bau der Zweiten Röhre. Zu dieser Behauptung haben sich die „Gutachter“ bei der Vorstellung ihrer Expertise am 16. November dann doch nicht ganz verstiegen. Allerdings wird jetzt behauptet die Südring-Ausbau sei mit 1,3 Milliarden Euro Investitionskosten fast genauso teuer wie die Zweite Röhre mit angesetzten 1,5 Milliarden Euro[1] (jeweils einschließlich der jeweils notwendigen netzergänzenden Maßnahmen im Außenbereich). Durch den erheblich höheren verkehrlichen Nutzen würde die Röhre jedoch auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von 1,15, der Südring dagegen nur auf 0,8 kommen.[2]
Diese Zahlen, vor allem die für den Südring und für die Zweite Röhre genannten Investitionskosten, erlauben wir uns schon, in Zweifel zu stellen. Im Falle des Südring-Ausbaus vermag auch nicht das Argument zu überzeugen, die Ausbaumaßnahmen müssten unter „Rollendem Rad“ (besser formuliert: auf bestehender und weiter zu nutzender Trasse) stattfinden. Denn dies ist bei Ausbaumaßnahmen die Regel, wird zur Zeit auch so bei der Strecke Olching – Augsburg praktiziert (von zwei auf vier Gleise, Streckenlänge 43 Kilometer, Kostenansatz 2005 550 Millionen Euro, Kostenschätzung zur Zeit 600 bis 700 Millionen Euro, darin enthalten u.a. Verlegung von 116 km Gleisen einschließlich Oberleitung, Bau von 46 km Schallschutzwänden und 7,5 km Stützwänden, Einbau von 104 Weichen, Erneuerung/Anpassung von 52 Eisenbahnbrücken, Neubau einer ESTW-Zentrale und von 6 ESTW-Außenstellen, Neubau von 12 Bahnsteigen).
Konfrontiert mit Kosten bzw. Kostenansätzen für andere vergleichbare Ausbaumaßnahmen erklärt das Bayerische Wirtschaftsministerium nun, derartige Vergleiche seien nicht aussagekräftig, denn am Südring seien sehr viele Brücken und Bahnhöfe je Streckenkilometer zu bauen. Auch seien als besondere Kostentreiber die Baustellenlogistik und der Grunderwerb zu berücksichtigen, welche wiederum zurückzuführen seien auf das dicht besiedelte Gebiet und den Bau „unter Rollendem Rad“. Diese Argumentation vermag allerdings auch nicht zu überzeugen. Denn auch bei dem genannten Ausbau Olching – Augsburg finden die Arbeiten „unter Rollendem Rad“ statt und dies über viele Kilometer durch dicht besiedeltes Gebiet (z.B. neun Kilometer im Augsburger Stadtgebiet und knapp 20 Kilometer durch den Landkreis Fürstenfeldbruck, immerhin der am dichtest besiedelte Landkreis in Bayern, insgesamt verläuft die Strecke Olching – Augsburg auf 16 Kilometer Länge durch dicht angrenzende Wohngebiete, der Südring auf 2 Kilometer Länge.). Bezogen auf den Kilometer verlegtes Gleis, auf den Kilometer gebaute Schallschutzwand, auf die Stückzahl an Weichen, Brücken und Bahnsteige liegen die von den „Gutachtern“ angesetzten Gesamtkosten für den Südring-Ausbau jeweils deutlich, in der Regel sogar um ein Vielfaches über den Kosten für den Ausbau der Strecke Olching – Augsburg. Der Faktor reicht hier von 1,5 (Gesamtkosten auf eine Weiche umgelegt), über vier (Gesamtkosten umgelegt auf den Kilometer verlegtes Gleis) bis zu zehn (Gesamtkosten umgelegt auf den Kilometer Schallschutzwand).
Bereits bei Auftragsvergabe haben wir das Vergabeverfahren (Freihändige Vergabe ohne vorherige Vergabebekanntmachung), vor allem aber die konkrete Auswahl der Auftragnehmer kritisiert. Drei der vier beauftragten Unternehmen waren/sind mit den bisherigen Planungen für die Zweite Stammstrecke befasst, mit der Intraplan Consult GmbH und der SMA und Partner AG zwei sogar federführend.
Wir bezweifeln, dass die aktuell vorliegenden Infrastrukturkonzepte für den Bahn-Südring wirklich detailliert untersucht und mit seriösen Kostenschätzungen unterlegt worden sind. Es sieht eher so aus, als soll die Zweite Röhre weiterhin schön gerechnet und schön geschrieben und geredet werden und mit möglichen Alternativen das Gegenteil passieren. Staatsregierung und DB AG sind aufgefordert, sich der fachlichen Auseinandersetzung zu stellen.
*Ernsthaftes, diskussionswürdiges Gutachten oder doch eher plumpes Tricksen und Täuschen?*
Schon die Auswahl der Auftragnehmer ließ mit drei Unternehmen, die bereits an den bisherigen, in unseren Augen völlig verfehlten und auch fehlerdurchseuchten Stammstrecken-Planungen beteiligt waren und sind, nichts Gutes erwarten. Wer dennoch auf ein seriöses, diskussionswürdiges Gutachten gehofft hat, sieht sich jetzt getäuscht. Während die geschätzten Kosten für die Zweite Röhre auf einmal niedriger sein sollen, als bisher von deren Planern angesetzt, wurde der Ausbau des Bahn-Südringes bewusst teuer, ja absurd teuer gerechnet. Dies geschah über völlig überzogene Kostenansätze, über eine Planung, die keinerlei Optimierung von Betriebsabläufen und damit auch von Kosten vorsieht, und über die Aufnahme von Kosten, die anderen Nutzungen zuzurechnen sind. Dies ist allerdings nicht allein den mit der Erstellung des „Gutachtens“ beauftragten Fachbüros zuzuschreiben. Die Planungen sind auch deshalb so überzogen, weil sich die DB Netz AG so unkooperativ und so unproduktiv im Hinblick auf den Südring-Ausbau wie nur möglich zeigte. Ebenso entscheidend für das Ergebnis sind auch die von den Auftraggebern gemachten Planungsprämissen und sonstigen Vorgaben. So wird im Erläuterungsbericht (S. 13) die „Anpassung der Angebotskonzepte an die Infrastrukturplanung“ als Aufgabenstellung benannt. Dies ist der völlig falsche Weg, Angebots-/Betriebskonzepte sollten der Infrastrukturplanung zugrunde liegen. Wenige Zeilen später heißt es dann, die „Dimensionierung im Bereich Ostbahnhof / Leuchtenbergring“ hat „gemäß den Planungen der BEG“ zu erfolgen, d.h. gemäß den Vorgaben der Staatsregierung. Ein unabhängiges Gutachten sieht anders aus.
*/Völlig verfehlte Kostenansätze
/*An zwei Beispielen sei gezeigt, dass die von den „Gutachtern“ gewählten Kostenansätze bereits einer ersten Plausibilitätsprüfung nicht standhalten können. Für den Erwerb von 34 Hektar *Ausgleichsflächen* werden stolze 17 Millionen Euro angesetzt. Zum einen ist zu bestreiten, dass 34 Hektar Ausgleichsflächen benötigt werden. Zum anderen würden 17 Millionen Euro für 34 Hektar jedoch bedeuten, dass je Quadratmeter Ausgleichsfläche 50 Euro gezahlt werden müssten, ein Betrag, der für Ausgleichsflächen selbst in München und Oberbayern von der Höhe her sehr erstaunlich ist. Die Stadt München hat beispielsweise für den Erwerb von Flächen als Ausgleichsflächen bzw. für ihr Ökokonto im Jahr 2004 4,43 Euro je Quadratmeter gezahlt, im Jahr 2005 waren dies dann 3,64 Euro je Quadratmeter und im Jahr 2006 6,50 Euro je Quadratmeter.[3] Für die Umwidmung und Umnutzung des ehemaligen Fliegerhorstes Fürstenfeldbruck nach den Plänen der Sitzgemeinde Maisach „Maisacher Konzept“ wären nach einem Gutachten zur Begründung der entsprechenden Änderung des Flächennutzungsplanes 143 Hektar an Kompensationsflächen nachzuweisen gewesen. Aktuell geht man hier seitens der Gemeindeverwaltung nur mehr von 50 – 60 Hektar aus, die im Mallertshofer Holz im Landkreis München dargestellt werden sollen. Der Bund, aktueller Eigner dieser Flächen, soll die Flächen an den Heideflächenverein übereignen. Dieser soll dann mit 40.000 Euro je Hektar einen Betrag erhalten, in dem die Pflegeaufwendungen einschließlich der Kosten der Aussaat für 30 Jahre kapitalisiert sind. Würden die Kostenansätze der „Gutachter“ des Südring-Ausbaus auf das Projekt Umwidmung von „Fursty“ übertragen werden, dann wäre das Maisacher Konzept, das auch vom Landtag unterstützt wird, abrupt gestorben.
An *Planungskosten* sind allein für den Südring-Ausbau, also ohne die netzergänzenden Maßnahmen, 181 Millionen Euro angesetzt. Selbst wenn (unzulässigerweise) alle Kosten, die die „Gutachter“ dem Südring-Ausbau zuschlagen, also etwa auch Grunderwerbskosten, Kosten für Ausgleichsflächen oder Versicherungsprämien in jeweils zweistelliger Millionenhöhe, als Bezugsbasis für die Planungskosten genommen werden würden, wäre der Planungskostenanteil mit fast 20 Prozent an den Gesamtkosten schon sehr hoch. Bezogen auf die reinen Baukosten liegt der angesetzte Planungskostenanteil bei gut 30 Prozent. Wie absurd hoch der Ansatz für die Planungskosten ist, zeigt der Vergleich mit den Ausbaustrecken Olching – Augsburg oder Obermenzing – Röhrmoos (jeweils auch Ausbau von zwei auf vier Gleise und dies „unter Rollendem Rad“). Dort lagen/liegen die Gesamtkosten je Steckenkilometer mit 15 bis 16 Millionen Euro niedriger als die von den „Gutachtern“ benannten Planungskosten je Kilometer für den Südring-Ausbau (181 Millionen Euro bei 11 Kilometern Strecke). Fraglich ist beispielsweise auch, ob der Kostenansatz von 43 Millionen Euro (zzgl. acht Millionen Euro an Planungskosten) für *Sicherheitsposten* realistisch ist. Unter der Annahme regulärer Beschäftigungsverhältnisse (wovon man bei der DB AG ja nicht einmal mehr ausgehen kann) würde dies bedeuten, dass hier mit mehr als 1.000 Mann-Jahren gerechnet wird.
*/Keinerlei Optimierung hinsichtlich der Betriebsabläufe und der Kosten /*Des weiteren seien wiederum beispielhaft Punkte aufgezählt, die belegen, dass die „Gutachter“ den Südring-Ausbau so teuer und so „luxuriös“ wie nur irgendwie möglich geplant und damit auch gerechnet haben:
· Zwischen dem Heimeranplatz und dem Südbahnhof sei ein sechsgleisiger Ausbau nötig, in unseren Augen reicht hier der viergleisige Ausbau.
· Sämtliche der 34 Abstellgleise am Südbahnhof würden weiterhin benötigt (dies obwohl mittlerweile der Großmarkt und auch das Heizkraftwerk Süd nicht mehr über die Schiene beliefert werden), deshalb wären für den Südring-Ausbau Eingriffe in Fremdgrund erforderlich.
· Das ICE-Betriebswerk an der Friedenheimer Brücke und die westlich davon liegenden Abstellgleise müssten auch künftig durch drei Gleise verbunden sein, was wiederum den Um-/Neubau einer zehngleisigen Überführung über den Südring erfordern würde.
· Am Ostbahnhof sei keines der reichlich vorhandenen Fernbahngleise entbehrlich (tatsächlich ist hier soviel Platz vorhanden, dass tagsüber Schlafwagenzüge parken).
Alle diese Punkte führen zu in unseren Augen unnötigen Kosten infolge von zusätzlichem Investitionsaufwand, Eingriffen in Fremdgrund, Kauf von Grund, Bereitstellen von Ausgleichsflächen.
· Keinerlei Optimierung der Betriebsabläufe/Bauabwicklung mit der Zielsetzung, zu niedrigeren Kosten in der Bau- und Baustellenlogistik zu kommen. In der letzten Studie von Vieregg/Rößler sind die Mehrkosten durch entsprechende Zwischenbauzustände im üblichen Rahmen wie bei vergleichbaren Ausbaumaßnahmen gehalten. Bei Lahmeyer und Schüßler sind die Planungen, die Bauabwicklung und die Betriebsabläufe wohl so konstruiert, dass mit Behelfsbrücken, Baustraßentunnels, also temporären Tunnelbauwerken, und Umfahrungsstrecken, die während der Bauzeit mehrfach angepasst werden müssen, nur so geklotzt wird, um ja hohe Kosten zu generieren. Während bei Vieregg/Rößler die Baustraßen weitgehend auf der späteren Trasse liegen, so wie dies auch beim Ausbau der Bahnstrecke zwischen Augsburg Hbf. und Augsburg-Hochzoll im dicht besiedelten Gebiet praktiziert wurde, planen Lahmeyer/Schüßler die Baustraßen wohl über weite Strecken neben der Trasse, was wiederum das Eingreifen in Fremdgrund, das Abholzen von Baumreihen und die Notwendigkeit zur Schaffung von Ausgleichsflächen zur Folge hätte. (In unseren Augen wäre selbst eine Totalsperrung des Südringes zum Umbau von Weichen etwa am Wochenende möglich. Die Ausziehgleise („Parkplätze“ für Züge außerhalb von Bahnhöfen) am Ostbahnhof erlauben hier ein Wenden von Fern- und Regionalzügen. Güterzüge könnten auch über den Nordring umgeleitet werden. Derartig „radikale“ Maßnahmen werden bei V/R aber gar nicht vorgeschlagen.)
*/Weitere offene Fragen
/*Des Weiteren gibt es eine Reihe offener Fragen, auf deren Beantwortung wir sehr gespannt warten. So ist zu fragen, weshalb in der Nutzen-Kosten-Betrachtung für den Südring keinerlei Nutzen für den Regional- und Fernverkehr berücksichtigt wurde bzw. umgekehrt diesen Verkehren keine Kosten anteilig zugerechnet wurden. Kritisch gestellt werden muss auch, dass die „Gutachter“ den Südring-Ausbau allein für einen 5-Minuten-Takt konzipiert haben, einen 10-Minuten-Takt wie er den derzeitigen aber auch künftigen Verkehrsbedürfnissen angemessen wäre, aber gar nicht berücksichtigt haben (siehe die Ausführungen unten zu den Kapazitäten). Beleg für die fehlende Qualität des „Gutachtens“ ist auch die Tatsache, dass es zahlreiche Widersprüche zwischen der SMA-Gleistopologie und den IGS-Lageplänen gibt und die SMA-Gleistopologie an mehreren Stellen auch vom Bestand abweicht.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die „Gutachter“ die Planungen von Vieregg/Rößler, so wie sie ihnen am 15. September 2009 übergeben worden sind, überhaupt nicht berücksichtigt haben, ja wohl nicht einmal gesichtet haben (letzteres erschließt sich aus dem mündlichen Sachvortrag und der anschließenden Debatte am 16. November).[4]
*Bewusst falsche Betriebsprogramme für den Südring
*Wie schon oben ausgeführt, wurde von den „Gutachtern“ aus der Infrastruktur für die Zweite Röhre ein Betriebsprogramm geschnitzt (der richtige Weg wäre gewesen aus den Verkehrsbedürfnissen/Betriebsprogrammen die geeigneten Infrastrukturmaßnahmen abzuleiten). Dieses Betriebsprogramm wurde dann wiederum weitgehend 1:1 auf den Bahn-Südring umgelegt, um die dann dort notwendigen Infrastrukturmaßnahmen aufzeigen zu können. Wie auch schon betont, entspricht dieses Betriebsprogramm, das einen 5-Minuten-Takt für die S-Bahn auf dem Südring beinhaltet, nicht den aktuellen und auch nicht den künftigen Verkehrsbedürfnissen. Ein 10-Minuten-Takt würde gut reichen und würde gleichzeitig die bestehende Stammstrecke um sechs Zugpaare je Stunde entlasten.
Exemplarisch sei an dieser Stelle noch aufgezeigt, wie der Bedarf an Infrastrukturmaßnahmen durch unsinnige Einzelpunkte im Betriebsprogramm aufgebläht wird. So wird über eine völlig unsinnige Maßnahme die Notwendigkeit eines zusätzlichen Wendegleises in Pasing konstruiert. In beiden Betriebsprogrammen für den Fall des Südring-Ausbaus und dessen Nutzung durch S-Bahnen (1S und 6S) sehen die „Gutachter“ doch tatsächlich vor, dass alle Züge der bisherigen S 27 (verkehrt aktuell von Deisenhofen über den Heimeranplatz zum Hauptbahnhof und zurück) eingestellt bzw. als S 20 von/nach Pasing geführt werden, so dass dann anstelle der bisher 16 täglichen S 20-Züge 26 von und nach Pasing fahren würden, womit die Notwendigkeit für das weitere Wendegleis erklärt wird. Für das Aufstocken der Zugzahlen der S 20 besteht allerdings keine verkehrliche Notwendigkeit, im Gegenteil. Gerade im Fall der Ertüchtigung des Südringes gibt es korrespondierende S-Bahnen zwischen Pasing und dem Heimeranplatz, die dann weiter über den Südring geführt werden. In den Betriebsprogrammen für den Fall der Realisierung und Nutzung der Zweiten Röhre (1T und 6T) ist im Übrigen die Einstellung/Umwidmung der S 27 nicht zu finden, nach/von Pasing sollen dort weiterhin 16 Züge als S 20 fahren, mit der Folge dass dort dann auf das weitere Wendegleis verzichtet werden kann.
Auch die zweite netzergänzende Maßnahme, die die „Gutachter“ nur für den Südring-Ausbau, nicht jedoch für die Röhren-Variante postulieren, ist allein einem unsinnigen Betriebsprogramm, allein einer irrwitzigen Fahrplangestaltung geschuldet. Es handelt sich hierbei um ein Überwerfungsbauwerk bei Daglfing („/niveaufreie Einbindung Trudering – Daglfing/“), das der bisherigen Strecke zugute kommt, jedoch dem Südring-Ausbau zugerechnet wird.[5] Die Kosten für dieses Überwerfungsbauwerk und für das Wendegleis in Pasing werden von den „Gutachtern“ auf 50 Millionen Euro beziffert.
*Regionalzüge und die Zweite Röhre
*Befürworter der Zweiten S-Bahn-Röhre bringen auch als Argument in die Debatte, dass in dieser Röhre dann auch Regionalexpress- und Regionalbahnzüge fahren könnten. („/So können – wie erstmals im Flughafengutachten gezeigt wird – auch Regionalzüge direkt in die Münchner Innenstadt und dann weiter zum Flughafen geführt werden. Damit können Fahrgäste mit Regionalzügen erstmals ohne Umsteigen am Hauptbahnhof bis ins Münchner Zentrum fahren und haben zu allen U-Bahn-Linien direkte Umsteigemöglichkeiten./“[6]) Hierzu ist folgendes anzuführen: Die Regionalzüge, die zur Zeit nach München fahren, haben eine Länge zwischen 240 und 310 Metern, die Zweite Röhre ist jedoch mit Bahnsteiglängen von 210 Metern im Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die relativ geringe Antriebs- und Bremskraft sowie auch viel längere Einstiegs- und Ausstiegszeiten aufgrund der kleineren und in geringerer Stückzahl vorhandenen Türen, würde dazu führen, dass die Regionalzüge zum Bremsklotz in der Zweiten S-Bahn-Röhre würden. Die Beschaffung S-Bahn-Röhren-tauglicher Regionalzüge würde weitere hunderte von Millionen Euro verschlingen. Grundsätzlich gilt es zu beachten, dass Regionalzüge aufgrund ihrer Aufgaben und Funktionen immer nach einer anderen Ausstattung im Hinblick auf den Reisekomfort und damit auch die Sitzmöglichkeiten verlangen als das Ballungsraum-Verkehrsmittel S-Bahn.[7]
*/Zu Kapazitäten und zu vermeintlichen und echten Kapazitätsengpässen
/*Zur Rechtfertigung der Zweiten Röhre wird immer angeführt, die Münchner S-Bahn sei für 250.000 Fahrgäste konzipiert und komme jetzt werktäglich auf fast 800.000 Fahrgäste (Beförderungsfälle). Letzteres ist zwar richtig, doch hat die Stammstrecke auf den Streckenteilen mit den meisten Fahrgästen (Hackerbrücke – Hauptbahnhof und Stachus – Marienplatz) jeweils nur etwa 230.000 Fahrgäste (die Prognosen gehen hier für das Jahr 2020 von maximal 238.000 Fahrgästen aus). Dies entspricht in etwa den Fahrgastzahlen auf der U3/U6 zwischen Marienplatz – Odeonsplatz – Universität, wobei die U-Bahnsteige und damit auch die U-Bahn-Züge bekanntlich deutlich kürzer sind als die S-Bahn-Langzüge (120 zu 210 Meter). Sollten die Platzkapazitäten bei der S-Bahn der Engpass sein, so sei die Frage erlaubt, weshalb in den Hauptverkehrszeiten zu einem erheblichen Teil mit Vollzügen (aktuell 75 % der Züge zur HVZ) und nicht mit Langzügen gefahren wird.
Überzeugender als das Argument „unzureichende Platzkapazitäten“ ist da schon die Argumentation mit Engpässen bei der Streckenkapazität, sollen möglichst viele S-Bahnen im 10-Minuten-Takt durchgebunden und verknüpft werden. Von diesem Engpass betroffen können hier aber wiederum immer nur die Linien aus dem Westen sein (sieben Linien kommen aus dem Westen, nur fünf dagegen aus dem Osten). Als Hauptbegründung der Ertüchtigung der alten Stammstrecke in den Jahren 2003/2004 (im Wesentlichen Elektronisches Stellwerk und linienförmige Zugbeeinflussung (LZB)) diente das Argument, die Stammstrecke hätte dann nach Abschluss der Arbeiten eine Kapazität von 34 Zügen je Stunde und Richtung. In den Planfeststellungsunterlagen der DB AG zur Zweiten Röhre heißt es bezüglich der Kapazitäten auf der alten Stammstrecke sogar: „die derzeit eingebaute LZB ermöglicht 37,5 Zugpaare pro Stunde auf der bestehenden S-Bahn-Stammstrecke“ (PFA 1, Anlage 1, Teil A, Seite 25). Bekanntlich fahren jetzt im Herbst und Winter zur Hauptverkehrszeit (wegen des vom EBA verhängten „Tempolimits“) lediglich 24 Züge je Stunde und Richtung durch die Röhre und im Frühjahr und Sommer dann wieder 30 Züge. In Beantwortung der Frage 3 der schriftlichen Anfrage Stammstrecke XIII des Verfassers dieser Zeilen weist die Staatsregierung mit Schreiben vom 21.05.2008 darauf hin, dass es die unzulänglichen Kapazitäten am Ostbahnhof seien, die nicht mehr als 30 Zugpaare in der Stunde erlauben würden. Stellt sich die Frage, weshalb der Engpass Ostbahnhof nicht angegangen wurde.
Bis Ende 2003 trieben im Übrigen die Verantwortlichen bei der DB AG, konkret bei der S-Bahn GmbH, beim MVV, beim Bayerischen Wirtschaftsministeriums sowie bei der BEG und der Regierung von Oberbayern ihre gedanklichen und planerischen Aktivitäten zur Erhöhung der Kapazität der Stammstrecke vor allem über die Verkürzung der Haltezeiten der Züge im „Arbeitskreis Fahrgastleitsystem“ voran.[8] Wohl um keinen Raum für Argumente gegen die Notwendigkeit der Zweiten Röhre zu schaffen, wurden die einschlägigen Aktivitäten dann Anfang 2004 eingestellt.
Interessant ist, dass in den aktuellen Planungen, vor allem in den Betriebsprogrammen, die den Nutzen-Kosten-Betrachtungen zugrunde gelegt werden, gerade einmal 33 Züge je Stunde und Richtung vorgesehen sind. D.h., für drei Züge mehr je Stunde und Richtung als die aktuellen Fahrpläne regulär vorsehen wird eine milliardenschwere Investition vorangetrieben.
*/Zum anvisierten 15-/30-Minuten-Takt
/*Von den „Gutachtern“ wie auch von den sonstigen Protagonisten der Zweiten Röhre wird ein 15-/30-Minuten-Taktraster, überlagert auf einigen Ästen von einer Express- S-Bahn im 30-Minuten-Takt, favorisiert. Ausgenommen von diesem Taktraster sollen allerdings wiederum die Linien S 2, S 7 und S 20 sein, wo im bisherigen 20-Minuten- und partiell 10-Minuten-Takt gefahren werden soll. Hierzu ist mehrerlei kritisch anzumerken. Einem solchen Takt fehlt zum einen die leichte, eingängige Merkbarkeit. Zum zweiten würde sich mit einem solchen Takt die S-Bahn-Bedienung in einer Reihe von Stationen mit relativ hoher „Bahnhofsbelastung“ (viele Ein- und Aussteiger) in den Hauptverkehrszeiten verschlechtern (vom 10- auf den 15-Minuten-Takt), sind doch die „Mitteläste“ als Überholstrecken für die Express-S-Bahn vorgesehen (betroffen nach aktueller Planung wären hier beispielsweise Gilching, Gernlinden oder Lochhausen). Überhaupt sind nur zwei der Westäste und nur einer der Ostäste zur Bedienung mit der Express-S-Bahn vorgesehen.[9] Drittens würde das 15-/30-Minuten-Taktraster dazu führen, dass die Bedienung einer Reihe von Stationen im Außenbereich verschlechtert würde. Viele Stationen müssten in den Spätstunden anstelle des heutigen 20-Minuten-Taktes mit einem 30-Minuten-Takt vorlieb nehmen, bei manchen Stationen wäre dies sogar in der Hauptverkehrszeit der Fall.[10] Ebersberg wäre dann beispielsweise nicht mehr im 20- sondern im 30-Minuten-Takt bedient, Tutzing wäre mit einem Stolpertakt konfrontiert. Viertens müsste für den Fall der Einführung des 15-/30-Minuten-Taktes bei der S-Bahn dann der Grundtakt der ergänzenden Buslinien verändert werden, was wiederum bedeuteten würde, dass aus Finanzgründen in vielen Fällen ein Eindampfen auf einen 30-Minuten-Takt droht. Der Fahrplan für das Betriebskonzept 6T ist im Übrigen ein klassischer Papierfahrplan. Für die bestehende Stammstrecke werden hier munter Linien mit dem 15-/30-Minuten-Taktraster mit solchen, die weiterhin im 10-/20-Minuten-Raster fahren sollen, durcheinander gewirbelt. Selbst bei kleineren Verspätungen würde es hier zu großen Verwerfungen kommen.
*/Hintergrund:
/*Die Münchner S-Bahn, nicht nur das Rückgrat des Öffentlichen Verkehrs im Großraum München, sondern auch mit 60 % der Fahrgäste und 40 % der von diesen gefahrenen Zugkilometer der Leistungsträger im gesamten Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Bayern, leidet unter Engstellen und Zwangspunkten im Netz wie Eingleisverkehren, Mischverkehren oder Fahrstraßenkreuzungen. Ein großer Engpass ist zweifellos die Stammstrecke zwischen Pasing und dem Ostbahnhof. Eine weitere Strecke als Ergänzung/Alternative ist hier notwendig. Konkret sollte eine solche Strecke a) als Puffer im Falle von Störungen auf der alten Stammstrecke fungieren können, b) der Entlastung/Ergänzung der alten Stammstrecke dienen und, wenn möglich, c) neue Erschließungen auf kürzeren Wegen ermöglichen.
Im Mai 2001 hatten sich Staatsregierung, Bahn AG und Landeshauptstadt München auf den Bau einer zweiten S-Bahn-Röhre, geführt in 40 Metern Tiefe eng parallel zur bisherigen Stammstrecke, verständigt. Für das Jahr 2010 wurde die Fertigstellung und Inbetriebnahme der zweiten Stammstrecke zugesagt. An den Planungen für dieses Projekt wird mittlerweile seit bald zehn Jahren gearbeitet, oder besser herum dilettiert. Spätestes mit der Vorstellung konkreter Pläne anlässlich der Auslegung der Planfeststellungsunterlagen im Dezember 2005 wurde deutlich, dass es sich bei diesem milliardenteueren Projekt um den gleichen Schildbürgerstreich wie beim bayerischen Transrapid-Vorhaben handeln würde. Die Kosten in Milliardenhöhe stehen in keinerlei vernünftigem Verhältnis zum möglichen Nutzen des Vorhabens. Die viel zu geringe Zahl an Halte- und damit Verknüpfungspunkten (lediglich Hauptbahnhof, Marienhof und ggf. Ostbahnhof), bedingt durch die Streckenführung und die große Tieflage, würde dazu führen, dass es für zahlreiche S-Bahn-Fahrgäste zu erzwungenen Umwegfahrten bzw. zu neuen Umsteigezwängen käme. Die Umsteigewege wären inakzeptabel, weil viel zu lang und unbequem. Daneben gibt es gravierende Sicherheitsbedenken. Auch drohen wie schon beim Transrapid die Kosten aus dem Ruder zu laufen.
Im Sommer 2006 (also mitten im laufenden Planfeststellungsverfahren, welches bekanntlich das Genehmigungsverfahren ist) kam das Aus für die bisherigen Planungen infolge der Erkenntnis massiver Kostensteigerungen und damit des Verfehlens des geforderten Nutzen-Kosten-Faktors in der Standardisierten Bewertung. Seitdem wurden von Vertretern der DB AG, der Bayerischen Staatsregierung bzw. der BEG immer wieder neue Planungsvarianten teils, nur ansatzweise skizziert, ins Gespräch gebracht (z.B. „Rumpftunnel“, November 2006 MD Wellner), teils, in grober Abbildung und grober Beschreibung vorgetragen, von der Staatsregierung offiziell vorgestellt (z.B. Staatsministerin Emilia Müller im Dezember 2007 vor dem Landtag). Aktuell wird ein Modell diskutiert, in dem auf die bislang stets vorgesehene Verzweigung im Planfeststellungsabschnitt 3 (Abschnitt östlich der Isar) und den Tunnelast in Richtung Bahnhof Giesing verzichtet werden soll. Gerade dieser Tunnelast, der das bisherige aufwendige Wenden („Kopfmachen“) der beiden Giesinger-S-Bahn-Linien (nach Holzkirchen und Kreuzstraße) am Ostbahnhof entbehrlich machen würde, wurde jedoch bislang von den Protagonisten der Tunnellösung als ganz wesentlicher Baustein ihrer Planung vorgetragen.
Bereits bei der im Dezember 2007 von der Staatsregierung vorgestellten Neuplanung erlaubten sich die Verfasser dieses Antrages den Einwand, dass diese neue Variante allenfalls nur zu sehr geringen Einsparungen gegenüber der bisher geplanten Version führen würde. Hinzu kam, dass der Verzicht auf oder besser das Streichen von elf der ursprünglich vorgesehenen „netzergänzenden Maßnahmen“ allein der Notwendigkeit geschuldet war, das Projekt schön zu rechnen. Damit wurde jedoch das gesamte Projekt von seiner Sinnhaftigkeit her massiv erschüttert. Der „Verzicht“ auf Maßnahmen im Außenbereich wie Bau/Ausbau von Abzweigstellen, Wendegleisen oder Doppelspurabschnitten aber auch der „Verzicht“ auf den Ausbau des S-Bahn-Werkes Steinhausen dokumentierten, dass dichtere Takte im Außenbereich, welche stets als Hauptbegründung für die Notwendigkeit der Zweiten S-Bahn-Röhre herhalten müssen, gar nicht vorgesehen waren. Der „Verzicht“ auf Maßnahmen im Innenbereich wie Verlängerung der LZB oder das Elektronische Stellwerk am Ostbahnhof hätte spätere Optionen zur Verbesserung der Betriebsqualität massiv verringert.
Die Zweite S-Bahn-Röhre wurde in den Untersuchungen und Gutachten zu Beginn der konkreten Planungen (2000 in der /Ergänzungsuntersuchung S-Bahn/: 537 Mio. Euro, 2001 in der /Vergleichenden Untersuchung S-Bahn-Südring/Zweiter Tunnel/: 583 Mio. Euro vs. 527 Mio. Euro für den Südring) schön gerechnet, was auch in der dann im Sommer 2006 von der Bahn AG vorgetragenen Kostensteigerung auf 1,85 Mrd. Euro zum Ausdruck kommt. Der alternativ betrachtete Bahn-Südring wurde eher schlecht gerechnet. So ist ein Großteil der Kosten für Maßnahmen zur „Umstrukturierung des Ostbahnhofes“ und zur Einbindung der Gleise vom/zum Südring in die alte Stammstrecke am Ostbahnhof gerechnet, wobei die Zusammenführung der Gleise bereits am Westkopf des Bahnhofes geplant ist. Für eine derartige Maßnahme, die ein riesiges und damit sehr teures Überwerfungsbauwerk erfordert, gibt es keinerlei Notwendigkeit. Grundsätzlich wurde nur eine Variante mit durchgehend weiteren Gleisen geplant und gerechnet. Auch wurde bewusst nicht kommuniziert, dass beim Südring-Ausbau auf weit mehr Finanzierungs-Töpfe zurückgegriffen werden kann als beim Bau einer Zweiten S-Bahn-Röhre. Mittel, die alternativ auch zur Finanzierung von U-Bahnen und Straßenbahnen beitragen, wie FAG- oder GVFG-Mittel, würden demzufolge weit weniger beim Südring-Ausbau in Anspruch genommen werden als beim Bau einer Zweiten S-Bahn-Röhre.
Wie oben schon angesprochen verkündete die Staatsregierung bis vor wenigen Jahren, die zweite Stammstrecke sei bis 2010 fertig gestellt. Im Dezember 2007 wurden dann hierfür die Jahre 2017 (Baustufe 1 im PFA 3, also Tunnel zum Leuchtenbergring) und 2020 bzw. 2022 (Baustufe 2 im PFA 3, Tunnel in Richtung Bahnhof Giesing) benannt. Jetzt ist vom Jahr 2018 die Rede, wobei auch dieses Datum für den hypothetischen Fall einer erneuten Neuplanung zweifelhaft ist. Allein schon dieser inakzeptable Zeithorizont ist Argument genug, sich schleunigst von dem grotesken Vorhaben zu verabschieden. Die Überlastungen im und die Störanfälligkeit des Münchner S-Bahn-Netz(es) zeigen, dass jetzt (endlich) gehandelt werden muss.
Sinnvoll wäre es, Abstand zu nehmen von den irrwitzigen Planungen für die Zweite S-Bahn-Röhre. Stattdessen gilt es, Maßnahmen wie den Ausbau des Westkopfes Pasing, den Ausbau des Westarmes der S 8 und die Ertüchtigung des Bahn-Südringes mit Schaffung eines Regionalzughaltes an der Poccistraße, um in Notfällen auf der Stammstrecke als Puffer fungieren zu können und um vom und zum Münchner Süden direktere Verbindungen zu schaffen, in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig muss nach zielführenden Alternativen zur Ergänzung und Entlastung der S-Bahn-Stammstrecke gesucht werden.
*Fazit
*An dieser Stelle sei noch einmal die Kritik am „Gutachten“ „Vergleichende Untersuchung 2. S-Bahn-Tunnel / Südring“ kurz zusammengefasst: zum einen halten wir die Kosten für den Südring-Ausbau für weit überzogen. Gründe hierfür: 1. überhöhte Kostenansätze. 2. völlig übertriebene "Luxus-Planung". 3. keinerlei Optimierung bei der Bau- und der Baustellenlogistik. 4. falsche Kostenzuordnungen. Zum anderen wird 5. ein auch für den Fall der Realisierung der Zweiten Röhre wenig zielführendes Betriebsprogramm unnötigerweise dem Südring übergestülpt. Die Kostenschätzung für die Zweite Röhre fällt dagegen sehr bescheiden aus. Mitursächlich für die genannten Kritikpunkte sind die Aufgabenstellung durch die Auftraggeber und wohl auch deren Erwartungshaltung sowie die Bockbeinigkeit der DB Netz AG.
Spätestens seit und mit dem Finanzmarkt-Debakel und der Wirtschaftskrise sollten ins Auge gefasste Milliardeninvestitionen der öffentlichen Hand weitaus gründlicher hinterfragt werden, als dies bislang häufig der Fall war. Eine Milliardensumme ausgeben zu wollen für die Zweite S-Bahn-Röhre und damit für eine Strecke, deren Resultat gerade einmal drei Zugpaare mehr je Stunde in der Hauptverkehrszeit im S-Bahn-Stammstrecken-Verkehr sein soll[11], die für den Regionalverkehr eben keinen Nutzen schafft, die für viele Fahrgäste massive Verschlechterungen in der Bedienungsqualität bedingen würde und die schließlich große Sicherheitsprobleme mit sich bringt, sollte sich verbieten. Die Protagonisten der Zweiten Röhre, eng parallel geführt zur bisherigen Stammstrecke, apostrophieren dieses Vorhaben gerne als „Jahrhundertprojekt“. Aber gerade dann, wenn dieses Projekt so bedeutungsschwer gesehen wird, dann muss doch verhindert werden, dass die bisherigen Schieflage im Münchner Schnellbahn-System, die Radiallastigkeit und die Konzentration auf Verbindungen zwischen dem Westen und dem Osten, vertieft und zementiert werden.
Mit einer Ertüchtigung des Südringes, welche einen 10-Minuten-Takt für die S-Bahn auf dem Südring erlauben würde[12], was wiederum bei weitem nicht den von den „Gutachtern“ ins Felde geführten Aufwand bedingen würde, könnte die bestehende Stammstrecke im erforderlichem Maß entlastet werden. In Kombination mit einer Verlängerung der U 5 nach Pasing wäre dann auch noch der notwendige Bypass für den Fall einer Störung der bisherigen Stammstrecke geschaffen.
Was den als Alternative zur Zweiten S-Bahn-Röhre bei gleichzeitigem Nutzen für Regionalverkehre und auch als Maßnahme zur verbesserten Flughafen-Anbindung in der Diskussion stehenden „Nordtunnel“ anbelangt, so ist dieser genau zu prüfen und zu hinterfragen auf seine Realisierbarkeit, auf seinen verkehrlichen Nutzen und vor allem auch auf seine Kosten.
Dr. Martin Runge
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[1] Der gegenüber bisherigen Kostenschätzungen geringere Kostenansatz für die Zweite Röhre wird seitens des Bayerischen Wirtschaftsministeriums begründet mit dem Verzicht auf den bislang östlich der Isar vorgesehenen Südast der Röhre. Dieser Südast wurde bisher von den Protagonisten der Röhre als ganz wesentlich von der Nutzenstiftung her erklärt. In die Investitionskosten für die Zweite Röhre wohl nicht hineingerechnet sind die Kosten für die im Falle der Realisierung der Röhre zwingend notwendigen Um- bzw. Neubaumaßnahmen am Hauptbahnhof (vor allem Abriss und Neubau der Empfangshalle), die auf einen deutlich dreistelligen Millionenbetrag geschätzt werden. Die DB AG, der Freistaat Bayern wie auch die Landeshauptstadt München haben zuletzt mehrfach klar gestellt, diese Kosten nicht übernehmen zu wollen. Von den Protagonisten der Röhre wird frech der „/Neubau des Empfangsgebäudes am Hauptbahnhof/“, welcher „/mit einer deutlich besseren Erschließung wie auch Orientierung einhergeht und damit auch den Regional- und Fernverkehrskunden in den Landkreisen zugute kommt/“ (Zitate aus einem aktuellen Argumentationskatalog des MVV, der zur Zeit besonders in der Region bemüht wird), als Nutzenstiftung durch die Zweite Röhre verkauft.
[2] Grundsätzlich ist an den zugrunde gelegten Betriebskonzepten kritisch zu stellen, dass sowohl bei den Tunnelvarianten als auch bei den Südring-Varianten ganze Außenäste von der alten Stammstrecke und damit von wichtigen innerstädtischen Halte-, Umsteige- und Verknüpfungspunkten abgehängt werden würden. Bei der Südring-Variante legen die „Gutachter“ Betriebskonzepte vor, die 12 Züge je Stunde und Richtung vorsehen, was wiederum einem 5-Minuten-Takt entspricht, obwohl der Südring laut Staatsregierung doch eher weniger wichtig von seiner Verkehrsbedeutung her ist. Die von den „Gutachtern“ prognostizierte Querschnittsbelastung des Südringes wäre in jedem Fall problemlos mit einem 10-Minuten-Takt zu bewältigen.
[3] Von Investoren, die Ausgleichsflächen nachweisen müssen, verlangt die Landeshauptstadt aktuell 24 Euro je Quadratmeter. Auch wenn die Kosten für Pflegemaßnahmen (v.a. Einsaat und Mähen) zu den oben genannten Kaufpreisen zwischen 3,64 Euro und 6,50 Euro je Quadratmeter hinzugerechnet werden, macht die Stadt München somit ein dickes Geschäft. Für die Pflegeaufwendungen werden aktuell zwischen 1.000 und 1.200 Euro je Hektar und Jahr veranschlagt, was 10 bis 12 Cent je Quadratmeter entspricht.
[4] Der gleiche Vorwurf ist den Gutachtern auch im Falle ihres Werkes „Verbesserung der Schienenanbindung des Flughafens München“ zu machen. Der „Nordtunnel“, der hier skizziert und mit Investitionskosten beziffert wird, hat mit den Planungen von Vieregg/Rößler nichts zu tun. Die Dimensionierung und die Tieflage und damit auch zusammenhängend die Bauweise sind eine völlig andere als von Vieregg/Rößler vorgeschlagen. Die von Vieregg/Rößler als wesentlich erachtete Verbindungskurve von der zweiten Flughafenstrecke über Neufahrn zu den Gleisen in Richtung Freising fehlt gänzlich. Bei der Berechnung des Nutzen-Kosten-Faktors hat man sich sogar dazu verstiegen, die Zweite S-Bahn-Röhre als gegeben zu betrachten (so gesehen ist der dann ermittelte Nutzen-Kosten-Faktor mit 0,9 erstaunlich hoch).
[5] Im Fall des Betriebsprogramms 6S ist der Fahrplan so aufgebaut, dass die S-Bahn Richtung Flughafen Zamdorf jeweils zur Minute 01/16/31/46 durchfährt und eine Minute später Daglfing erreicht 02/17/32/47. In der Gegenrichtung durchfährt sie Zamdorf zur Minute 12/27/42/57, so dass die Trassenwahl für die Güterzüge in Zamdorf durch die Phasenverschiebung von 120 Grad = 5 Minuten eingeschränkt ist. In der Variante 6T sind die Durchfahrtszeiten Zamdorf in Richtung Norden 05/20/35/50 und in Richtung Süden 08/23/38/53, was einer Phasenverschiebung von 72 Grad = 3 Minuten entspricht. Da zugsicherungstechnisch die Gleisbelegungszeit für die S-Bahn bei etwa 3 Minuten liegt, wird die Kapazität hier nur geringfügig weniger eingeschränkt als in der Variante 6S. Die freien Trassen werden lediglich anders verteilt. Selbst dann, wenn im gesamten S-Bahnnetz nur Zwangspunkte bestünden - was bei einer Neuplanung gerade ja umgangen werden soll - wäre die Begründung, dieses Bauwerk aufgrund der größeren Phasenverschiebung von 120 Grad statt 72 Grad (5 Minuten gegen 3 Minuten) nur dem Südring zuzurechnen, an Haaren herbeigezogen, da man dadurch die geringfügige Kapazitätsminderung als Schwellenwert in der Betriebsqualität definiert.
In einer vernünftigen Planung würde das Überwerfungsbauwerk Zamdorf/Daglfing zur Verbesserung der Betriebsqualität zwischen Zamdorf und Johanneskirchen in jedem Fall realisiert - unabhängig vom Fahrplan, da es sich an dieser Stelle aktuell um einen gravierenden Zwangspunkt handelt. Die Kosten dieses Bauwerk jedoch allein dem Südring zuzurechnen, ist absurd, zumal der Fahrplan 6S ohnehin wenig zielführend ist. (aus Thomas Kantke: Stellungnahme zum Gutachten „Vergleichende Untersuchung 2. S-Bahn-Tunnel / Südring“)
[6] Zitat aus dem schon genannten Argumentationskatalog des MVV
[7] „Der Vorschlag, eine Express-S-Bahn mit Fahrzeugen des Fugger-Express einzurichten, entlarvt die Studie als schön gerechnete Unterstützung für den 2. S-Bahn-Tunnel, denn diese Fahrzeuge sind weder technisch (Bahnsteighöhe, Tunnelbetrieb, fehlende LZB) noch praktisch (fehlende Abstellräume, geringe Sitzabstände, wenig Türen) für einen derartigen Verkehr tauglich.“ (Zitat aus einer Stellungnahme des VCD Bayern zum Gutachten „Verbesserung der Schienenanbindung des Flughafens München“)
[8] Es ging hier vor allem um die Verkürzung der Aufenthaltszeiten der Züge in den Bahnhöfen der vorhandenen Stammstrecke, somit um die Erhöhung der Kapazität in Zügen pro Stunde und, sozusagen als Nebenprodukt, auch um die Verkürzung der Reisezeiten in der Stammstrecke. Auch Initiativen, die Bahnsteigkanten mit Bahnsteigtüren auszustatten, waren Gegenstand der Diskussion im Arbeitskreis. Zu den Bahnsteigtüren gab es im Jahr 2003 sogar einen eigenen Arbeitskreis, bei dem wiederum die Verantwortlichen aller oben genannten Stellen dabei waren. Der Arbeitskreis tagte bei DB Station und Service und bei der S-Bahn GmbH. Da die Datenleitungen und Informationen zur Steuerung eines Fahrgastleitsystems und eines Reisendeninformationssystems (RIS) teilweise dieselben sind, wurde im Verlauf des Arbeitskreises die Diskussion um RIS-MVV und DEFAS auf den Arbeitskreis aufgeschaltet.
[9] Vorgesehen sind hier Maisach – Pasing mit Zwischenhalten in Olching und Gröbenzell, Weßling – Pasing mit Zwischenhalt in Germering sowie Grafing – Leuchtenbergring mit Zwischenhalten in Zorneding, Haar und Trudering.
[10] Im Falle der Realisierung des von den „Gutachtern“ präferierten und als vom Nutzen-Kosten-Faktor her als einzig realisierbar bezeichneten Betriebskonzeptes 6T würden 35 Bahnhöfe die Direktverbindung ohne Umsteigen nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) verlieren, weitere drei Bahnhöfe hätten nur noch zur Hauptverkehrszeit direkte S-Bahnen nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig), 14 Bahnhöfe würden zur Hauptverkehrszeit den 10-Minuten-Takt verlieren und nur noch im 15-Minuten-Takt bedient werden, sechs Bahnhöfe würden zur Hauptverkehrszeit den 20-Minuten-Takt verlieren und nur noch im 30-Minuten-Takt bedient werden sowie 32 Bahnhöfe würden im Spätverkehr den 20-Minuten-Takt verlieren und nur noch im 30-Minuten-Takt bedient werden. Hinzu käme, dass aufgrund von Mischverkehren, Eingleisbetrieb und Kurzwenden am Bahnsteig zur Einsparung einer Zugeinheit in den Betriebskonzepten 6T und 6S auf zahlreichen Außenstrecken kein reiner Taktfahrplan vorgesehen wäre (z.B. Geltendorf – Grafrath: 20/18/12 (HVZ), Grafrath – Buchenau: 18/12/18/12 (HVZ, gerade) und 13/17/18/12 (HVZ, ungerade), Buchenau – Pasing: 16/14/16/14, Herrsching – Weßling:16/14/16/14, Neufahrn – Oberschleißheim: 20/14/26 bzw. 20/13/27 (nur Mitfall 1T)).
[11] Von 30 auf dann 33 Zugpaare in der HVZ. Damit könnten vier der S-Bahn-Linien im 10-Minuten-Takt fahren. Für weitere Taktverdichtungen wäre der Ausbau der Infrastruktur auf den Mittel- und Außenästen, vor allem aber auch die Entschärfung von Engpässen am Ostbahnhof, am Leuchtenbergring und in und bei Pasing erforderlich. Hier fehlt es aber am Geld und am politischen Willen.
[12] Sollte die Strecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen viergleisig ausgebaut werden, so wie dies in der Expertise zur Flughafen-Anbindung empfohlen wird, dann würde dies die Möglichkeit schaffen, Güterzüge vom Südring abzuziehen, was wiederum Kapazitäten für S-Bahn-Züge frei machen würde.
Martin Runge, 27.01.2010
*Bessere* *-Bahn statt milliardenteurer Geistertunnel – hier die negativen Auswirkungen der zweiten Röhre und des 15-/30-Minuten-Taktes*
Seit vielen, vielen Jahren (im Mai 2001 fiel der Beschluss für das Projekt, trotz „größter Dringlichkeit“ und „erster Priorität“ hat man es allerdings in diesen neun Jahren nicht einmal geschafft, eine tragfähige Planung hinzubekommen) planen die Bayerische Staatsregierung, die Spitze der Landeshauptstadt München und die DB AG an einer zweiten Münchner S-Bahn-Röhre, eng parallel zum bisherigen Stammstrecken-Tunnel, zur Entlastung und Ergänzung der Stammstrecke herum. Für den S-Bahn-Betrieb ist dann nach den Vorstellungen der Protagonisten der zweiten Röhre ein 15-/30-Minuten-Taktraster vorgesehen, überlagert auf drei der zwölf Außenäste von einer Express-S-Bahn im 30-Minuten-Takt. Die Realisierung und Inbetriebnahme der zweiten Röhre kombiniert mit diesem Betriebskonzept würde jedoch für zahlreiche S-Bahn-Nutzer zu massiven Verschlechterungen führen.
Hier die Verschlechterungen im Falle der Realisierung des von den „Gutachtern“ präferierten und als vom Nutzen-Kosten-Faktor her als einzig realisierbar bezeichneten Betriebskonzeptes 6T im Überblick:
1. 35 Bahnhöfe würden die Direktverbindung ohne Umsteigen nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) verlieren.
2. Weitere drei Bahnhöfe hätten nur noch zur Hauptverkehrszeit direkte S-Bahnen nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig).
3. 14 Bahnhöfe würden zur Hauptverkehrszeit den 10-Minuten-Takt verlieren und nur noch im 15-Minuten-Takt bedient werden.
4. Sechs Bahnhöfe würden zur Hauptverkehrszeit den 20-Minuten-Takt verlieren und nur noch im 30-Minuten-Takt bedient werden.
5. 32 Bahnhöfe würden im Spätverkehr den 20-Minuten-Takt verlieren und nur noch im 30-Minuten-Takt bedient werden.
6. Aufgrund von Mischverkehren, Eingleisbetrieb und Kurzwenden am Bahnsteig zur Einsparung einer Zugeinheit wäre auf mehreren Außenstrecken kein reiner Taktfahrplan mehr vorgesehen (z.B. Geltendorf – Grafrath: 20/18/12 (HVZ), Grafrath – Buchenau: 18/12/18/12 (HVZ, gerade) und 13/17/18/12 (HVZ, ungerade), Buchenau – Pasing: 16/14/16/14, Herrsching – Weßling:16/14/16/14).
7. Zudem wird sich grundsätzlich bei der Einführung des 15-Minuten-Taktes auf den beiden langen Mischbetriebsstrecken, der 34 km langen Strecke der S 4-West von Pasing bis Geltendorf und der 24 km langen Strecke der S 1-West zwischen München Neulustheim und Neufahrn die Betriebsqualität gegenüber dem 20-Minuten-Takt noch einmal massiv verschlechtern, d.h. es kommt zu noch mehr Engpässen und noch mehr Verspätungen, die sich dann wiederum in das gesamte S-Bahn-Netz übertragen.
8. Die bisherige Stammstrecke würde in der Hauptverkehrszeit nur mehr mit 21 S-Bahn-Zügen in der Stunde bedient gegenüber heute 30 Zügen, was eine deutliche Taktverschlechterung für viele wichtige innerstädtische Halte-, Verknüpfungs- und Umsteigepunkte bedeutet.
9. Da die Linien S 2, S 7 und S 20 wiederum vom 15-/30-Minuten-Taktraster, wo im bisherigen 20-Minuten- und partiell 10-Minuten-Takt gefahren werden soll, ausgenommen werden sollen, somit auf der bestehenden Stammstrecke die beiden Taktraster munter durcheinander gewirbelt werden sollen, würde es selbst bei kleineren Verspätungen hier zu großen Verwerfungen kommen.
10. Auch müsste für den Fall der Einführung des 15-/30-Minuten-Taktes bei der S-Bahn dann der Grundtakt der ergänzenden Buslinien verändert werden, was wiederum bedeuten würde, dass aus Finanzgründen in vielen Fällen ein Eindampfen auf einen 30-Minuten-Takt droht.
Fazit: Bau und Inbetriebnahme der zweiten S-Bahn-Röhre würden zu massiven Verschlechterungen für zahlreiche S-Bahn-Fahrgäste führen. Zu Verschlechterungen in der Bedienung (Umsteigezwänge, erzwungene Umwegfahrten, Taktverschlechterungen) kommen partiell auch noch Verschlechterungen in der Betriebsqualität (neue Zwangspunkte). Daneben gibt es gravierende Sicherheitsbedenken. Auch drohen wie schon beim Transrapid die Kosten aus dem Ruder zu laufen. Angesagt wäre deshalb, endlich Abstand zu nehmen von den irrwitzigen Planungen für die zweite S-Bahn-Röhre. Stattdessen gilt es, Maßnahmen wie den Ausbau des Westkopfes Pasing, den Ausbau des Westarmes der S 8 und die Ertüchtigung des Bahn-Südringes, um in Notfällen auf der Stammstrecke als Puffer fungieren zu können und um vom und zum Münchner Süden direktere Verbindungen zu schaffen, in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig muss nach zielführenden Alternativen zur Ergänzung und Entlastung der S-Bahn-Stammstrecke gesucht werden.
Dr. Martin Runge
Nachfolgend der negativen Auswirkungen der Betriebskonzeptes 6T Ast für Ast: (erarbeitet vom Bund Naturschutz in Bayern und vom Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr im Münchner Forum)
*_S1-Freising_*
*Moosach bis Neufahrn*:
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) muß umgestiegen werden.
Ganztags Verdichtung auf 15-Minuten-Takt; also 4 statt 3 S-Bahnen pro Stunde. Da keinerlei Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind, wird der Fahrplan noch unzuverlässiger als heute.
*Pulling und Freising:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) muß umgestiegen werden.
Ganztags Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt. Nur noch 2 statt 3 Fahrten pro Stunde bedeutet ein Drittel weniger S-Bahnen.
*_S2-Erding_*
*Riem bis Markt Schwaben:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Rosenheimer Platz (Gasteig), Isartor, Karlsplatz (Stachus), Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Donnersberger Brücke und Hirschgarten muß umgestiegen werden.
Tagsüber 15-Minuten-Takt statt 20-Minuten-Takt (4 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde). Da an dieser Strecke keinerlei Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind, wird der Fahrplan noch unzuverlässiger als heute. Im Spätverkehr Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde). Die Expressfahrten morgens ab Markt Schwaben entfallen.
*Ottenhofen bis Erding:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Rosenheimer Platz (Gasteig), Isartor, Karlsplatz (Stachus), Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Donnersberger Brücke und Hirschgarten muß umgestiegen werden. Die Expressfahrten morgens ab Markt Schwaben entfallen.
Zur Hauptverkehrszeit 15- statt 20-Minuten-Takt.
*_S3-Mammendorf_*
*Langwied, Lochhausen, Esting, Gernlinden:*
Express-S-Bahnen fahren durch. Zur Hauptverkehrszeit Verschlechterung von 10- auf 15-Minuten-Takt (4 statt heute 6 S-Bahnen pro Stunde), im Spätverkehr Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde); beides eine Angebotsreduzierung um ein Drittel. Tagsüber 15- statt 20-Minuten-Takt.
*Gröbenzell, Olching, Maisach:*
Express-S-Bahnen (halbstündlich) halten. Fahrzeitverkürzung bis Pasing von Gröbenzell 2 Minuten, von Olching 3 Minuten und von Maisach 4 Minuten. Von diesen beschleunigten Fahrten muß allerdings nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) umgestiegen werden.
Die Überlagerung mit dem Viertelstundentakt der normalen S-Bahnen erlaubt allerdings trotz gleicher Fahrtenzahl wie heute keinen glatten 10-Minuten-Takt mehr. Z. B. in Maisach erfolgen die Abfahrten im 12-3-15-Minuten-Takt, diese Abfolge wiederholt sich halbstündlich.
*Malching und Mammendorf:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) muß umgestiegen werden.
Zur Hauptverkehrszeit Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde), eine Angebotsreduzierung um ein Drittel.
Zwischen Maisach und Pasing wird nur noch in Olching und Gröbenzell gehalten und man ist dadurch 4 Minuten schneller in Pasing. Will man nach Esting, Lochhausen oder Langwied, muß man zusätzlich umsteigen (Wartezeit in Maisach: 3 Minuten).
*_S4-Ebersberg_*
*Gronsdorf, Vaterstetten, Baldham, Eglharting, Kirchseeon:*
Express-S-Bahnen fahren durch. Zur Hauptverkehrszeit Verschlechterung von 10- auf 15-Minuten-Takt (4 statt heute 6 S-Bahnen pro Stunde), im Spätverkehr Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde); beides eine Angebotsreduzierung um ein Drittel. Tagsüber 15- statt 20-Minuten-Takt.
*Trudering, Haar, Zorneding, Grafing Bahnhof:*
Express-S-Bahnen (halbstündlich) halten. Fahrzeitverkürzung bis Leuchtenbergring von Haar 2 Minuten, von Zorneding 5 Minuten und von Grafing 8 Minuten. Von diesen beschleunigten Fahrten muß allerdings nach Rosenheimer Platz (Gasteig), Isartor, Karlsplatz (Stachus), Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Donnersberger Brücke und Hirschgarten umgestiegen werden.
Die Überlagerung mit dem Viertelstundentakt der normalen S-Bahnen erlaubt allerdings trotz gleicher Fahrtenzahl wie heute keinen glatten 10-Minuten-Takt mehr. In Grafing Bahnhof erfolgen die Abfahrten im 10-5-15-Minuten-Takt, in Zorneding im 7-8-15-Minuten-Takt. Diese Abfolgen wiederholen sich halbstündlich.
*Grafing Stadt und Ebersberg:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Rosenheimer Platz (Gasteig), Isartor, Karlsplatz (Stachus), Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Donnersberger Brücke und Hirschgarten muß umgestiegen werden.
Zur Hauptverkehrszeit Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde), eine Angebotsreduzierung um ein Drittel.
Zwischen Grafing Stadt und Trudering wird nur noch in Zorneding und Haar gehalten und man ist dadurch 8 Minuten schneller in Trudering. Will man nach Kirchseeon, Eglharting, Baldham, Vaterstetten oder Gronsdorf muß man zusätzlich umsteigen (Wartezeit in Grafing Bahnhof: 5 Minuten).
*_S4-Geltendorf_*
*Leienfelsstraße bis Buchenau:*
Tagsüber 14-16-Minuten-Takt statt 20-Minuten-Takt (4 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde). Wegen Überlagerung mit dem Regionalverkehr ist kein glatter 15-Minuten-Takt möglich. Da an dieser Strecke keinerlei Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind, wird der Fahrplan noch unzuverlässiger als heute. Im Spätverkehr Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde).
*Schöngeising und Grafrath:*
Zur Hauptverkehrszeit 4 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde, wegen Überlagerung mit dem Regionalverkehr aber mit stündlich wechselnden Abfahrtszeiten (halbstündlich 18-12-Minuten-Folge, alle zwei Stunden 13-15-18-12-Minuten-Folge).
*Türkenfeld und Geltendorf:*
Dieselbe Fahrtenzahl wie heute, wegen des veränderten Taktsystems und Überlagerung mit dem Regionalverkehr jedoch im 18-12-30-Minuten-Takt (wiederholt sich stündlich).
*_S6-Tutzing_*
*Lochham bis Starnberg:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) muß umgestiegen werden.
Tagsüber 15-Minuten-Takt statt 20-Minuten-Takt (4 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde), obwohl bis Gauting eigene S-Bahn-Gleise vorhanden sind und ein 10-Minuten-Takt problemlos möglich wäre. Da jenseits von Gauting keinerlei Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind, droht der Fahrplan dennoch unzuverlässiger zu werden. Im Spätverkehr Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde).
*Possenhofen, Feldafing, Tutzing:*
Alle S-Bahnen fahren in den Tieftunnel: nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) muß umgestiegen werden.
Dieselbe Fahrtenzahl wie heute, wegen des veränderten Taktsystems statt glattem 20-Minuten-Takt jedoch im 15-15-30-Minuten-Takt (wiederholt sich stündlich).
*_S8-Herrsching_*
*Neuaubing, Harthaus:*
Express-S-Bahnen fahren durch. Zur Hauptverkehrszeit Verschlechterung von 10- auf 15-Minuten-Takt (4 statt heute 6 S-Bahnen pro Stunde).
*Geisenbrunn, Gilching-Argelsried, Neugilching:*
Express-S-Bahnen fahren durch. Zur Hauptverkehrszeit Verschlechterung von 10- auf 15-Minuten-Takt (4 statt heute 6 S-Bahnen pro Stunde), im Spätverkehr Verschlechterung von 20- auf 30-Minuten-Takt (2 statt heute 3 S-Bahnen pro Stunde); beides eine Angebotsreduzierung um ein Drittel. Tagsüber 15- statt 20-Minuten-Takt.
*Germering-Unterpfaffenhofen und Weßling:*
Express-S-Bahnen (halbstündlich) halten. Fahrzeitverkürzung bis Pasing von Germering 3 Minuten, von Herrsching 8 Minuten. Von diesen beschleunigten Fahrten muß allerdings nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) umgestiegen werden.
Die Überlagerung mit dem Viertelstundentakt der normalen S-Bahnen erlaubt allerdings trotz gleicher Fahrtenzahl wie heute keinen glatten 10-Minuten-Takt mehr. Z. B. in Weßling erfolgen die Abfahrten im 10-5-15-Minuten-Takt, diese Abfolge wiederholt sich halbstündlich.
*Steinebach, Seefeld-Hechendorf, Herrsching:*
Außerhalb der Hauptverkehrszeiten nur noch 30- statt 20-Minuten-Takt mit 8 Minuten Fahrzeitgewinn bis Pasing. Dafür fahren außerhalb der Hauptverkehrszeit fahren alle S-Bahnen in den Tieftunnel: nach Hirschgarten, Donnersberger Brücke, Hackerbrücke (Busbahnhof, Wiesn), Karlsplatz (Stachus), Isartor und Rosenheimer Platz (Gasteig) muß umgestiegen werden.(außerdem nach Neugilching, Gilching-Argelsried, Geisenbrunn, Harthaus und Neuaubing)
Zur Hauptverkehrszeit 14-16-Minuten-Takt aus Express- und normalen S-Bahnen im Wechsel.
*_S8-Flughafen_*
ganztags Verdichtung auf 15-Minuten-Takt; also 4 statt 3 S-Bahnen pro Stunde. Da keinerlei Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind, wird der Fahrplan noch unzuverlässiger als heute.
Für die Strecken der S2-Petershausen, S3-Holzkirchen, S7-Wolfratshausen und S7-Kreuzstraße ist ein unveränderter Betrieb im 10- bzw. 20-Minuten-Takt vorgesehen.