Frage an Martin Hahn von Wolfgang R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Hahn!
Gestern (9.10.) hörte ich in den Tagesthemen von den Vorsitzenden der Grünen, dass sie die Flüchtlingspolitik zu einem zentralen Thema der Koalitionsverhandlungen mit der CDU machen werden. In den Tagesthemen am Tag zuvor kündigte Anton Hofreiter in einem Interview eine humane Flüchtlingspolitik seiner Partei an. Eine Stunde vorher wurde im „Report Mainz“ berichtet, dass die zuständigen Bundesländer nur Symbolpolitik betreiben, weil sie viel zu hohe finanzielle Hürden für die Aufnahme von Syrischen Flüchtlingen durch ihre Verwandten in Deutschland aufbauten, um Kosten für den Landeshaushalt zu vermeiden. Spitzenreiter sei das von den Grünen geführte BW mit einem Nettomindestgehalt von 3100 €/Monat, was nur von wenigen Syrern erreicht wird.
Wie passt das zusammen? Wissen die Landesgrünen nicht was die Bundesgrünen wollen? Welche praktische Flüchtlingspolitik gilt denn nun bei den Grünen? Kann man jetzt auch den Grünen Verlautbarungen nicht mehr trauen?
Wäre dieser Wirrwarr vor der Bundestagswahl bekannt geworden, dann hätte ich die Grünen mit Sicherheit nicht gewählt!
Mit freundlichem Gruß,
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
Im März 2013 hat des Bundesministerium des Inneren im Einvernehmen mit den Innenministern der Länder entschieden, insgesamt 5000 syrische Flüchtlinge vorübergehend in Deutschland zur Milderung der Flüchtlingskrise in Syrien und dessen Anrainerstaaten aufzunehmen. Hiervon werden 650 dieser 5000 von Baden-Württemberg aufgenommen. Als erstes Bundesland hat Baden-Württemberg die Initiative ergriffen mehr Flüchtlinge (v.a. mit engen verwandtschaftlichen Beziehungen) darüber hinaus aufzuheben. Eine entsprechende Aufnahmeanordnung für zusätzlich 500 Flüchtlinge wurde vom Bundesministerium genehmigt. Die grüne Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg ist in Verhandlungen mit dem Innenministerium BW über die Ausweitung des Zusatzkontingents des Landes sowie über die Ausgestaltung der Aufnahmemodalitäten, insbesondere zum Thema Bürgschaften durch Angehörige und Übernahmepflichten für Krankenversorgung. Dazu gibt es noch keine Ergebnisse. Das Innenministerium BW beruft sich darauf, dass auf der Innenministerkonferenz vereinbart worden sei, bei der Ausgestaltung der Aufnahmeanordnungen keine Alleingänge der Länder zu unternehmen. Nichtsdestotrotz haben in den vergangenen Wochen einige Bundesländer mögliche Hürden beim Zuzug von Flüchtlingen gesenkt. Trotz der Änderungswünsche darf nicht vergessen werden, dass Baden-Württemberg hier eine Pionierfunktion hatte und als erstes Bundesland eine landeseigenes Kontingent geschaffen hat, die übrigen Bundesländer haben sich dann drangehängt.
Auch in der Flüchtlingsaufnahme geht Baden-Württemberg große Schritte. So hat die Landesregierung die Residenzpflicht auf die Landesgrenzen ausgeweitet, die Versorgung mit Geld- statt Sachleistungen vereinfacht und die Unterbringung in Wohnungen ermöglicht. Mit dem neuen Flüchtlingsaufnahmegesetz, das Anfang 2014 in Kraft treten soll, wird die Mindestwohnfläche pro Person von derzeit 4,5 auf 7 qm erhöht, die Unterbringung in Wohnungen wird weiter vereinfacht, es wird erstmals überhaupt Geld für Sprachkurse während des Asylverfahrens eingestellt und die Mittel für Sozialberatung werden voraussichtlich aufgestockt. In der Erstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe wird das Personal aufgestockt und eine unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung schon dort sichergestellt. Baden-Württemberg setzt sich außerdem über den Bundesrat für eine stichtagsfreie Bleiberechtsregelung und ein Ende des Arbeitsverbots für Flüchtlinge ein.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Hahn