Frage an Martin Hahn von Ruth M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hahn,
Als Bürgerin von Deisendorf und Mutter von drei kleinen Kindern mache ich mir Gedanken über die Strahlenbelastung, der wir durch die wachsende Menge von Mobilfunksendeanlagen ausgesetzt sind und deren langfristige Auswirkungen wir nicht vorhersehen können. In einer Informationsveranstaltung hier in Deisendorf vor ein paar Wochen hatten einige BürgerInnen die Idee, dass man sich doch zumindestens für eine stärkere künftige Selbstbestimmung von Bürgern und Gemeinden in Bezug auf die Errichtung von Sendeanlagen stark machen könnte. Deshalb die Frage an Sie: Welche Chancen sehen Sie, dass die Baugesetze dahingehend geändert werden, dass man als Bürger/Gemeinde nicht erst von einem Mobilfunkmasten erfährt, wenn er z.B. beim Nachbarn auf dem Dach errichtet wird?
Meine zweite Frage ist folgende: Denken Sie, es wäre sinnvoll, wenn wir hier in Deisendorf Unterschriften sammeln von BürgerInnen, die dieses Anliegen ( Änderung der Baugesetze) unterstützen? Würde Ihnen das den Rücken stärken?
Ich freue mich auf eine Antwort von Ihnen und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ruth Meishammer
Sehr geehrte Frau Meishammer,
Zu Ihrer ersten Frage: Die Baugesetze können wir in Baden-Württemberg nicht ändern. Das ist Bundesangelegenheit und der Bundestag ist hierfür zuständig.
Was wir aber selbst tun können, ist die Landesbauordnung (LBO) ändern und dort die Genehmigungspflicht für Mobilfunkmasten, die kleiner als 10 Meter sind, wieder einführen. Gemäß des Koalitionsvertrags ist dies auch so vorgesehen.
Derzeit ist die Errichtung von Sendeanlagen noch genehmigungsfrei, soweit sie eine Höhe von 10 Meter nicht überschreiten. Die Kommunen haben grundsätzlich nur dann die Möglichkeit, bauplanungsrechtliche Schritte gegen eine Mobilfunkanlage an einem konkreten Standort zu unternehmen, wenn die Anlage städtebauliche Relevanz hat, also das Stadtbild verändert.
Die Änderung der Landesbauordnung mit Genehmigungspflicht für Mobilfunkmasten unter 10 Meter allein ist aus meiner Sicht aber noch keine ausreichende Möglichkeit, Mobilfunkmasten zu verhindern. Denn die Mobilfunkmasten und Basisstationen werden von der Bundesnetzagentur genehmigt. Und dies ist eigentlich immer der Fall, sofern die Immissionen zulässige Werte nicht übersteigen. Eine Gemeinde kann keine mobilfunkfreie Zone auf ihrer Gemarkung einrichten und alle Masten verbieten.
Weil die Rechtslage so ist, wie sie ist, diskutieren wir in der Fraktion das sinnvollste Vorgehen bei die Problematik.
Die Einführung der Genehmigungspflicht in der LBO hätte immerhin den Effekt, dass die Gemeindeverwaltung und der Gemeinderat sich mit dem Thema befassen müssten und Anwohner beteiligt werden müssten. Damit würde Öffentlichkeit hergestellt.
Ich persönlich halte es aber für zielführender, dass die Kommunen ein Mobilfunkvorsorgekonzept erstellen. So können sie Standorte von Mobilfunkmasten im Flächennutzungsplan und in den Bebauungsplänen ausweisen. Wenn neue Masten aufgestellt werden sollen, ist das dann nur an diesen klar definierten Stellen möglich. Sobald bei bestehenden Masten die Mietverhältnisse enden, könnte diese Standorte, wenn er im Mobilfunkvorsorgekonzept nicht als Standorte genannt sind, entfallen.
Auf diese Weise kann eine Gemeinde über einen längeren Zeitraum erreichen, dass nur noch dort die Masten stehen, wo die Gemeinde das für sinnvoll erachtet. Das Ziel ist dabei auch die Strahlungsminimierung. Viele Kommunen haben mit dem Erstellen eines Mobilfunkvorsorgekonzepts einen unabhängigen Gutachter beauftragt.
Zu Ihrer zweiten Frage: Vorausgesetzt, dass es in Ihrer Gemeinde bisher noch kein Mobilfunkvorsorgekonzept gibt, wäre es sicher sinnvoll, wenn sich Bürgerinnen und Bürger dafür engagieren.
Mit freundlichem Gruß
Martin Hahn