Portrait von Martin Häusling
Martin Häusling
Bündnis 90/Die Grünen
0 %
/ 0 Fragen beantwortet
Frage von Stefan R. •

Frage an Martin Häusling von Stefan R. bezüglich Verkehr

Was unternehmen Sie, damit die mehr als 400 Mediziner und Naturwissenschaftler endlich ernst genommen werden, die einen einstweiligen Ausbaustopp des neuen 5G-Mobilfunknetzes fordern und warnen: „Mit der Implementierung von 5G drohen ernste, irreversible Konsequenzen für den Menschen“?
http://www.aerzte-und-mobilfunk.eu/
https://www.emfdata.org/de

Wie werden Sie zu 5G abstimmen? Ausbaustopp? Oder zumindest strengere Grenzwerte als heute, entsprechend denen der Schweiz, fordern?

Sie stehen Sie dazu, dass die EU-Komission hier die Anwendung des Vorsorgeprinzips verweigert und auf die 'ICNIRP'-Komission verweist, welche lediglich ein privater in Deutschland eingetragener Verein ohne jeden amtlichen Charakter ist, der seine Mitglieder selbst rekrutiert und dabei Fachleute mit abweichenden Meinungen ausschließt, obwohl fünf öffentlich bekannte Untersuchungen besorgniserregende Ergebnisse bescheinigen?
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/elektrosmog-europa-ignoriert-moegliches-krebsrisiko-von-5g/23855700.html

Ferner, was müsste passieren, damit man bei der Entscheidung über 5G auch die zunehmende Verwundbarkeit unserer Infrastrukturen gegenüber Cyber-Attacken berücksichtigt, die unvermeidlich aus der zunehmenden digitale Venetzung resultiert und uns sogar als Nation bezüglich Cyber-Krieg erpressbar macht?
http://mediathek.daserste.de/Reportage-Dokumentation/Die-Story-im-Ersten-Schlachtfeld-Intern/Video?bcastId=799280&documentId=25812360

Portrait von Martin Häusling
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr R.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir nehmen ihre Kritik und ihre Anregungen sehr ernst.
Ich stimme Ihnen zu, dass wir nur mit Vorsicht und Vernunft den Ausbau von 5G vorantreiben können. Wir Grüne im Europäischen Parlament setzen seit jeher auf das Vorsorgeprinzip und werden das auch beim Ausbau von 5G nach Möglichkeit berücksichtigen. Gerne beantworte ich im Folgenden ihre Fragen und Anregungen:
Drohen mit 5G ernste, irreversible Konsequenzen?
Es gibt insgesamt wenig ausschlaggebende Hinweise, dass sich die Strahlenbelastung durch den Ausbau des 5G-Netzes signifikant erhöht. Von den Studien, die wissenschaftlichen Standards genügen, konnten nur sehr wenige auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung hinweisen. Entgegen vielfacher Behauptung führt eine hohe Anzahl an Sendeanlagen nicht automatisch zu einer höheren Strahlungslast – ganz im Gegenteil. Da die Mobilgeräte bei einem schlecht ausgebauten Netz deutlich stärker funken müssen als in einem dicht ausgebauten Netz, reduzieren viele Basisstationen die Strahlungsbelastung sogar.

Wir Grüne nehmen alle Hinweise sehr ernst und setzen uns für die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für Umwelt und Gesundheit ein und fordern die Wirkung von elektromagnetischen Feldern auf Mensch und Umwelt weiter zu erforschen. Wir werden Hinweise auf tatsächliche Gefährdungen durch Funkstrahlung unterhalb der Grenzwerte ernst nehmen. Wir fordern zudem, das Netz Topographisch aufzubauen, so dass die Strahlenbelastung so gering wie möglich bleibt.
Im Europäischen Parlament haben wir zusätzliche Studien und weitergehende Forschung angeregt und werden die Ergebnisse gern teilen, sobald sie vorliegen.
Ist 5G-Strahlung grundsätzlich schädlich?
Stand der Forschung ist nach unserem Kenntnisstand folgender: Bei 5G handelt es sich um eine nicht-ionisierende Strahlung, die die menschliche DNA nicht direkt beeinträchtigt. Eine schädigende Wirkung des Mobilfunks kann innerhalb der gültigen Grenzwerte nicht belegt werden; die Grenzwerte und Messmethoden sind jedenfalls im Frequenzbereich bis 3,6 GhZ auf Basis vieler Studien etabliert. Lediglich bei ionisierender Strahlung können Schädigungen nachgewiesen werden, das allerdings bei deutlich höheren Frequenzen, als sie im Mobilfunk und auch bei 5G genutzt werden.
Zu Forschung an Mäusen:
Im Tagesspiegel wird eine Studie zu Mäusen zitiert, die wir allerdings nicht beim Bundesamt für Strahlenschutz verorten konnten, sondern bei einer US-amerikanischen Behörde für Toxikologie. Bei den tierexperimentellen Studien wurden 3000 Mäuse und Ratten über zwei Jahre hinweg täglich neun Stunden am ganzen Körper einer hohen elektromagnetischen Strahlung ausgesetzt. Bei männlichen Ratten wurde dabei ein erhöhtes Herzkrebsrisiko ermittelt. Es galt jedoch nicht für die weiblichen Ratten und auch nicht für die Mäuse. Heraus kam auch, dass die meisten Testtiere deutlich älter wurden als die Vergleichstiere und damit ein höheres Krebsrisiko hatten. Überdies wurden die Tiere einer Strahlung ausgesetzt, die 20-fach höher lag als die geltenden Grenzwerte.
Bei der in ihrem Artikel skizzierten Ramazzini-Studie (von Belpoggi und anderen) handelt es sich, gemessen an der Tierzahl, um die größte jemals durchgeführte Tierstudie zur Frage, ob lebenslange Bestrahlung von Mobilfunkbasisstationen bei Ratten krebserregend wirkt. Das Bundesamt für Strahlenschutz schreibt uns dazu, die “beobachtete Inzidenz von Herztumoren in männlichen Ratten lag in allen Expositionsgruppen im Schwankungsbereich der spontanen Hintergrundrate und in der mitgeführten umfangreichen Kontrollgruppe lag die Inzidenz dieser Erkrankung im Vergleich zu Kontrolldaten aus anderen Experimenten ungewöhnlich niedrig. Obwohl Falcioni et al. eine Vielzahl von statistischen Tests durchgeführt haben, ist die im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöhte Inzidenz von Herztumoren in der höchsten Expositionskategorie ohne Berücksichtigung des multiplen Testens als statistisch signifikant bewertet worden. Aus diesen Gründen ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem einzigen statistisch signifikanten Ergebnis der Ramazzini-Studie um ein falsch positives Ergebnis handelt, nicht vernachlässigbar.” Sie können eine ausführliche und sachliche Einordnung der Studie beim BfS nachlesen: https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/stellungnahmen/emf/langzeitstudie-ratten-ramazzini.html

Es ist seit Jahren Konsens innerhalb der Strahlenforschung, dass man möglichst nicht mit dem Mobiltelefon am Ohr telefonieren solle, sondern die Freisprechfunktion oder ein Headset nutzen solle. Die Strahlenbelastung, die durch Mobilfunktürme entsteht, ist um ein Vielfaches geringer als die durch den direkten Kontakt zu einem Mobiltelefon. Daher gibt es auch hier keine wissenschaftlichen Belege für die Schädlichkeit von 5G-Strahlen.
Zur Bewertung der WHO:
Die WHO hat elektromagnetische Strahlung tatsächlich in die Gruppe 2B "möglicherweise krebserregend" der IARC-Skala eingruppiert. Diese Eingruppierung sagt jedoch nur aus, dass eine krebserregende Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann. Dies ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, um weitere Forschungen und Studien zu begründen. In der Gruppe 2B "möglicherweise krebserregend" befinden sich auch viele weitere Stoffe wie u.a. auch saures Gemüse oder Aloe Vera.
Zu der Kritik am Beratergremium ICNIRP und Forschung allgemein:
Die wissenschaftliche Koordination für den privaten ICNIRP-Verein erfolgt durch die Leiterin des Fachbereichs für elektromagnetische Felder beim Bundesamt für Strahlenschutz. Damit ist ein hohes Maß an Wissenschaftlichkeit gewährleistet.
Zu ihrer Frage nach der Datensicherheit:
Wir Grüne plädieren dafür, sich auf die Stärken der europäischen IT-Unternehmen Nokia und Ericsson zu besinnen, die beide schon heute weltweit 5G-Netze bauen. Diese können technologisch mithalten und sind innovativ.
Eine klare Absage erteilen wir dem Netzausbau mit Huawei: Der Einsatz von Huawei-Komponenten birgt Risiken, die nur äußerst schwer abzusehen sind. Wir müssen abwägen, ob wir schnellstmöglich ein 5G-Netz zur Verfügung haben wollen oder es gegebenenfalls besser ist, Verzögerungen in Kauf zu nehmen, dafür aber später sicherere Netze zu haben. Es ist fahrlässig, für hochsicherheitsrelevante digitale Infrastrukturen auf Konzerne aus autoritären Staaten zu setzen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort ein bisschen weiterhelfen.

Mit herzlichen Grüßen,
Martin Häusling

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Martin Häusling
Martin Häusling
Bündnis 90/Die Grünen