Frage an Martin Häusling von Gerhard R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Häusling,
Auf Ihrer Internet-Seite haben Sie Stellung genommen zur geplanten EU-Saatgutverkehrsverordnung:
"Die Vorlage der EU-Kommission für ein neues, europaweites Saatgutrecht ist ein Schlag ins Gesicht all jener Züchter, die sich seit Jahren um mehr Artenvielfalt im Acker-, Obst- und Gemüseanbau kümmern."
Nachdem der Agrarausschuss jetzt federführend ist für die Behandlung des Themas: Welche Initiativen werden Sie dort einbringen zur Abänderung der Verordnung, damit Erhalter der alten Vielfaltssorten nicht vor EU-Bürokratie und Kosten aufgeben müssen und damit aus deren Arbeit ein breiter Strom von Saaten entsteht als Alternative zu den Industriesorten?
Sehr geehrter Herr Roth,
vielen Dank für Ihr Interesse an der EU-Saatverordnung.
Meine Bewertung http://martin-haeusling.de/images/attachments/130612%20Martin%20Husling%20Harald%20Ebner%20Briefing%20Saatgut.pdfaus dem Frühjahr dieses Jahres kennen Sie bereits, in der ich die Problemfelder des Verordnungsentwurfes darstelle. Für uns Grüne steht fest, dass der Erhalt der Biodiversität und der Schutz der Interessen von Kleinzüchtern, der Landwirte und der Hobbygärtner im Vordergrund steht. Der vorliegende Verordnungsvorschlag der EU-Kommission für ein neues, europaweites Saatgutrecht birgt große Schwierigkeiten für all jene Züchter, die sich seit Jahren um mehr Artenvielfalt im Acker-, Obst- und Gemüseanbau kümmern.
Mit der Vereinheitlichung des EU- Rechts, das die gegenseitige Anerkennung des nationalen Rechts ablösen soll, werden teure europaweite Zulassungsverfahren nötig. Das schwächt gerade die vielen innovativen mittelständischen Zuchtunternehmen, die sich diese Verfahren nicht werden leisten können.
Es muss verhindert werden, dass alte Sorten zum Nischenprodukt werden, das sieht nämlich der Verordnungsentwurf vor. Auch darf es nicht sein, dass zukünftig beispielsweise ökologisches Saatgut aufgrund einer -- aus EU-Sicht nicht ausreichend vorhandenen Homogenität -- vom Markt gedrängt wird. Auch die Ausnahmeregelungen für Kleinzüchter sind aus Grüner Sicht unzureichend.
Im Gegenteil, in der jetzigen Form würde der Vorschlag Konzerne stärken, die ein Interesse an einem auf wenige, aber hochprofitable Sorten beschränkten Saatgutspektrum haben, das allein auf hohen Ertrag gezüchtet ist. Es profitieren die Erzeuger von Hybrid-Saatgut und jene Unternehmen, die nun mit Rückendeckung der Kommission globale Märkte bedienen, und ein Rundumsorglos-Paket mit Saatgut, Dünger und Pestiziden anbieten.
Sie fragen mich, wie ich mich persönlich als Grüner Agrarpolitiken des EU-Parlaments in das Verfahren einbringen werde.
Wie Sie sicherlich wissen, hat die politische Mehrheit im Agrarausschuss entschieden, dass der konservative italienische Abgeordnete Sergio Silvestris den parlamentarischen Bericht zur Saatgutgesetzgebung erhielt. Seinen Berichtsentwurf wird der Berichterstatter Ende Oktober vorlegen. Diesen Vorschlag werden wir kritisch prüfen und dann u.a. in Form von Änderungsanträgen reagieren.
Ich kann Ihnen sagen, dass wir Grüne über das direkte parlamentarische Verfahren hinausgehend informieren und auch mobilisieren. Wir Grüne unterstützen z.B. die Seed Freedom Campaign http://www.seedfreedom.eu/ , in der jeder unterzeichnen kann, der sich für Saatgutfreiheit einsetzt. Über den Link auf unserer Fraktionswebseite können Interessierte unsere Diskussionsveranstaltung mit Vandana Shiva http://www.greens-efa.eu/eu-seed-regulation-10600.html , der indische Umweltaktivistin und Bürgerrechtlerin, zum Thema Saatgut verfolgen.
Schon jetzt ist klar, dass die Aktivität der kritischen Menschen in Europa und der NGOs wichtig ist, wenn es darum geht, den Kommissionsvorschlag in der jetzt vorliegenden Form abzuwenden. Es steht jedem frei, sich z. B. in Aktionen an Abgeordnete aller Fraktionen zu schreiben und das Augenmerk auf die Unzulänglichkeiten des jetzigen Entwurfs zu lenken.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Häusling