Frage an Martin Gerster von Rainer K. bezüglich Umwelt
Bei der Novellierung des Energieeinspeisegesetzes (EEG 2009) wurde rückwirkend (!) die Definition von (Klein-)Anlagen geändert. Dies führt dazu, dass für viele bestehende Anlagen die Einspeisevergütungen drastisch gekürzt werden und diese nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind. Stellvertretend für etliche andere sei hier nur der Biogaspark Penkun genannt, der von 5.400 Kleinanlegern finanziert wurde. Aus meiner Sicht stellt diese rückwirkende Änderung eine Willkürentscheidung dar, die nicht nur einer verfassungsrechtlich unzulässigen Enteignung zahlreicher gutwilliger Kleinanleger gleichkommt, sondern auch im Bereich der erneuerbaren Energien neue Investitionen, die wir vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Rezession dringend brauchen, abwürgen wird. Halten Sie hier nicht zumindest einen Bestandschutz für angebracht, wie er vom Bundesrat bereits vorgeschlagen wurde ?
Ähnliche Probleme gibt es übrigens auch im Bereich des Biodiesels, wo ebenfalls viele heimische Anlagen vor dem Aus stehen und neben den Investitionen der Betreiber auch staatliche Fördergelder ohne nachhaltige Wirkung bleiben werden. Sollte nicht auch hier etwas getan werden ?
Sehr geehrter Herr Kaluscha,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Behandlung kombinierter Kleinanlagen im Bereich der Biomassenutzung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz von 2009 (EEG 2009). In den vergangenen Monaten haben mich zu diesem Thema zahlreiche ähnliche Anfragen erreicht, auf die ich wie folgt geantwortet habe:
Im EEG sind Vergütungssätze für Biomasseanlagen geregelt, die zwischen kleinen und großen Biomasseanlagen differenzieren. Die Sätze für die Kilowattstunde Strom sind nach der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Größenklasse bestimmt und sinken je größer die Biomasseanlage ausgelegt ist. Bereits im EEG 2004 war nach § 3 Absatz 2 geregelt, dass mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien unter bestimmten Voraussetzungen als eine Anlage im Sinne der Vergütung zu behandeln sind.
Einzelne Betreiber von Biomasseanlagen haben in Kenntnis dieser Vorschrift ihre Anlagen gleichwohl modulartig aufgebaut, um die hohe Vergütung für Kleinanlagen zu erhalten. Damit wurde aber das EEG 2004 und der Gesetzeszweck des § 3 Absatz 2 bewusst umgangen. Dieses Vorgehen war bereits damals rechtswidrig und die Betreiber hatten demnach keinen Anspruch auf den erhöhten Vergütungssatz. Die Bundesregierung hat dies im August 2006 auf Antrag des Bundesrates auch ausdrücklich festgestellt.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Frage der missbräuchlichen Nutzung des Anlagenbegriffes genau geprüft. Wir haben über mehrere Jahre hinweg beobachtet, wie Einzelne bestehende Vollzugslücken ausgenutzt haben. Dies konnte der Gesetzgeber nicht länger hinnehmen. Die Bundesregierung hat daraufhin im Rahmen des EEG 2009 eine Klarstellung in § 19 EEG vorgeschlagen, die von beiden Koalitionsfraktionen verabschiedet wurde. Diese Regelung ist inhaltlich identisch mit der bisherigen Regelung aus dem EEG 2004 und somit keine Neuregelung. Damit stellt sich aber auch nicht die Frage des Bestandsschutzes.
Wir haben Verständnis dafür, wenn Kleinanleger aufgrund der bestehenden Gesetzeslage um die Früchte ihres Investments fürchten. Soweit es beim Abschluss entsprechender Verträge zwischen Kleinanleger und dem Unternehmen bzw. durch die Vermittlung der beratenden Bank keine Hinweise auf eventuell bestehende Risiken gegeben hat, sollten sich die Betroffenen mit der örtlichen Verbraucherberatung in Verbindung setzen. Hier könnten sich ggf. Regressansprüche gegen das Unternehmen oder gegen die beratende Bank ergeben. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Der Bundesrat hat im November 2008 einen Änderungsantrag zum EEG beschlossen, der die Anwendung des § 19 EEG nur für Neuanlagen gelten lassen will. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2009 empfohlen, den Ausgang von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung zur Geltung des § 19 EEG für bestehende Anlagen, die beim Bundesverfassungsgericht abhängig sind, abzuwarten.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes feststellen, ob ein Anpassungsbedarf beim EEG 2009 besteht.
Was Ihre Frage nach der Preisentwicklung im Bereich des Biodiesels angeht, vollziehe ich Ihre Sorge um die zahlreichen kleinen Biospritherstellern durchaus nach. Wir haben es hier allerdings mit einem Problem zu tun, das sich aus den im Zuge der globalen Rezession stark gefallenen Preisen für fossile Brennstoffe ergibt. Gerade angesichts dieser Entwicklung sind die auf Rapsöl ausgerichteten Betriebe in Deutschland nicht mehr konkurrenzfähig - auch im Vergleich zu ausländischen Palm und Sojaölproduzenten.
Alle Versuche, diese Betriebe durch staatliche Unterstützungsleistungen marktfähig zu halten, stoßen - so fürchte ich - schnell an die Grenzen der ökonomischen Vernunft, des EU-Subventionsrechtes und - wenn Sie an die Tank vs. Teller-Debatte denken - letztlich auch der Ethik.
Mit freundlichen Grüßen nach Bad Wurzach
Martin Gerster