Frage an Martin Gerster von Dorothea G. bezüglich Verteidigung
Wie ist Ihre Haltung zu Kampfdrohnen?
Sehr geehrte Frau Gaumnitz,
vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Nachricht. Für uns als Sozialdemokraten steht fest, dass wir einer Bewaffnung von Drohnen gegenwärtig nicht zustimmen. Die bisherige Diskussion um die Bewaffnung von Drohnen halten wir für nicht ausreichend. Wir erachten es als notwendig, eine breite Debatte zu führen, die sich mit dem Für und Wider einer Bewaffnung von Drohnen auseinandersetzt. Dazu haben wir im März dieses Jahres in der SPD einen ergebnisoffenen Diskussionsprozess gestartet. Auf Grundlage dieses Ergebnisses werden wir eine Entscheidung darüber treffen, wie wir uns zukünftig zur Frage der Bewaffnung von Drohnen positionieren werden. Bereits heute und unverrückbar steht für uns fest: Den Einsatz vollautomatisierter Systeme lehnen wir grundsätzlich ab! Dieser Grundsatz ist nicht verhandelbar.
In Anbetracht dieses Hintergrundes haben unsere Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker am 14.04.2021 dem Beschaffungsvorhaben zur Entwicklung und Kauf der Eurodrohne in den jeweiligen Ausschüssen zugestimmt. Dies haben sie in ihrer besonderen Verantwortung gegenüber den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und der Verlässlichkeit Deutschlands als europäischer Partner getan. Wenngleich die Entwicklung und der Kauf von Munition für die Eurodrohnen nicht Bestand der zugestimmten Beschaffungsvorlage ist, haben wir dem Bundesministerium der Verteidigung den Kauf von Munition und auch die Ausbildung von Soldatinnen und Soldaten an der Waffenanlage untersagt. Dies haben wir in Form eines sogenannten Maßgabebeschlusses geregelt. Der Kauf von Munition kann erst dann erfolgen, wenn der Bundestag gesondert darüber entscheidet und zugleich diesen Maßgabebeschluss aufhebt. Auch die Kostenkontrolle dieses Projektes durch das Parlament haben wir in diesem Beschluss verankert.
Neben der Eurodrohne gibt es noch ein weiteres gemeinsames europäisches Rüstungsprojekt, das für Deutschland und Europa von besonderer Bedeutung ist: das Future Combat Air System (FCAS).
Die heutigen wesentlichen europäischen Kampfflugzeuge werden in den nächsten Jahrzehnten durch neue Systeme ersetzt werden müssen. Wir arbeiten daher gemeinsam mit Frankreich und Spanien an der Entwicklung eines neuen europäischen Kampfflugzeuges. Dies soll ab dem Jahr 2040 als Nachfolge für die derzeit im Betrieb befindlichen Jets Eurofighter und Rafale eingesetzt werden. Bei dem neu zu entwickelnden Flugzeug handelt es sich um das Kernstück eines vernetzten Systems, eines sogenannten „System of Systems“. Erste Überlegungen gehen dahin, dass ein bemanntes Kampfflugzeug von Aufklärungsdrohnen begleitet und gemeinsam eingesetzt werden könnte.
Das Projekt steht noch am Beginn einer langen Entwicklungsphase. In einem nächsten Schritt soll nun eine Studie zur konzeptionellen Ausplanung eines neuen Kampfflugzeuges durchgeführt werden. Aktuell liegt dem Deutschen Bundestag aber keine entsprechende Beschaffungsvorlage für die Finanzierung dieser Studie vor.
Auch für das Projekt FCAS gilt, dass unterschiedliche Partner in Teilen unterschiedliche Vorstellungen über die Einsatzzwecke eines neuen Kampfflugzeugsystems haben. Dazu gehört auch der Aspekt einer möglichen Befähigung des Flugzeuges zum Transport und Einsatz von nuklearen Waffen.
Derzeit sind im Rahmen der sogenannten Nuklearen Teilhabe der NATO auch Kampfflugzeuge der Bundeswehr vom Typ Tornado befähigt, Nuklearwaffen zu transportieren und einzusetzen. Diese Flugzeuge sind mittlerweile veraltet und müssen in den nächsten Jahren ersetzt werden.
Als Sozialdemokraten haben wir eine klare Position zu Atomwaffen: Wir fordern den Abzug aller Atomwaffen aus Europa und setzen uns für eine atomwaffenfreie Welt ein. Daher werden wir auch vor einer möglichen Ersatzbeschaffung für die nuklearfähigen Tornado-Flugzeuge der Bundeswehr eine gewissenhafte und breite Diskussion über die technische nukleare Teilhabe führen. Das Ergebnis dieser Diskussion wird auch leitend sein für unsere zukünftige Ausrichtung im Projekt FCAS.
Im Zuge der Bewilligung von Geldern für die einzelnen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr verfügen wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier über ein starkes Kontrollinstrument. Dieser verantwortungsvollen Aufgabe sind wir in den Fachausschüssen immer gerecht geworden. Die Projekte Eurodrohne und FCAS werden wir auch weiterhin gewissenhaft und orientiert an verantwortungsvoller sozialdemokratischer Politik parlamentarisch begleiten.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Gerster