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Martin Gerster
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Frage von Winfried R. •

Frage an Martin Gerster von Winfried R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Gerster,

ich bin sicher, dass Sie rechnen können. Aber Sie tun gerade so, als ob der Arbeiter in diesem Beispiel schon die ersten EUR 20000 mit 25% versteuern müsste.
Die sind nähmlich steuerfrei! Erst wenn er mehr als diese 20000.- Euro verdient muss er Steuer zahlen.
Würde er als Beispiel 40000.- verdienen, würde er für sein ges.Bruttoeinkommen nur 12,5% zahlen müssen.
Ich kenne nicht viele Arbeiter / Krankenschwestern / Frisörinnen etc. die dann 25% Ihres gesamten Bruttoeinkommens an Einkommensteuern bezahlen müssten. Sie und Ihre SPD haben die Wähler Falsch informiert! Und keiner hat gerechnet.
Schade

Mit freundlichen Grüssen
Winfried Rau

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Rau,

obwohl Ihre Stellungnahme keine Frage darstellt, habe ich mich entschlossen sie trotzdem freischalten zu lassen und zu beantworten. Sie erheben darin einen schweren Vorwurf, den ich nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen will. Natürlich wäre es unrichtig zu behaupten, bei Kirchhof zahle die Krankenschwester genauso viel wie der Chefarzt. Und in der Tat sollten durch Freibeträge und eine Vereinfachungspauschale Geringverdienern auch bei Kirchhof gewisse Entlastungen zugute kommen. An der grundlegenden Ungerechtigkeit seines Flat-Tax-Modells ändert das jedoch nichts.

Kirchhofs Konzept verfolgte erklärtermaßen zwei Ziele: Es sollte zu mehr Verteilungsgerechtigkeit führen und gleichzeitig aufkommensneutral umzusetzen sein, d.h. der öffentlichen Hand sollte am Ende kein Geld verloren gehen. Im Gegensatz zu Ihrer Unterstellung haben sich zahlreiche Experten mit dem Kirchhof-Konzept auseinandergesetzt und „gerechnet“. Und kamen zu Ergebnissen, die starke Zweifel an den Erwartungen aufkommen ließen, die in Kirchhofs Steuerpläne gelegt wurden.

Zur Aufkommensneutralität äußerte sich Dr. Achim Truger in einem Gutachten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung wie folgt: „Die bei Umsetzung des Kirchhof-Konzeptes offensichtlich zu erwartenden Steuerausfälle gefährden nicht nur die Staatsfinanzierung. Sie bergen darüber hinaus erhebliche Risiken auch für die Verteilungsgerechtigkeit. Käme es – wie angesichts der von der Union besonders betonten Verpflichtung zur Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu erwarten – zu Gegenfinanzierungsmaßnahmen, etwa durch die Erhöhung indirekter Steuern oder Kürzungen von Sozialtransfers, würde dies überproportional untere und mittlere Einkommensschichten betreffen.
( http://www.berlin-brandenburg.dgb.de/filemanager/download/928/Kirchhof_Hintergrundpapier.pdf , S.6)“

Noch vor der Wahl erläuterte Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in der eher konservativen Frankfurter Allgemeinen, dass durch Kirchhofs-Pläne die Reichen am stärksten entlastet würden: „Und das nicht nur absolut, sondern relativ zum Einkommen, das heißt die Einkommensverteilung wird ungleicher“ (Quelle: http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E9B5E1B2C304A4943B1C4F80F6B6789AE~ATpl~Ecommon~Sspezial.html ). Im gleichen Artikel wird zudem darauf hingewiesen, dass es unter der Regierung Gerhard Schröder gelungen ist, Steuerschlupflöcher zu schließen und die Bezieher höherer Einkommen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit stärker an der Finanzierung gemeinschaftlicher Leistungen zu beteiligen. Kirchhofs Konzept sehe ich als Absage an diesen Gedanken.

Insofern weise ich Ihre Behauptung, ich oder meine Partei hätten die soziale Ungerechtigkeit der Kirchhof-Pläne zu Unrecht kritisiert, mit aller Deutlichkeit zurück.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Gerster

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