Frage an Martin Gerster von Marion S. bezüglich Gesundheit
Ist Ihnen die Stellungnahme der „Ärzte für Individuelle Impfentscheidung e.V.“ bekannt? Falls nicht kann ich sie Ihnen gerne zuschicken.
Wie stehen Sie selbst zu dem Thema "Impfpflicht"?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihr Interesse an der aktuellen Diskussion über eine Impfpflicht gegen Masern.
Wir haben mit dem Koalitionsvertrag vereinbart, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die notwendigen Impfquoten zum Schutz der Bevölkerung zu erreichen. Hierbei die Einführung einer gesetzlichen Masern-Impfpflicht in Erwägung zu ziehen, ist aus meiner Sicht richtig.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir mit unseren bisherigen Bemühungen zur Steigerung der Impfbereitschaft das Ziel, Masern in Deutschland zu eliminieren, nicht erreichen konnten. Nach wie vor gibt es zum Teil erhebliche Impflücken bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Immer wieder kommt es, in jährlich schwankenden Zahlen, zu schwerwiegenden Masernausbrüchen, bei denen auch Todesfälle zu beklagen sind. Eine Masernerkrankung ist keine harmlose Kinderkrankheit. Sie ruft eine erhebliche Schwächung des Immunsystems hervor, kann schwerwiegende Folgeinfektionen mit sich bringen und im schlimmsten Fall zum Tode führen. Bereits einige Tage vor Auftreten der Erkrankung ist die Infektion hoch ansteckend, weshalb beispielsweise der Ausschluss von Erkrankten vom Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung unter Umständen zu spät kommt und deshalb nicht ausreicht. Zirkulierende Masern gefährden alle nichtgeimpften Menschen und unter ihnen vor allem diejenigen, die aus Altersgründen oder auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht geimpft werden können.
Wir haben uns in der Vergangenheit darauf konzentriert, die freiwillige Impfentscheidung zum Beispiel durch mehr Impfaufklärung oder den Ausbau der Vorsorgeuntersuchungen und der ärztlichen Impfberatung zu fördern. Eine gesetzliche Impfpflicht hat aber auch die SPD als letztes Mittel keineswegs ausgeschlossen. Für die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht sehen wir zudem auch eine breite Mehrheit in der Bevölkerung. Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Spahn wird derzeit innerhalb der Bundesregierung und mit den Fachverbänden abgestimmt. Im Anschluss daran werden wir ihn, nachdem sich auch die Bundesländer mit dem Vorhaben befasst haben, im parlamentarischen Verfahren beraten.
Wir versprechen uns von einer gesetzlichen Impfpflicht für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden, und für Erwachsene, die in einer Gemeinschaftseinrichtung oder in einer medizinischen Einrichtung beschäftigt sind, die notwendige Erhöhung der Masern-Impfquote in der Bevölkerung und damit mittel und langfristig eine hohe Bevölkerungsimmunität. Es ist wichtig, diejenigen zu erreichen, die nicht zeitgerecht impfen oder Impftermine versäumen. Gleichzeitig muss die Information und Aufklärung über die Masern-Erkrankung und die Impfung verstärkt werden, um Menschen, die einer Impfung skeptisch gegenüberstehen, stärker als bisher anzusprechen. Wir werden aber auch weitere Maßnahmen zu beraten haben, mit denen die erheblichen Impflücken bei Erwachsenen geschlossen werden können.
Gegenstand der Beratungen sind selbstverständlich auch die mit der Regelung verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen. Ich meine, dass die individuelle Entscheidungsfreiheit dort ihre Grenze finden muss, wo die Gesundheit und sogar das Leben anderer gefährdet ist und andere geeignetere Mittel nicht zur Verfügung stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gerster