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Martin Gerster
SPD
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Frage von Günter V. •

Frage an Martin Gerster von Günter V. bezüglich Finanzen

Lieber Herr Rief,
lieber Herr Gerster

wir kennen uns, deshalb wende ich als Bürger ihres Wahlkreises direkt an Sie beide (als Privatmann und schlichter Wähler, nicht als Zeitungsmensch!):
Der griechische Irrsinn strebt seinem Höhepunkt zu. Nachdem geltendes Recht vielfach gebrochen wurde (no bailout), vor allem von der schrecklichen Dame (Dame?) mit dem Bundeskanzlergehalt, die danach giert, gutes Geld dem schlechten, den vielen Hundert Milliarden, die in den letzten Jahren in Griechenland verbraten wurden, hinterherzuwerfen. Deren Führung (Führung?) für Deutschland eine Katastrophe ist. Und wo soll das Geld herkommen? Heute erschien zum ersten Male in der Presse (FAZ) das Wort „Steuererhöhung“, übrigens von niemand Geringerem als Clemens Fuest. Und dazu wird es kommen - müssen! Die Merkel installiert den Dauertropf für ein Land, das schier unregierbar ist (keine Steuerorganisation, Milliardäre, die gar keine Steuern zahlen, Riesensummen in der Schweiz werden unangestastet gelassen u. v. m.). Und das alles wird von meinen und den Steuern aller deutschen ehrlichen Steuerzahler finanziert. Es ist grotesk. Mein Vorschlag: Man verdoppele das Ruhegehalt dieser unser Land derart schädigenden Dame, man überschütte sie mit Bayreuthkarten und schicke sie auf das Altenteil. Das kostet nur einen winzigen Bruchteil dessen, was sie in ihrer Staatsposition in den nächsten Jahren zu verbraten gedenkt. Vielleicht gibt ihr Tsipras aus Dankbarkeit dann noch einen einträglichen Job, für den sie nichts tun muß. Vorbild der „lupenreine“ Schröder bei Gazprom!
Verehrte Herren, als Bürger ihres Wahlkreises erwarte ich von Ihnen, daß Sie das miese Spiel nicht mitmachen, daß Sie dem Merkelschen Irrsinn entgegen treten und bei der Abstimmung morgen mit „Nein“ stimmen. Mehr als 50 CDU-Abgeordnete haben dies bereis angekündigt. Von der SPD kenne ich bislang keine diesbezüglichen Äußerungen. Tun Sie es für die Bürger dieses Landes, sagen Sie „Nein!“

Beste Grüße
Günter Vogel

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Vogel,

nach den erfolgreichen Verhandlungen der europäischen Institutionen und des Internationalen Währungsfonds über ein 3. Hilfsprogramm für Griechenland haben die Euro-Finanzminister einstimmig die finanzielle Unterstützung Griechenlands durch ein Programm des „Europäischen Stabilisierungsmechanismus“ (ESM) empfohlen. Zuvor hatte das griechische Parlament mit großer Mehrheit dafür gestimmt und erste Reformmaßnahmen beschlossen. Indem die Eurogruppe am 14. August das mit der griechischen Regierung ausgehandelten Memorandum of Understanding (MoU) und die entsprechenden Finanzhilfevereinbarung angenommen hat, wird durch das positive Votum des Deutschen Bundestages der deutsche Regierungsvertreter ermächtigt, im Gouverneursrat des Europäischen Stabilitätsmechanismus dem dritten Hilfspaket für Griechenland zuzustimmen.

Die klare Linie der SPD war immer: Wir sind solidarisch mit der griechischen Bevölkerung und unterstützen sie auf dem Weg aus der schweren Krise. Damit unterscheidet sich die SPD von den anderen Parteien in Deutschland. In der CDU/CSU haben bei der Grundsatzentscheidung über ein neues Programm in Griechenland 60 Abgeordnete der Bundeskanzlerin die Zustimmung verweigert. Die Grünen konnten sich auf keine gemeinsame Linie einigen. Und die Linke hat sich ihrem bis dahin so geschätzten Freund, Ministerpräsident Tsipras, widersetzt und gegen das bereits vom griechischen Parlament beschlossene Hilfspaket gestimmt.

Klar ist, dass wir allein mit dem dritten Hilfspaket Griechenland nicht retten. Wir schaffen damit die Voraussetzungen dafür, dass Griechenland sich selbst rettet. Denn das vereinbarte Programmvolumen von bis zu 86 Mrd. Euro sichert vor allem, dass Griechenland seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann und das Bankensystem gestützt wird: 61 Mrd. Euro fließen in Tilgung, Zinszahlung und Begleichung von Zahlungsrückständen; 25 Mrd. Euro in die Rekapitalisierung von Banken. Dieses Geld bewahrt Griechenland vor dem finanziellen Kollaps, sorgt an sich aber noch nicht für Wachstum. Wichtig sind deshalb die strukturellen Reformen, die zusammen mit dem finanziellen Volumen vereinbart wurden.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die deutsche Bundesregierung steht nun geschlossen zum Verbleib Griechenlands in der Eurozone. Es zeigt: Die Idee hat sich durchgesetzt, dass Solidarität und Verantwortung in Europa Hand in Hand gehen. Es wird kein einfacher Weg. Aber die Chance, dass die wirtschaftliche Stabilisierung in Griechenland gelingen kann, ist höher als je zuvor in den letzten fünf Jahren.

Das vorliegende MoU vereinbart wichtige Reformen, die tatsächlich dabei helfen können, dass Griechenland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad kommt. Damit unterscheidet sich dieses Programm auch von vorherigen Programmen. Im Zentrum des MoU stehen nämlich nicht nur pure Haushaltsvorgaben und Sparziele, sondern strukturelle Verbesserungen der griechischen Wirtschaft und Verwaltung. Griechenland muss im eigenen Interesse endlich in die Lage versetzt werden, Steuern einzutreiben, eine effiziente Verwaltung aufzubauen, den Bürgern ein leistungsfähiges und finanzierbares Sozialsystem zu bieten und das teilweise oligarchische und verkrustete Wirtschaftssystem aufzubrechen. Nur dann können Staatseinnahmen und Investitionen dauerhaft steigen sowie dringend benötigte Arbeitsplätze entstehen. Nur dann kann das skandalöse Missverhältnis zwischen dem Reichtum einer traditionellen Elite und der deutlich zugenommenen Armut in der griechischen Bevölkerung endlich beendet werden. Und nur dann können die Verpflichtungen Griechenlands gegenüber seinen Gläubigern auch erfüllt werden.

Eine wichtige positive Ergänzung im Vergleich zum Grundsatzbeschluss vom Juli ist, dass es bei der Bankenrekapitalisierung nun doch zu einer Beteiligung der Anteilseigner der griechischen Banken kommen wird (Bail-in). Es war immer eine politische Forderung der SPD im Zusammenhang mit der Bankenunion, dass die Anteilseigner von Banken auch an den Kosten für deren Rettung beteiligt werden. Die Rettung von Banken kann nicht primär Aufgabe der Steuerzahler sein. Deshalb ist diese Ergänzung des MoU für die SPD eine sehr positive Entwicklung. Und ganz wichtig dabei ist, dass die Einlagen der privaten Sparer davon nicht betroffen sind.

Aus unserer Sicht kommt es genau auf diese Mischung aus Strukturreformen, Finanzsektorstabilisierung und sozialer Ausgewogenheit an. Wir als SPD haben das seit Beginn der Krise gefordert und eine einseitige Ausrichtung der Krisenpolitik kritisiert. Dass die Akteure des Finanzsektors nicht angemessen an den Kosten der Krise beteiligt wurden, während es gleichzeitig in den Krisenländern empfindliche Einschnitte bei den kleinen und mittleren Einkommen gab und sich eine skandalös hohe Jugendarbeitslosigkeit verbreitete, hat radikalen und populistischen Gruppierungen Auftrieb gegeben. Unser Beharren auf wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Verantwortung unterscheidet die SPD auch von der vorherigen Koalition. Europa stünde heute besser da, wenn sich die damalige schwarz-gelbe Koalition unsere Forderungen nach einer Beteiligung des Finanzsektors durch einen frühen Schuldenschnitt und die Einführung einer Finanztransaktions-steuer zu Eigen gemacht hätte.

Mit dem Beschluss des dritten Hilfsprogramms ist die Arbeit an dem Programm natürlich nicht abgeschlossen. Ganz im Gegenteil: durch regelmäßigere und genauere Programmüberprüfungen müssen wir sicherstellen, dass die Vereinbarungen auch eingehalten werden. Die griechische Regierung ist in der Pflicht, die konsequente Umsetzung der jetzt vereinbarten Reformen zu sichern. Mit den über 50 bereits vom griechischen Parlament beschlossen Vorabmaßnahmen (prior actions) hat die griechische Regierung ein wichtiges Zeichen gesetzt, um das in den letzten Monaten und Jahren verloren gegangene Vertrauen wieder aufzubauen. Diesen Weg gilt es weiter zu gehen.

Insgesamt hat sich bei den Verhandlungen der letzten Wochen gezeigt, dass Kooperation der einzige Weg ist, zu einer Lösung zu kommen. Gegenseitiges Provozieren oder das Aufstellen von unrealistischen roten Linien, die dann zwingend überschritten werden müssen, sind dagegen zum Scheitern verurteilt.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Gerster

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