Frage an Martin Gerster von Karl-Heinz S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gerster,
das kürzlich ergangene Urteil des Landessozialgerichts NRW (Az.: L 6 AS 130/13), nachdem ein rumänisches Paar das seit 2009 in Deutschland lebt, Anspruch auf Leistungen von Hartz VI hat, ist für mein Rechtsempfinden als DE- u. EU-Bürger nicht nachvollziebar.
Es kann doch nicht sein, dass Bürger anderer EU-Länder zu uns kommen, um unsere eifersüchtig behüteten Sozialkassen, die die arbeitende Bevölkerung in unserem Lande durch harte Arbeit füllt, von Bewohnern viel ärmerer Mitgliedsstaaten so einfach in Anspruch nehmen können.
Ich hoffe sehr, dass dieses Urteil in Revision geschickt wird und hoffe auf Ihre Unterstützung und Verfolgung.
Bitte teilen Sie mir mit, ob und welche Maßnahmen Sie in diesem für mich nicht nachvollziehbaren Urteil zu tun gedenken.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz Schreiber
P.S.: Sollten Sie demnächst ein Kontingent nach BER für 2 Pers. frei haben, so wäre ich Ihnen dankbar.
Sehr geehrter Herr Schreiber,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift zum Urteil des Landessozialgerichts NRW.
Zunächst sollte dabei beachtet werden, dass das Bundessozialgericht im laufenden Revisionsverfahren über diesen und einen ähnlich gelagerten Fall urteilen wird, sodass hier noch nicht endgültig Recht gesprochen wurde. Diese Entscheidung der Judikative gilt es abzuwarten, bevor wir uns als Gesetzgeber über mögliche Konsequenzen Gedanken machen.
Mir liegt es jedenfalls generell fern, Richterschelte zu betreiben, denn die Unabhängigkeit der Gerichte ist ein hohes Gut - auch wenn einem das ein oder andere Urteil widerstrebt.
In der Sache kann ich sagen, dass ich Ihre Bedenken im Ansatz nachvollziehe. Allerdings urteilte das Gericht keineswegs, dass grundsätzlich allen EU-Bürgern Sozialleistungen in Deutschland zustehen. Vielmehr stellte es klar, dass auf Grund des § 7 SGB II der Anspruch nicht grundsätzlich verneint werden kann. Dies scheint - so weit ich es verstehe - rechtsdogmatische Gründe zu haben; denn das Europarecht sieht eine grundsätzliche Gleichbehandlung von EU-Bürgern vor - was ich für ein richtiges Prinzip halte.
Übrigens: Selbst wenn das Urteil vom Bundessozialgericht bestätigt werden sollte, wird dies (noch) nicht die von Ihnen befürchteten Folgen haben. Denn dann wird zunächst eine gesetzliche Grundlage notwendig, auf deren Basis eine - aus den genannten europarechtlichen Gründen notwendige - Einzelfallprüfung durch die Gerichte möglich wird. Diese müsste vom Gesetzgeber, also dem Deutschen Bundestag, geschaffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gerster
P.S.: Was die Abgeordnetenfahrt angeht, bitte ich Sie, sich direkt mit meinem Biberacher Wahlkreisbüro in Verbingung zu setzen, das die Anmeldungen verwaltet. Sie erreichen meine Mitarbeiter unter der E-Mail-Adresse martin.gerster@wk.bundestag.de sowie telefonisch unter 07351-300 3000 .