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Martin Gerster
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Frage von Kay S. •

Frage an Martin Gerster von Kay S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Gerster,

ich habe mich in letzter Zeit ausführlicher mit dem Thema Fracking zur Erdgasgewinnung unter Einsatz von chemischen Additiven beschäftigt.
Kritische Prognosen und Berichte aus den USA lassen mich stark an der Umweltverträglichkeit dieses Verfahrens zweifeln. Chemikalien werden definitiv in das Grundwasser geleitet und gefährden somit die Gesundheit der Bevölkerung.
Laut meinen Informationen soll dieses Verfahren auch in der Region Bodensee-Oberschwaben eingesetzt werden. Auf Grund der Nähe zu Biberach und somit der potentiellen Gefährdung unserer Trinkwasserspeicher möchte ich gerne Ihren Standpunkt zu diesem Thema erfragen.
Welche Untersuchungen bzw. Aktivitäten gibt es um Fracking in unserer Region zu verbieten? Warum werden keine alternativen Energiergewinnungen wie z.B. Förderung von regenerativen Energien dem Fracking vorgezogen? Wird hier Profit über die Gesundheit der Bevölkerung gesetzt?

MfG

K. Stöferle

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Sehr geehrter Herr Stöferle,

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der unkonventionellen Erdgasförderung (Fracking).

Ihre Sorgen um die mit der Fracking-Technologie verbundenen Gefahren und Umweltrisiken sind keineswegs unbegründet. Besonders vor dem Hintergrund der Einführung des „Lex Bodensee“ durch die Koalitionsarbeitsgruppe Fracking ist es eine wichtige und erst zunehmende Debatte für unsere Region.
Demnach soll Fracking im Einzugsgebiet von Trinkwasserseen untersagt werden, was vor allem die Region um den Bodensee betrifft. Talsperren, wie im Sauer- und Siegerland, sollen jedoch nicht unter diese Ausnahmen fallen. Deshalb geht uns dieser Gesetzesentwurf nicht weit genug. Wo bleibt die Gerechtigkeit, wenn wir in Deutschland unterschiedliche Standards in verschiedenen Regionen ansetzen?

Deshalb setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion für ein „Moratorium“ ein, sodass bis zur Gewinnung von wissenschaftlich fundierten Kenntnissen über die natur- und gesundheitsschädlichen Gefahren von Fracking, keine Anträge auf Fördergenehmigung entschieden werden sollen. Des Weiteren muss erreicht werden, dass Fracking risikofrei anwendbar wird (Drucksache 17/7612). Dies ist notwendig, weil bis zu einer Vollversorgung durch erneuerbare Energien in Deutschland auf die Nutzung von Erdgas als Brückentechnologie nicht verzichtet werden kann.

Fördergenehmigungen für anstehende Fracking-Projekte sollen demnach nur dann erteilt werden, wenn die Durchführung ohne umwelttoxische oder gesundheitsgefährdende Substanzen möglich ist. Die Zusammensetzung der für die Rohstoffgewinnung benötigten Flüssigkeiten sollen offengelegt und anfallende Abwässer aufgefangen, fachgerecht aufbereitet und sicher entsorgt werden. Weiterhin strebt die SPD-Bundestagsfraktion ein generelles Fracking-Verbot in allen Wasserschutzgebieten und Wassergewinnungsgebieten der öffentlichen Trinkwasserversorgung an.

Dauerhaft fordert die SPD eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung für Fracking-Vorhaben. Hierfür ist eine Änderung der dafür einschlägigen Vorschriften im Bergbaugesetz dringend notwendig. Nach bisherigen Regelungen sind Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP-V) bei Bergbau-Vorhaben erst ab einem Mindestfördervolumen von 500 000 Kubikmeter Erdgas nötig. Mir wäre nicht bekannt, dass bisweilen ein Fracking-Vorhaben dieses Volumen erreicht hätte. Unser Ziel ist daher eine UVP-V für jedes Fördervorhaben unabhängig von dem Fördervolumen.

Neben der verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfung fordern wir mehr Beteiligungsrechte und Transparenz in der Verfahrensgestaltung für betroffene Städte und deren Bürger sowie eine klare Regelung der Haftung. Kommunen, die von einem Fracking-Vorhaben betroffen sind, sollen rechtzeitig informiert werden, um so auf die Vergabe einer Fördergenehmigungen einwirken zu können. Auch eventuell eintretende Schäden sollen nicht von der Allgemeinheit getragen werden. Der Betreiber der Bohrstelle soll für alle möglichen Schäden unbegrenzt haften und sich zur Begleichung von Schäden finanziell absichern.

In unserer Region haben mehre Städte wie Riedlingen und Sigmaringen Resolutionen gegen die Anwendung von Fracking auf den Weg gebracht. Weiterhin sprachen sich auch der Umwelt- und Energieausschuss des Kreistages Biberach, regionale Umweltverbände und der Regionalverband „Bodensee-Oberschwaben“ gegen die Fracking-Methode aus. Im Allgemeinen ist in unserem Kreis eine deutlich ablehnende Stimmung in Bezug auf die unkonventionelle Erdgasförderung zu erkennen.

In Baden-Württemberg existieren zur Zeit drei große Konzessionsfelder, in denen großflächige Vorkommen von Schiefergas vermutet werden. Alle befinden sich am Bodensee und in Oberschwaben. Das erste Feld liegt im Erkundungsfeld Konstanz, welches die Landkreise Konstanz und den Bodenseekreis umfasst und das im Norden über Pfullendorf und im Osten bis nach Ravensburg reicht. Das zweite Konzessionsfeld liegt im Erkundungsfeld Biberach, im Landkreis Ulm, in weiten Teilen des württembergischen Allgäus und in Teilen des Landkreises Ravensburg. Und zwischen diesen beiden Gebieten ist das letzte Erkundungsfeld Bad Saulgau/Wangen verortet.

Natürlich stellt sich die Frage, warum die Energiekonzerne trotz der unbekannten Gefahren dennoch auf der Fracking-Methode beharren. Vor der Entwicklung von Fracking waren die unkonventionellen Lagerstätten von Erdgas im Schiefer- oder Tongestein für die Industrie wenig lukrativ, da die Lagerstätten nur mit hohem Aufwand erreicht und gefördert werden konnten. Doch mit der Verbesserung der Technik und aufgrund der schwindenden Reserven in den konventionellen Lagerstätten, steigt zunehmend die Wirtschaftlichkeit des sogenannten Schiefergas. Zudem könnte durch das Fracking-geförderte Schiefergas der Gasbedarf in Deutschland für mehr als zehn Jahre gedeckt werden. Nicht viel, kritisieren Skeptiker. Dennoch könnten damit Gasimporte aus Russland und anderen Drittländern verringert werden und die Gaspreise könnten sinken. Weiterhin gilt Erdgas als sauberere Alternative zu Kohle und Öl, da bei der Verbrennung weniger Kohlendioxid und andere Luftschadstoffe freigesetzt werden. So könnte die Zeit, bis der Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann, wenigstens teilweise klimafreundlich überbrückt werden.

Für die Zukunft stellt EU-Kommissar Günther Oettinger europaweite Regelungen im Umgang mit der neuen Fracking-Methode in Aussicht und fordert notwendige Rechtsgrundlagen „für Demonstrationsprojekte und für die praktische Erprobung“ Durch Probebohrungen könnten Kosten und Risiken besser kalkuliert werden. Zudem warnt Oettinger vor einem vorschnellen Ausschluss der Methode und verwies auf die Vorteile, die ein Ingenieurland wie Deutschland von eigenen Gasvorkommen erhalten könnte. Jedoch würde ich solche Äußerungen mit einiger Vorsicht betrachten und unterstütze den von der SPD-Bundestagsfraktion eingebrachten Vorschlag eines Moratoriums bis alle Risiken beseitigt werden konnten.

Ich hoffe, Ihr Anliegen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben. Falls Sie noch weitere Fragen bezüglich Fracking bzw. zu dem Umgang mit dieser Gasförderungsmethode haben, können Sie mir gerne wieder schreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Gerster

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