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Martin Gerster
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Frage von Ralf S. •

Frage an Martin Gerster von Ralf S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gerster,,

ich danke für Ihre Antwort und erlaube mir, mit einer neuen Frage an Sie heranzutreten:

Joschka Fischer am am 26.10.2010 Deutschlandradio ein Interview zum Thema "Auswärtiges Amt und dessen Verstrickungen in die Naziverbrechen" gegeben.

Quellen: http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1304595/
http://www.youtube.com/watch?v=JD4V7O-PQOU

In diesem Gespräch sagt Fischer unter anderen die folgenden Sätze:

"Ich war zum Beispiel erstaunt, also das Deutsche Reich wurde ja aufgelöst, hörte auf, staatsrechtlich und völkerrechtlich zu existieren. Das Auswärtige Amt existierte ebenfalls nicht mehr. Es wurde neu gegründet 1951. Das heißt, auf der Ministeretage finden Sie als ersten Außenminister den damaligen Bundeskanzler, der in der Personalunion Außenminister war, Konrad Adenauer - und das ist auch richtig so. Ich war dann schon erstaunt, in der Protokollabteilung seit Bismarck alle Protokollchefs zu sehen, auch die von Ribbentrop und aus der nationalsozialistischen Diktatur. Ich habe das ehrlich gesagt nicht verstanden, dann auch abgestellt. In Botschaften ist es teilweise noch heute so, gehe ich fest von aus, dass es da Kontinuitäten gibt. Das kann nicht sein, das muss geändert werden."

Der Autor Christoph Koch vertritt in dem bereits diskutierten Buch ebenfalls die Auffassung, das Auswärtige Amt sei der "Drahtzieher" am Festhalten der Fortbestandsthese.

Meine Frage an Sie ist nun, ob Sie vor diesem Hintergrund bei Ihrer Meinung bleiben, dass weder die BRD-Regierung noch Minister oder sonstige Diplomaten Deutschlands am Fortbestand des Reiches festhalten.

Ich danke für Ihre Antwort und wünsche einen schönen Tag.

MfG

Ralf Schmidt

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Aus den von Ihnen zitierten Passagen ergibt sich aus meiner Sicht kein Anlass, irgendetwas bezüglich der hier ausgiebig diskutierten Positionen neu zu bewerten.

Dass es nach Gründung der BRD - vor dem Hintergrund der 1945 in Potsdam vereinbarten Denazifizierung - problematische personelle Kontinuitäten in Justiz und Verwaltung gab, ist ein alter Hut. Verweise darauf finden sich in jedem besseren Lehrbuch zur Geschichte der BRD. So zum Beispiel in Reichel/Schmid/Steinbach (2009) "Der Nationalsozialismus - Die zweite Geschichte": "Dennoch blieb die Vergangenheit auch in den fünfziger Jahren gegenwärtig (...) Der Umgang mit extremistischen Parteien, antisemitischen Vorfällen und prominenten, durch den Nationalsozialismus belasteten Personen in Politik, Justiz, Medizin etc. war ein Indiz für die nachhaltige Bereitschaft zur Selbstreinigung, den die Allierten, insbesondere die USA, auch verlangten" (S.14). Es ist sicherlich angebracht, diese Kontinuitäten auch im Hinblick auf das Auswärtige Amt kritisch aufzuarbeiten, wie es die vom früheren Außenminister eingesetzte Historikerkommission jüngst getan hat.

Mit Kochs Thesen bzw. einem etwaigen von der BRD unabhängigen(!) Fortbestand des vormaligen Deutschen Reiches nach KRR-Lesart hat das aber nichts zu tun.

Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben und wünsche Ihnen meinerseits einen schönen Tag.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Geisler

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