Frage an Martin Gerster von Dodi Hossein M. bezüglich Finanzen
Ist es nicht ein Skandal, dass die schweizer Regierung deutschen Politikern damit droht das Bankgeheimnis aufzulösen ? Sollten Politiker aller Parteien nicht positiv reagieren ? Was soll man als Steuerzahler von solchen Skandalen halten ? Können wir der Politik und dem System der Parteiendemokratie überhaupt noch vertrauen, wenn deutsche Amtsträger Schwarzgeldkonten in der Schweiz haben und bisher nichts unternommen wurde ?
Sehr geehrter Herr Maghssudnia,
herzlichen Dank für Ihre Frage zur aktuellen Diskussion um den Ankauf so genannter „Steuersünder-CDs“ durch die Bundesrepublik. In Ihrer Zuschrift nehmen Sie Bezug auf eine Überlegung, die im Februar aus den Reihen der extrem rechten Schweizer Volkspartei (SVP) formuliert wurde. Selbst innerhalb der SVP, die gegenwärtig übrigens massiv durch deutschenfeindliche Propaganda von sich Reden macht, war diese von Nationalrat Alfred Heer gestellte Forderung „sämtliche Schweizer Konten von deutschen Personen, die öffentliche Ämter bekleiden“ offen zu legen, überaus umstritten. Schließlich zählt die Festschreibung des Bankkundengeheimnisses in der Schweizer Verfassung seit geraumer Zeit zu den Forderungen der SVP. Insofern erscheint mir die entsprechende „Drohung“ eher als populistische Provokation, denn als ernst gemeinte Position der Schweizer Regierung in ihrer Gesamtheit. Dass deutsche Amtsträger in besonderem Maße von einer Lockerung des Bankgeheimnisses betroffen wären, dürfte übrigens pure Spekulation sein.
Aus meiner Sicht spricht gar nichts dagegen, eine möglichst lückenlose Aufklärung von Steuerhinterziehung anzustreben - unabhängig davon, aus welchen Kreisen die so überführten Steuerkriminellen stammen. Entsprechend dieser Maxime hat die SPD auch positiv auf das „Angebot“ der SVP reagiert. Der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte gegenüber der Frankfurter Rundschau, es sei „alles zu begrüßen“, was zu umfassenden Informationsaustausch führe. ( http://www.fr-online.de/_em_cms/_globals/print.php?em_ssc=MSwwLDEsMCwxLDAsMSww&em_cnt=2311240&em_loc=1231&em_ref=/in_und_ausland/politik/aktuell/&em_ivw=fr_polstart )
Auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Jerzy Montag ließ verlauten, dass es „keine Drohung“ sei, sondern ein „sehr begrüßenswertes Angebot“ […] „sogar ohne dafür Geld zu verlangen“.
Wenn überhaupt von einem Skandal die Rede sein kann, dann liegt dieser in der kalkuliert vorgetragenen Behauptung eines SVP-Funktionärs, die deutsche Politik sei in ihrer Gesamtheit erpressbar und deshalb nicht an der Aufklärung von Steuerstraftaten interessiert. Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich in den entsprechenden Fragen klar positioniert und im Parlament immer wieder eine konsequente Strafverfolgung von Steuerhinterziehern gefordert. So hat SPD-Chef Sigmar Gabriel öffentlich erklärt, Selbstanzeigen nicht mehr straffrei zu stellen und Steuerhinterziehungen von mehr als 500.000 Euro mit mindestens zwei Jahren Haft ahnden zu wollen ( http://www.ftd.de/politik/deutschland/:spd-vorschlag-gabriel-fordert-haft-fuer-steuersuender/50078199.html ).
Auch wird diskutiert, Steuerhinterziehern ein Bußgeld in doppelter Höhe des am Fiskus vorbeigeschleusten Betrages aufzuerlegen. Entsprechende parlamentarische Initiativen sind in Vorbereitung. Ich hoffe, mit dieser Antwort Ihren Zweifeln an der prinzipiellen Integrität der deutschen Politik und ihrer Repräsentanten entgegenwirken zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Gerster