Frage an Martin Gerster von Hans M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gerster,
ich habe Ihre Meinung als Extremismusexperte erbeten, da hier meiner Meinung nach Wasser auf die Mühlen der extremen Rechten getragen wird.
Leider haben Sie meine Frage nicht beantwortet oder nicht richtig verstanden, sondern final die Frage dahingehend gedeutet, näher und aus Ihrer persönlichen Sicht auf die Belange und die Struktur der Gruppe Haug einzugehen. Eventuell habe ich die Frage auch nicht eindringlich genug formuliert:
Tatsächlich ging es mir aber nicht um diese Gruppe, sondern um die Argumente der Gruppe, genauer gesagt um die Arbeit der Professoren Dr. Koch und Dr. Ridder.
Diese werden vermutlich - und die Beiträge in den einschlägigen Foren unterstreichen diese Annahme - künftig auch von den wirklichen Rechtsextremisten vertreten werden. Hinzu kommt, dass Sie sich in dem Buch "Strategien der extremen Rechten", welches Sie zumsammen mit Herrn Braun und Frau Chatwin herausgegeben haben, doch genau mit diesen Dingen beschäftigen und sich in dieser Hinsicht doch eigentlich klar positionieren müssten.
Ich wollte von Ihnen daher wissen, wie wir Demokraten mit diesen Argumenten umgehen sollen?
Es bleiben folgende Möglichkeiten:
a) DIe Sache ist völliger Blödsinn zweier spinnender Professoren oder
b.) Handelt es sich um eine vertretbare juristische Mindermeinung, der man auf eine andere Art und Weise (z.B. mit dem wirtschaftlichen Kostenargument bei einer Rückgabe der Ostgebiete) entgegnen muss oder
c.) Können Sie im Moment überhaupt keine objektive Einschätzung der Angelegenheit geben, da Ihnen zum einen die (juristische) Fachompetenz, die ich auch nicht habe, dafür fehlt oder/und Sie die Primärquelle, das Buch der Professoren Dr. Ridder und Dr. Koch überhaupt (noch) nicht kennen.
Meiner Meinung nach, wäre jetzt noch die Zeit, die Diskussion selbst zu steuern (z.B. Wind aus den Segeln nehmen mit Hinweis auf z.B. Frieden Kosten). Später ist es zu spät und die Rechtsextremen bestimmen die Debatte.
Mfg
Hans Micks
Sehr geehrter Herr Micks,
auch für Ihre neuerliche Zuschrift vielen Dank. Ich denke, ich habe Ihre vorherige Frage und den Hintergrund, vor dem Sie diese stellen, durchaus verstanden. Da Ihr letztes Schreiben jedoch über die reine Fragestellung hinaus auch einige Bewertungen enthielt, die ich nicht unkommentiert stehen lassen wollte, bin ich im zweiten Teil meiner Antwort über die ursprüngliche Fragestellung hinausgegangen.
Bevor ich auf Ihre aktuelle Frage eingehe, muss ich übrigens korrigieren, dass Frau Chatwin an dem von Herrn Gerster, Herrn Braun und mir herausgegebenen Buch letztendlich nicht beteiligt war und Sie hier offenbar eine veraltete Quelle konsultiert haben. Mangels Bedeutung klammert das im vergangenen Sommer erschienene Werk die KRR-ler und sonstige Reichsideologen, die bei aller ´Rechtslastigkeit´ eher unter die Rubrik "Skurriles" fallen, übrigens aus.
Auch bitte ich Sie um Verzeihung, dass ich Ihre Antwortvorgaben für etwas undifferenziert halte, und mir deshalb eine eigene Bewertung (sozusagen Antwort "d") vorbehalte.
Das relevante Buchkapitel von Herrn Koch konnte ich im vergangenen Monat zur Kenntnis nehmen und meine nach wie vor, dass der Autor eine Position vertritt, die aus rechtswissenschaftlicher Sicht nahezu völlig isoliert dasteht.
Genau wie Sie und Herr Koch selbst bin auch ich jedoch zugegebenermaßen kein Jurist und muss mich deshalb auf die Einschätzung sachkundiger Dritter verlassen. Eben aus diesem Grunde bedauere ich umso mehr, dass mir bislang niemand die angeblichen juristischen Befürworter und die genauen Inhalte ihrer Statements zur Kenntnis gebracht hat. Ich bin sicher dass es spannend wäre, hierzu Meinungen aus der restlichen Fachwelt einzuholen. Jenseits der zur Debatte stehenden Frage maße ich mir übrigens nicht an, die wissenschaftliche Arbeit oder gar die Persönlichkeit von Herrn Koch und Herrn Ridder zu bewerten.
Der von Ihnen, Herr Micks, vertretenen Meinung, man müsse die Debatte über Kochs fragwürdige These jetzt intensiv führen und somit aktiv steuern, stimme ich aber nicht zu, da die Grenzfrage aus meiner Sicht umfassend und abschließend geklärt ist. Sich an einer solchen Scheindiskussion zu beteiligen würde die entsprechenden Kreise ohne Grund aufwerten und den juristischen Strohhalmen, an die man sich dort klammert, zu viel Gewicht beimessen.
Die Beweislast in diesen Dingen liegt klar auf Seiten Ihrer anonymen Gesprächspartner, die aus unerfindlichen Gründen auf der Suche nach Alternativen zur demokratischen Ordnung der BRD sind und sich offenbar vor staatlichen Maßnahmen fürchten (warum eigentlich genau?). Die derzeitige Phantomdebatte wirkt auf mich, als sollte sich der Gegenverkehr dafür rechtfertigen, dass ihm ein Geisterfahrer entgegenkommt.
Meine Erfahrung lehrt mich, dass Sie es ohnehin nicht verhindern werden, dass sich die entsprechenden Kreise weiter in ihre absurden Großdeutschlandphantasien hineinsteigern. Insofern fürchte ich, dass Sie Ihre Zeit verschwenden, wenn Ihnen an einer kritischen Auseinandersetzung mit den Reichsideologen gelegen sein sollte. Wir werden uns jedenfalls nicht mehr zu der Thematik äußern, bis substantiell neue Argumente oder Erkenntnisse vorliegen.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Geisler