Frage an Martin Gerster von Winfried M. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Wie kann ihrer Meinung nach ein vernünftiger und gerechter Milchpreis für Verbraucher und Milchbauern erreicht werden?
Unterstützen Sie die Forderung der Milchbauern, die Milchproduktion un einen fairen Milchpreis durch ein flexibles europäisches Milchmengensteuerungs- Instrument stabil zu halten?
Sehr geehrter Herr Meroth,
herzlichen Dank für Ihre Frage zu einer flexiblen Mengensteuerung der Milchproduktionsmenge und den Möglichkeiten einen "fairen" Milchpreis zu schaffen.
Als Abgeordneter eines stark ländlich geprägten Wahlkreises sehe ich natürlich die Gefahr, dass ein dauerhaft niedriger Milchpreis zahlreiche Milchviehhalter vor existentielle Probleme stellt. Ein Aus für diese Betriebe hätte für den Erhalt und die Pflege unserer Kulturlandschaften unabsehbare Folgen. Ich stehe deshalb in Kontakt mit Vertretern des Bundes Deutscher Milchviehhalter und werde in den kommenden Wochen verschiedene Gespräche zu diesem Thema in meinem Wahlkreis führen.
Allerdings bezweifle ich, dass das vom Bund der Milchviehhalter (BDM) geforderte System der flexiblen Milchmengensteuerung eine langfristig tragfähige Alternative darstellt. In diesem Konzept wird die Hoffnung geweckt, dass mit einem leicht modifizierten Mengensteuersystem langfristig ein deutlich höherer Erzeugerpreis durchgesetzt werden könnte. In diesem Zusammenhang stellt sich für mich vor allem die Frage, was einen "fairen" Milchpreis ausmacht.
Ich denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an Fragen wie:
-Wie hoch ist ein "fairer" Milchpreis für ganz Deutschland? Gibt es nicht beachtliche Produktionskostenunterschiede zwischen Nord- und Süddeutschland?
-Wie können diese Unterschiede ausgeglichen werden?
-Wer setzt den "fairen" Milchpreis fest? Einzelne Verbraucher- und Produzentengruppen (Groß- vs. Kleinbetriebe) haben hier sicherlich unterschiedliche Vorstellungen.
Auf diese Einwände habe ich bislang noch keine schlüssigen Antworten erhalten, sodass ich das vom BDM geforderte System der eigenverantwortlichen Mengensteuerung grundsätzlich in Frage stellen muss.
Die EU-Politik der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass weder die Quotenregelung, noch die Regelungen zur Preisstützung im Binnenmarkt und zur Absicherung der Milchpreise im Außenhandel effizient waren. Die EU und die Verbraucher haben viel Geld aufgewendet, um möglichst auskömmliche Preise für Milchbauern zu sichern. Das Ergebnis war und ist unbefriedigend. Für die Fortsetzung dieser Politik gibt es deshalb weder in der EU noch in Deutschland eine realistische Mehrheit, auch wenn manche jetzt unter dem Druck der niedrigen Preise und der Proteste etwas anderes behaupten, was nicht ehrlich ist.
Hinzu kommt, dass die europäische Agrarpolitik schon 2003 beschlossen hat, sich von ihren alten Instrumenten zu verabschieden. Dazu gehört auch der Ausstieg aus der Milchquotensystem bis 2015. Deshalb ist es gerade im Interesse der Landwirte nicht ehrlich, zu behaupten, mit einer veränderten Mengensteuer würden alle Probleme auf Dauer gelöst werden.
Die SPD hat an dieser Stelle immer wieder Maßnahmen eingefordert, die den Ausstieg aus der Milchquote für die Landwirte abmildern sollen. Die große Koalition hat erst kürzlich in enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, um die Milchbauern direkt unterstützen zu können. Dazu gehören:
-die Anhebung der Fördersätze für besonders tiergerechte Haltungsverfahren, für Kooperationen von Landwirten mit anderen Partnern zur Einkommensdiversifizierung und für Agrarumweltmaßnahmen.
-die Anhebung des förderfähigen Investitionsvolumens
-das Vorziehen der Auszahlung von Direktzahlungen
-die Senkung der Agrardieselsteuer
-das Liquiditätsprogramm der Landwirtschaftlichen Rentenbank
Ich hoffe, Ihre Fragen vollständig beantwortet zu haben und stehe Ihnen für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.
Martin Gerster