Frage an Martin Dulig von Peter P. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dulig,
wie sie auf die Fragen in den Wahlprüfsteinen von Pro Bahn schreiben, wollen sie eine angebotsorientierte ÖPNV-Politik, bei der die Versorgung der Bevölkerung an oberster Stelle steht der jetzigen Politik entgegensetzen. Die jetzigen Verhältnisse im Raum Chemnitz (der südwestsächsische Raum ist weiterhin komplett vom Fernverkehr abgehängt. Insbesondere die Stadt Chemnitz wartet seit Jahren auf die Wiederanbindung an das Fernverkehrsnetz der DB. ) sind nicht nur unhaltbar, sondern auch unzumutbar. Bei einer Änderung wie jetzt geplant mit 2030 zu handeln ist gelinde gesagt unverschämt. Dieses Abgehängt sein war doch nicht immer so. Es sollte sogar mit Neigezugtechnik die Fahrzeiten in der Region verkürzt werden und dann auf einmal das Aus für alles!
Was ist hier gelaufen und wer trägt da Verantwortung? Sollte das nicht mal aufgearbeitet werden? Die Mittel-Deutschlandlinie war mal eine zentrale Achse, auch international (nach Polen). Wieso soll hier nichts kurzfristig zu ändern sein? Auch die Strecke Chemnitz-Berlin über Riesa, sie ist sogar elektrifiziert, sollte „nicht vom Tisch sein“, wie die Bahn behauptet. Warum wird sie nicht für eine kurzfristige Fernbahnanbindung nach Leipzig genutzt, um z.B. den dort endenden Fernzüge aus Richtung Hannover nach Chemnitz weiter zu führen? Das derzeit die Bürgerinnen und Bürger die Bahnanschlußlücke mit den eigenen Auto überbrückt haben ist doch logisch. Das soll heißen, es muß erst wieder ein Fahrgastaufkommen entwickelt werden. Sind sie dazu bereit?
Aber auch der Güterverkehr bedarf der Bahn. Die "Rollende Landstraße" hatten wir doch schon mal und auch Schweizer Verhältnisse könnten für uns ein gutes Vorbild sein, wenn man schon nicht DDR_Verhältnisse betrachten will. Und wie sollen die neuen Transportanforderungen (Fahrräder, e-Fahrzeuge, Behindertenfahrzeuge) realisiert werden (neues Wagenmaterial)?
Mit freundlichen Grüßen
P. P.
Sehr geehrter Herr P.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen zur Erreichbarkeit von Chemnitz und des südwestsächsischen Raums mit dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr.
Ich gebe Ihnen Recht: die Tatsache, dass Chemnitz als drittgrößte Stadt Sachsens nicht über einen Fernverkehrsanschluss verfügt, ist mehr als unbefriedigend. Seit meinem Amtsantritt als sächsischer Verkehrsminister habe ich mich immer wieder vehement gegenüber der Deutschen Bahn dafür eingesetzt, dass Chemnitz endlich wieder an das bundesdeutsche Fernverkehrsnetz angeschlossen wird. Dabei sind wir auf vielfältigen Feldern im Einsatz, denn damit in Chemnitz wieder ein IC oder ICE halten kann, ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit.
Zunächst ist festzuhalten, dass die DB Fernverkehr zuständig ist für Netz- und Angebotsplanung im Fernverkehr. Diese Verkehre sollen nach eigener Aussage „eigenwirtschaftlich“ betrieben werden können. Hinzu kommt, dass der Fernverkehr auf elektrifizierte Gleise angewiesen ist, d.h. solange keine attraktive und elektrifizierte Strecke nach Chemnitz existiert, solange wird dort auch kein Fernverkehrsangebot realisiert werden können.
Doch mittlerweile kommt Bewegung in die Sache. Denn einerseits besteht ja schon jetzt ein elektrifizierter Gleisanschluss nach Chemnitz, z.B. über Riesa nach Berlin oder aber über das sächsische Teilstück der Sachsen-Franken-Magistrale via Dresden. Stetiger Druck von mir, unterstützt von den lokalen Bundestagsabgeordneten hat bewirkt, dass die Deutsche Bahn nun zugesichert hat, die Verlängerung der Intercity-Linie 17 von Rostock über Dresden nach Chemnitz in zwei Varianten zu prüfen. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen. Hier besteht die reelle Chance, Chemnitz und weitere Städte in Südwestsachsen kurzfristig wieder an das Fernverkehrsnetz anzuschließen.
Für eine Fernverkehrsanbindung in Richtung Leipzig sowie in Richtung Westen (Sachsen-Franken-Magistrale und Mitte-Deutschland-Verbindung) brauchen wir zunächst einen Ausbau der Eisenbahninfrastruktur. Dies wird sich sicherlich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen lassen. Trotzdem sind wir froh, dass unsere nachdrücklichen Bemühungen erfolgreich waren und z.B. die Strecke Chemnitz – Leipzig nun in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgerückt ist. Damit haben wir eine wichtige Stufe zur Realisierung genommen. Als Freistaat Sachsen haben wir bereits umfangreiche Vorplanungen in Auftrag gegeben und auch finanziert. Realistisch ist mit einer Fertigstellung der Elektrifizierung von Chemnitz nach Leipzig sowie in Richtung Gera allerdings erst Ende der 2020er Jahre zu rechnen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Dulig