Frage an Martin Dulig von Matthias Z. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dulig,
seit über 10 Jahren wird am Flughafen Leipzig-Halle gegen den Planfeststellungsbeschluss verstoßen, der besagt, dass eine gleichmäßige (50%/50%) Bahnverteilung erfolgen soll.
Sie hatten vor der letzten Landtagswahl versprochen:
• „Das beginnt natürlich damit, dass wir geltendes Recht umsetzen müssen. Daher werden wir uns dafür einsetzen, dass die Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses für den Betrieb des Leipziger Flughafens zeitnah umgesetzt werden und eine gleichmäßige Verteilung der Starts und Landungen auf beide Start- und Landebahnen erfolgt.“
Sie sind seit 2014 als Verkehrsminister für den Betrieb am FLH und die Umsetzung der Auflagen des PFB verantwortlich. Von den bis zu 170 Start/ und Landungen pro Nacht erfolgen noch immer 95% von der stadtnahen SLB Süd.
1. Warum hat es von Ihnen in der ablaufenden Amtszeit keine Maßnahmen zur Gleichverteilung, d.h. zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Schäden, gegeben?
2. Warum haben Sie die in 2018 auf Ministerialratsebene begonnenen Bespräche mit Bürgerinitiativen gegen den Fluglärm begründungslos abgebrochen?
3. Warum gibt es in Sachsen noch immer keinen unabhängigen Fluglärmschutzbeauftragten? Und werden Sie die Schaffung dieser Institution, sollte es wieder zu einer Regierungsbildung unter Beteiligung der SPD kommen können, als Bedingung in die Koalitionsverhandlungen einbringen?
Mit freundlichen Grüßen
M. Z.
Sehr geehrter Herr Z.,
ich verstehe Ihren Ärger darüber, dass die Start- und Landebahnen (SLB) noch immer nicht gleichmäßig genutzt werden. In der Tat gab es im Jahr 2018 an drei Tagen maximal 159 Flugbewegungen während der Nacht, wobei die SLB Süd mit ca. 93% häufiger benutzt wurde als die SLB Nord.
Die Flugzeuge werden von der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) auf die Landebahnen verteilt. Sie entscheidet auf Grund von Faktoren wie Sicherheit und Lärmbelästigung, welche SLB ein Flugzeug nutzt. Mein Ministerium und ich können an die DFS appellieren, die Flugzeuge gleichmäßiger auf beide Bahnen zu verteilen, und wir können sie darin unterstützen, die nötigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Wir können ihr diesbezüglich jedoch keine Vorschriften machen.
Um eine bessere Verteilung der Flugbewegungen auf beide Bahnen zu erreichen hat die Fluglärmkommission den Vorschlag gemacht, bei der sogenannten „Betriebsrichtung 08“ (Richtung Ost) die nach Norden startenden Flugzeuge von der Nordbahn starten zu lassen. Die DFS hat diesen Vorschlag untersucht und festgestellt, dass diese Maßnahme die Zahl der jährlichen Bahnkreuzungsvorgänge verdoppeln würde; die Risikosituation läge damit teilweise deutlich über der DFS-Risikogrenze.
Der Planfeststellungsbeschluss, auf den Sie verweisen, enthält die Auflage A II. 4.7.6, die die Gleichverteilung auf die Start- und Landebahnen fordert – allerdings mit der Einschränkung: „soweit flugsicherheitlich vertretbar“. Nach der Risikoeinschätzung der DFS ist dies offensichtlich nicht gegeben, und ohne weitere bauliche Maßnahmen ist der Vorschlag derzeit nicht umsetzbar.
Durch DFS, DHL und Flughafen wird derzeit ein Maßnahmenkonzept dazu erarbeitet, wie das Sicherheitsrisiko beim Kreuzen der Südbahn weiter reduziert werden kann. Die Maßnahmen sollen der Fluglärmkommission im Oktober vorgestellt werden.
Die Gespräche, die Sie ansprechen, sind von allen Seiten als sehr konstruktiv wahrgenommen worden. In einer sachlichen Atmosphäre sind kontroverse Positionen ausgetauscht worden, und die Gespräche haben dazu beigetragen, gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Allerdings wurde ein Punkt erreicht, an dem es nicht mehr sinnvoll war, sie ohne einen Fluglärmschutzbeauftragen fortzusetzen. Daher wurden sie vorübergehend ausgesetzt.
Für solch eine Stelle stehen jedoch bislang keine Gelder zur Verfügung. Sowohl mein Ministerium als auch die SPD-Fraktion haben sich dafür eingesetzt, dass im Rahmen des Doppelhaushalts 2019/2020 Mittel für einen Fluglärmschutzbeauftragten zur Verfügung gestellt werden. Haushaltsverhandlungen sind jedoch auch immer zähe Verhandlungen mit den Koalitionspartnern, in unserem Fall der CDU. Wir konnten uns mit der Forderung nicht durchsetzen. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass die Stelle, wie von Ihnen auch gefordert, geschaffen wird. Ich finde es jedoch falsch, eine Koalitionsentscheidung davon abhängig zu machen. Wir nehmen uns dadurch die Möglichkeit, in sehr vielen anderen Bereichen die Zukunft Sachsens mitzugestalten.
Vor dem nächsten Doppelhaushalt 2021/2022 wird werden wir die Stelle nicht abschließend schaffen können. Mein Ministerium ist deshalb noch immer auf der Suche nach einer Interimslösung. Auch ohne die Gesprächsrunde mit den Bürgerinitiativen und ohne einen Lärmschutzbeauftragten hat das Thema Lärmschutz an Flughäfen jedoch eine hohe Bedeutung für mein Ministerium und mich, und wir arbeiten selbstverständlich eng mit der Fluglärmkommission zusammen.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Dulig