Frage an Martin Dulig von Sibylle F.
Sehr geehrter Herr Dulig,
im Strategiepapier der SPD für die Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern in diesem Jahr (Schwante am 25./26.1.2019) stehen „Anerkennung der Leistung der Menschen in Ostdeutschland nach 1989“, aber auch der gesellschaftliche Dialog.
Gestern, am 29. Januar 2019, sollen Sie im ZDF-Morgenmagazin gesagt haben, "30 Jahre nach der friedlichen Revolution und den Nachwendeerfahrungen müssen die Ungerechtigkeiten aufgearbeitet werden."
Im vergangenen Jahr stimmte Ihre Partei, die SPD, für die Verbeamtung der Lehrer in Sachsen, die jünger als 42 Jahre sind. Gleichzeitig damit erfolgte eine Abwertung der Lebensleistung aller älteren Lehrer. Diesen ca. 25.000 Betroffenen, die in den vergangenen Jahren durch die Landesregierung in eine z.T. langjährige Zwangsteilzeit gezwungen wurden, die im Gegensatz zu den westdeutschen Kollegen über viele Jahre keine betriebliche Altersversorge genießen konnten, die jetzt ca. 1.000 Euro pro Monat weniger als die jungen Kollegen für die gleiche Arbeit erhalten, die massive Nachteile ihrer Rente ggü. den Beamtenpensionen erleiden – diesen Leuten tritt nun die SPD mit den Worten „Anerkennung der Lebensleistung“ oder „Aufarbeitung der Ungerechtigkeiten“ entgegen?
Wie wollen Sie den ebenfalls zugesagten „gesellschaftlichen Dialog“ (Stichwort: erlebbare Demokratie und Mitbestimmung) befördern, wenn Sachsen noch immer kein Informationsfreiheitsgesetz hat, was eigentlich die Grundlage für einen Dialog auf Augenhöhe wäre? Dieses IFG war/ ist Bestandteil des geltenden Koalitionsvertrages zwischen SPD und CDU. Obwohl Sie diesen Vertrag mit der CDU abgeschlossen haben, dürfte Ihnen bzw. Ihrer Partei ein Bruch dieser Vereinbarung auch bei den Wählern in Sachsen kein zusätzliches Vertrauen bringen.
Wie erklären Sie mir die Diskrepanz zwischen dem aktuellen Handeln der SPD in Sachsen und den Forderungen in ihren persönlichen Statements bzw. dem Strategiepapier der SPD?
S. F.
(aktiv bei „Fairplay im Lehrerzimmer)
Sehr geehrte Frau F.,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte. Die Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrer war Teil des „Handlungsprogramms gegen Lehrermangel“, das wir im letzten Jahr mit der Fraktion der CDU im Landtag ausgehandelt und beschlossen haben. Ich bin offen zu Ihnen: Lieber wäre es mir gewesen, die Verbeamtung wäre kein Teil des Pakets gewesen. Die Probleme, die daraus entstehen, beschreiben Sie ja selbst. Deshalb stand die SPD-Fraktion der Verbeamtung immer sehr skeptisch gegenüber. Wir hätten uns lieber eine tarifliche Lösung gewünscht wie in Berlin, wo Absolventinnen und Absolventen einfach schneller in höhere Entgeltstufen aufsteigen. Auch dadurch würde der Standort Sachsen wieder attraktiver für junge Lehrerinnen und Lehrer. Aber die CDU hat damals auf der Verbeamtung bestanden. Und, auch das ist nicht zu vergessen: Auch Teil der Lehrerschaft haben die Verbeamtung gefordert, vor allem der Sächsische Lehrerverband und der Philologenverband.
Aber: Mit dem Maßnahmenpaket konnten wir endlich mit vielen Fehlern der schwarz-gelben Landesregierung von 2009 bis 2014 aufräumen, vor allem mit der komplett fehlgeleiteten Personalpolitik. Stattdessen gibt es in Zukunft eine transparente und ehrliche Bedarfsplanung als Grundlage der Neueinstellungen. Es werden nicht willkürlich Fächer wie Sport, Musik oder Kunst gestrichen, um Lehrermangel aufzufangen. Und wir konnten andere ungerechte Unterschiede in der Bezahlung abschaffen. In Zukunft ist es nicht mehr entscheidend, ob Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen oder Gymnasien, ob mit DDR-Ausbildung oder mit Staatsexamen unterrichten.
Ich verstehe, dass das für Sie kein Trost sein wird. Aber für uns waren all diese Maßnahmen so wichtig, dass wir sie nicht daran scheitern lassen wollten, dass die CDU zu keinem Kompromiss ohne Verbeamtung bereit war. Denn auch die Gleichbezahlung von Lehrerinnen und Lehrern an Grundschulen und solchen mit DDR-Ausbildung gehört zur Anerkennung von Lebensleistungen.
Ich danke Ihnen auch für Ihre Frage zum Informationsfreiheitsgesetz. Wie Sie zu Recht schreiben, ist das Gesetz Teil des aktuellen Koalitionsvertrags mit der CDU. Wir haben als SPD-Fraktion 2016 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Darüber, und über einen Vorschlag aus dem Staatsministerium des Inneren haben wir 2017 erfolglos verhandelt. Auch ein erneuter Anlauf mit einem erneuten Vorschlag unsererseits blieb erfolglos. Wir wollen das Gesetz trotzdem noch in dieser Legislaturperiode durchbringen, aber ob das gelingt, hängt auch an der CDU. Wir setzen uns in jedem Fall weiter dafür ein, gegebenenfalls auch in der nächsten Legislaturperiode.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Dulig