Frage an Martin Dulig von Rainer L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dulig,
wie ist Ihre persönliche Meinung zum bedingungslosen Grundeinkommen?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Locke
Sehr geehrter Herr Locke,
herzlichen Dank für Ihre Frage 22. August, in der Sie nach der Position meiner Partei zum Bedingungslosen Grundeinkommen fragen.
Grundsätzlich finde ich es richtig und wichtig, über die Zukunft der Erwerbsarbeit nachzudenken, und die Frage aufzuwerfen, ob das bisherige Modell marktwirtschaftlicher Arbeitsorganisation so heute noch umsetzbar ist. Dennoch halte ich die verschiedenen Konzepte, die alle mit einem Begriff „Bedingungsloses Grundeinkommen“ arbeiten, aber sehr unterschiedliche Dinge meinen, aus meiner Perspektive noch nicht für überzeugend.
Mir ist noch nicht klar, warum auch diejenigen voraussetzungsfrei ein Grundeinkommen erhalten sollen, die durch überproportional hohes eigenes Einkommen und Vermögen darauf gar nicht angewiesen sind. Zugleich sehen manche Modelle keinen Ausgleich für besondere Lebenslagen vor.
Denn auch wenn die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums über ein Grundeinkommen „bedingungslos“ sein soll, wäre es gleichwohl gerecht, dieses gegen andere Einkünfte und gegen Vermögensanteile „gegenzurechnen“.
Wenn man aus nachvollziehbaren ethischen Gründen auf die Bedürftigkeitsprüfungen des geltenden Sozialrechts verzichten will, verbleibt eine Bilanzierung aller Einkünfte und notwendigen Ausgaben auf dem Wege der Steuererklärung. Und spätestens dann wäre ein Grundeinkommen eher so etwas wie die gleichfalls seit Jahren diskutierte negative Einkommenssteuer – und damit gerade nicht mehr voraussetzungslos.
Auch künftig wird es wertschöpfende Erwerbsarbeit im eher klassischen Sinne geben (müssen), um die Voraussetzungen zu schaffen, allen ein akzeptables soziokulturelles Existenzminimum sichern und soziale Güter in hoher Qualität bereitstellen zu können (soziale Infrastruktur, Bildung, Gesundheit etc.). Einer weiteren Debatte zum "Bedingungslosen Grundeinkommen" stehe ich sehr offen gegenüber, zumal das Thema in meiner Partei fortwährend in der Diskussion ist. Außerdem möchte ich gern darüber sprechen, wie wir es schaffen, dass Gemeinwesen orientierte Arbeit anständige Bedingungen und Bezahlung erhält. Das sehe ich als eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass alle Menschen entsprechend ihren Möglichkeiten am gesellschaftlichen Leben teilhaben und tätig sein können.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Martin Dulig