Frage an Martin Dreß von Traugott K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dreß!
Ich habe im Internet gelesen, dass die ÖDP in Niedersachsen auf einem Bundesparteitag 1996 in Lehrte bei Hannover den Umweltmediziner Dr. Harry Rosin, der in meiner Region zu Hause ist, mit der "Goldenen Schwalbe" geehrt hat. Dr. Rosin bekam diese Auszeichnung der ÖDP, weil er gegen den Widerstand der Konzerne den ersten marktgängigen FCKW- und FKW- freien Kühlschrank durchgesetzt hatte und weil er mit Kryo-Recycling ein Konzept entwickelt hat, Kunststoffe und Elektroschrott durch Tiefstkälte zu verspröden. Dieses Konzept wird jedoch bis heute von der Politik und den Konzernen nicht aufgegriffen. Die durch Kälte gehärteten Materialen können leichter pulverisiert werden und als Rohstoff zurück an die Industrie gehen. Auch seltene Erden in der Elektronik sollten so wieder gewonnen werden und der Müllverbrennung sollte durch konsequentes Recycling der Brennstoff entzogen werden.
Steht die ÖDP noch zu diesem Konzept?
Will die ÖDP den Ausstieg aus der Müllverbrennung, wo hochwertige Stoffe unter Erzeugung undefinierbarer Feinstäube und giftiger Sondermüll- Filterstäube zu Schlacke verbrannt werden?
Ist es verantwortbar, diese Schlacke als Baumaterial oder im Straßenbau zu verwenden, wo doch alle Stoffe die darin akut eingeschlossen sind durch Verwitterung oder bei Bauarbeiten wieder freigesetzt werden können (siehe der Kieselrotskandal mit Dioxinen auf vielen Sportplätzen)?
Wie wollen Sie eine ökologische Kreislaufwirtschaft nach dem Vorbild der Natur erreichen, wo es keine Abfälle, sondern nur Wertstoffe gibt?
Mit bestem Gruß, Traugott Kreuplitz
Sehr geehrter Herr K.,
ich danke Ihnen für Ihre Fragestellung. Zeigt sie doch, dass Sie an
politischen Entscheidungsprozessen interessiert sind und Ihnen speziell
das Problem der Müllverwertung am Herzen liegt. Sie schreiben
richtigerweise, dass in der Natur alles in Kreisläufen abläuft, also
keine Ressourcen verloren gehen. Die Orientierung der wirtschaftlichen
Betätigung an dieser Vorgabe ist in den letzten Generationen weitgehend
verloren gegangen. Stattdessen wurde das Wachstum des
Bruttoinlandsprodukts mehr und mehr Ziel aller Wirtschaftspoliktik, mit
den bekannten Folgen einer ignorierenden Wegwerfgesellschaft. Ein
ständiges Wachstum der Mengen und Verbräuche ist aus Sicht der ÖDP weder
erstrebenswert noch möglich.
Für Ihre Frage gilt daher: Alles, was wir bislang verbrennen oder
deponieren - seien es nun ungiftige oder toxische Substanzen - muss
wieder in die Materialkreisläufe zurückfließen. Das Problem ist nämlich,
dass die ökologischen Folgekosten dieses bisherigen Verbrauchs weiterhin
nicht in den Produktionskalkulationen und Preisen auftauchen. So
entstehen - weil "billiger" - große Mengen an Schadstoffen, die Wasser,
Luft und Boden verseuchen.
Die ÖDP dagegen strebt eine selektive Abfallwirtschaft an, nach
folgenden Grundsätzen: 1. Abfallvermeidung und Wiederverwendung, 2.
Abfallentgiftung, 3. Recycling und sonstige, vorrangig stoffliche
Abfallverwertung, und 4. sichere Beseitigung der verbleibenden
Restabfälle. Die Bausteine dazu sind vielfältig und können hier nicht
alle einzeln aufgeführt werden; ich verweise dazu auf unser
bundespolitisches Programm. Konkret befürworten wir eine sogenannte
"Kalte Behandlung" des Restmülls in Biologisch-Mechanischen Anlagen
(BMA). Diese sind praktisch einsatzreif und habe deutlich
wirtschaftliche wie ökologische Vorteile gegenüber der Müllverbrennung
und den neueren Schwelbrennanlagen. Außerdem wollen wir die Entwicklung
und Erprobung von innovativen Methoden in der Abfallwirtschaft, wie z.B.
das Kryorecycling (Verfahren zur Stofftrennung mittels Tioefgefrieren)
oder die Niedertemperaturverölung vorantreiben. Hierzu ist politischer
Wille und Durchsetzungsstärke vonnöten.