Wann werden die Grünen die Ungerechtigkeiten aus dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz ausräumen, das sie mit der SPD und CDU/CSU beschlossen haben?
Sehr geehrter Herr Drees,
ich habe vor ca. 30 Jahren über meinen damaligen Arbeitgeber eine Kapital bildende Lebensversicherung abgeschlossen und aus meinem Nettogehalt finanziert.
Nach der Auszahlung muss ich nun erneut Krankenkassenbeiträge zahlen und zwar auch die Arbeitgeberanteile, die Pflegekasse, die es damals nicht gab und auch den speziellen Kassenanteil, den es damals auch nicht gab. Dieses Gesetz (Gesundheitsmodernisierungsgesetz) wurde 2004 rückwirkend in Kraft gesetzt. Wann wird diese Ungerechtigkeit rückwirkend geheilt?
Wann kommt endlich Bewegung in diese schon lange offene soziale Frage? Die Allianz hat eine Verzinsung von 4,7 % errechnet und ich "darf" jetzt knapp 20 % über 10 Jahre verteilt an die Krankenkasse abführen. Hätte ich das nur geahnt, hätte ich Aktien gekauft oder einfach nur gut gelebt anstatt zu "sparen"! Es wird höchste zeit, alte Fehler zu korrigieren!
Freundliche Grüße
Ronald Senser
Sehr geehrter Herr S.,
ich erlaube mir, Ihnen mit Auszügen einer Rede unseres Grünen Rentenexperten Markus Kurth v. 12.12.2019 zu antworten, der ich mich inhaltlich anschließe:
Das ist etwas, "was tatsächlich korrigiert gehört: Diejenigen, die vor 2004 aus eigenen Nettogeldern, also bereits verbeitragten Geldern, ganz alleine eine Betriebsrente angespart haben, sahen sich in der Auszahlungsphase mit den doppelten Beiträgen konfrontiert und mussten die entsprechenden Beiträge zahlen.
... Für diese klar umrissene Gruppe müsste es eine Vertrauensschutzregelung geben. ... Das Sinnvolle und Zielgenaue wäre gewesen, eine Antragslösung einzuführen, dass also genau diese Gruppe auf Antrag hin keine Beiträge mehr zahlen muss. Das wäre sauber gewesen.
Der allgemeine Freibetrag, der jetzt eingeführt wird, befriedet höchstens teilweise ... und belastet alle Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung – und genau auch diejenigen, die überhaupt gar keine Betriebsrente haben.
Die Friseurin und die Kassiererin im Supermarkt zahlen also den Freibetrag mit, den ein möglicherweise früherer leitender Angestellter erhält, der weit entfernt von irgendwelchen Niedriglohn- oder Armutsproblemen ist. Das ist nicht gerecht.
Sie schaffen an der Stelle einfach auch neue Ungerechtigkeiten, und es wird in Zukunft sogar eine Gruppe geben, die überhaupt gar keine Beiträge mehr zahlt – weder während der Einzahlungsphase noch während der Auszahlungsphase –, nämlich die Gruppe derjenigen – das gilt ja jetzt für alle und nicht nur für diejenigen, die vor 2004 aus eigener Tasche gezahlt haben –, die über die sogenannte beitragsfreie Entgeltumwandlung in die Betriebsrente einzahlen, also während der Einzahlungsphase keine Sozialversicherungsbeiträge abführen – weder vom Arbeitgeber noch selbst. Diese wird in Zukunft in der Auszahlungsphase ebenfalls von diesem Freibetrag profitieren. Wie geht das denn, dass man weder während der Einzahlungsphase noch während der Auszahlungsphase Beiträge zahlt? Das ist doch vollkommen widersinnig und systematischer Unsinn!
Man muss an der Stelle auch sagen: Das hat im Übrigen nichts mit der Solidargemeinschaft zu tun. Diesen Griff in die Sozialkassen kennen wir von der Mütterrente und von der Arbeitslosenversicherung."
Mit freundlichen Grüßen
Martin Drees