Frage an Martin Broziat von Kerstin L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Broziat,
ich habe folgende Frage: Warum müssen Menschen, die fast 30 Jahre gearbeitet haben und unverschuldet arbeitslos wurden und eine Abfindung erhalten haben, diese erst bis zum unpfändbaren Satz aufbrauchen, ehe sie überhaupt Anspruch auf Hartz IV haben? Oder warum bekommen Leute wie ich kein Hartz IV, wenn mein Anspruch auf ALG I endet? Bei uns ist es (wie bei vielen anderen sicherlich auch) so: Ich habe fast 30 Jahre bei einem großen Telekommunikationsunternehmen gearbeitet, bis wir verraten und verkauft wurden und habe deswegen meinen Arbeitsplatz verloren. Ich erhielt eine Abfindung, jetzt erhalte ich ALG I, Mein Mann hat noch seine Arbeit, mein ältere Sohn arbeitet für sehr wenig (ca. 80,-Eur monatlicht) in einer Werkstatt für Behinderte und lebt in einer Behinderteneinrichtung, mein jüngerer Sohn studiert und erhält kein BaFög (er geht nebenbei noch arbeiten). Wir zahlen für beide Söhne Unterhalt und liegen dem Staat nicht auf der Tasche. Ich werde wahrscheinlich ab dem nächsten Jahr Arbeiten annehmen müssen, die vom Lohn her unter dem Hartz-IV-Niveau liegen. Es gibt aber (auch in meiner Verwandschaft) Leute, die noch nicht einen Tag in ihrem Leben gearbeitet haben und vom Amt Hartz IV erhalten, ich meine damit keine Kranken oder so. Junge, gesunde Leute, die keine Lust zum Arbeiten haben. Da kriege ich immer einen Hals!! Finden Sie so etwas gerecht? Werden Sie sich für eine Änderung der Hartz-IV-Gesetze einsetzen, um solche Missstände zu beseitigen? Für eine alsbaldige Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüssen
Kerstin Lehmann
Sehr geehrte Frau Lehmann,
ich kann Sie gut verstehen und sehe hier auch Reformbedarf. Man muss natürlich sehen, dass "Hartz IV" als Existenzsicherung dienen soll; das ist richtig so, aber vieles ist dabei nicht plausibel.
Die FDP will richtigerweise das Schonvermögen erhöhen; ich gehe noch einen Schritt weiter, indem ich das Vermögen als das Ergebnis einer Lebensleitung ansehe. Sie, Frau Lehmann, haben evtl. 30 Jahre einen Teil ihres Einkommens gespart, um fürs Alter vorzusorgen. Es kann nicht sein, dass sie dieses Ersparte jetzt hergeben müssen, während ein anderer, der 30 Jahre "gut" gelebt hat und nicht gespart hat, sofort Leistungen vom Staat bezieht.
Mein Ziel ist, dass nur Einkünfte (gemäß den sieben Einkommensteuerarten) angerechnet werden, z.B. Miet- oder Pachteinnahmen oder Zinseinnahmen, nicht jedoch das Vermögen.
Bedarfsgemeinschaften sollten auch nur zum Tragen kommen, wenn ansonsten auch die Vorteile genutzt werden, wie das Ehegattensplitting, Familienkrankenversicherung etc. Liegt das alles nicht vor; so ist auch nicht einsehbar, warum plötzlich eine Bedarfgemeinschaft konstruiert werden darf! Ansonsten empfehle ich Ihnen, sich das Modell der FDP zum Bürgergeld anzuschauen, das dazu führt, dass der Bürokratieaufwand singt, das Geld vom Finanzamt ausgezahlt wird und dass der der arbeitet immer mehr hat, als der der nicht arbeitet.
Ihnen und ihrer Familie wünsche ich alles Gute!
mit freundlichen Grüßen
Martin Broziat