Frage an Martin Bachhuber von Tobias R. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Bachhuber,
in Deutschland herrscht derzeit ein enormer Fachkräftemangel, insbesonders an Ingenieuren. Dadurch entsteht der Wirtschaft ein Schaden von mehreren Milliarden Euro. Jedoch schreckte man nicht davor zurück Studiengebühren einzuführen.
Studiengebühren von mehreren hundert Euros pro Semester zusätlich zu anderen Kosten(Fahrtgeld, Bücher evtl. Wohnung usw.) ist für einen gewöhnlichen Studenten aus eigener Kasse kaum zu finanzieren und somit entscheiden sich viele gegen ein Studium.
Dazu kommt noch, dass die Hochschulen oft gar keine Verwendung finden und auf dem Geld sitzen bleiben.
Warum hält ihre Partei an den Studiengebühren fest?
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Riesch
Sehr geehrter Herr Riesch,
ich bedanke mich für Ihre Frage. Die Sachlage ist etwas komplexer – deshalb auch die lange Antwort.
Vorab einige Fakten:
Die Einführung der Studiengebühr an den bayerischen Universitäten, Kunst-und Hochschulen hat zu keinem Rücklauf der Studienanfänger geführt.
„Bundesbildungsministerin Dr. Annette Schavan (CDU) sieht … keinen direkten Zusammenhang zwischen den rückläufigen Erstsemester-Zahlen und den Studiengebühren. Dagegen spreche, dass „etwa Bayern und Hamburg Zuwächse verzeichnen, obwohl sie Gebühren einführen“, sagte Schavan dem Handelsblatt.“
Aus Marktforschungsergebnisse wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Studienanfänger von rund 50.000 pro Jahr bis 2013 auf bis zu 63.000 ansteigen. Dieses Niveau wird sich bis in das Jahr 2020 halten. Momentan gibt es in Bayern ca. 260.000 Studierende, in zwölf Jahren wird mit einem Zuwachs von 20-30% auf 340.000 Studierende gerechnet.
Wie unterstützt die CSU?
Die CSU sieht aus den bestehenden Fakten eine einmalige Chance
1. den Akademikeranteil weiter zu erhöhen,
2. die von Ihnen angesprochene Feststellung nach qualifizierten Arbeitskräften mit Hochschulabschluss zu befriedigen und
3. langfristig die internationale Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Hochschule zu sichern.
Bayern liegt an der Spitze der Ausgaben für Forschung und Entwicklung, bei den Patentanmeldungen und den staatlichen Investitionen. Damit das so bleibt machen wir uns für das bundesweit größte Hochschulausbauprogramm und damit folgende Investitionen stark:
1. Schaffung von 38.000 neuen Studienplätze bis zum Jahr 2011
2. 3.000 neue Stellen für Lehrpersonal
Investitionsvolumen: in den nächsten 5 Jahren ca. 1 Milliarde EUR
3. Überproportionaler Ausbau der Ingenieur- und Naturwissenschaften durch den Bau und Ausbau der Lehr- und Laborflächen
Investitionsvolumen: in den nächsten 4 Jahren zusätzlich 235 Mio EUR
ab 2008 werden 100 Mio. EUR zur Sanierung bereits vorhanden Hochschulgebäuden investiert
Ein Vergleich zur Finanzierung des Amerikanischen Bildungssystem: Da sich die amerikanischen Hochschulen zu einem großen Teil durch die Studiengebühren finanzieren, kommen auf die Studenten in den USA enorme Kosten zu. Es gibt große Unterschiede zwischen den einzelnen Hochschule. Je nachdem, ob es sich um private oder öffentliche, um Colleges oder Universitäten handelt, muss man mit Studiengebühren zwischen 5.000 und 30.000 Dollar rechnen. Der Durchschnitt liegt etwa bei 12.000 bis 16.000 Dollar (QUELLE:
http://www.in-usa-studieren.de/usastudium/finanzierung_studium_usa/kosten_st
udium_usa.html )
Wieso Studienbeiträge?
Studiengebühren sind wissenschaftspolitisch verantwortbar und sozialpolitisch vertretbar, weil dadurch auch soziale Gerechtigkeit gegenüber z.B. Handwerkern geschaffen wird, die Ausbildungskosten zur Meisterausbildung selbst tragen müssen. Darüber hinaus haben Akademiker im Durchschnitt ein geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko und überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten. Zum Sommersemester 2007 wurde die Einführung von Studienbeiträgen in Bayern unter folgenden 3 Voraussetzungen beschlossen:
1. Zusätzliche Mittel für die Hochschulen
Diese Beiträge fließen nicht in den allgemeinen Staatshaushalt, sondern bleiben an den Hochschulen, Studienbeiträge führen auch zu keiner Kürzung des Staatszuschusses für die Hochschulen.
2. Verbesserung der Studienbedingungen
Die Einnahmen aus den Studienbeiträgen kommen den Studierenden unmittelbar zugute. Pro Jahr werden mit ca. 150 Mio. EUR die Lehrbedingungen vor Ort verbessert, wie z.B. Ausweitung des Angebots der Hochschulbibliotheken, Erwerb moderner Präsentationstechniken, intensivere Studienberatung. Studierende können über die Verwendung der Beiträge mitbestimmen!
3. sozialverträglich
Es darf keine Überforderung der Studierenden und ihrer Familien durch die gesetzliche Obergrenze von 500 EUR pro Semester.
Darüber hinaus wurden besondere Maßnahmen zur Sozialverträglichkeit
eingeführt, wie z.B.
- Befreiungsmöglichkeiten aus sozialen Gründen (nahezu jeder 4. Studierende ist von den Studienbeiträgen befreit!)
- Ein besonders, sozialausgewogenes Studienbeitragsdarlehen: Ohne Sicherheiten, ohne Bonitätsprüfung und ohne Abschlussgebühr. Rückzahlung erst nach Beendigung des Studiums und Karenzphase (18 bis 24 Monate) und erst ab einen Mindesteinkommen!
In Deutschland dürfen maximal 500 EUR pro Semester an Studiengebühr veranschlag werden. Auch in in Europa sind Studiengebühren keine Ausnahme.
Hier Vergleichszahlen:
Belgien: Seit 1993, bis zu 730 EUR
Österreich: Seit 2001, derzeit 740 EUR
Schweiz: Schon immer, bis zu 745 EUR je nach Universität
Niederlande: Seit 1986, 500 - 1500 EUR
( Quelle: http://www.literaturasyl.de/?p=205 )
Unterstützung bei den Studiengebühren Die Akademische Ausbildung ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Damit die Studiengebühren diesen Motor nicht zum stocken bringen gibt es das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). BAföG ist ein Garant dafür, dass Jugendliche und junge Erwachsene eine ihrer Eignung und Neigung entsprechende Ausbildung absolvieren können – auch unabhängig davon, ob die finanzielle Situation ihrer Familie diese Ausbildung zulässt oder nicht. Mit den jetzt in Kraft tretenden Änderungen gilt dies mehr als je zuvor.
Im Einzelnen gibt es durch die neuen BAföG-Regelungen folgende Verbesserungen:
- Die Bedarfssätze steigen zum Schuljahr bzw. Wintersemester 2008/2009 um 10 Prozent, die Freibeträge vom Einkommen der Auszubildenden, ihrer Ehegatten und Eltern jeweils um 8 Prozent. Der Förderungshöchstsatz beträgt damit 643 Euro, wobei durch die höheren Freibeträge noch mehr Auszubildende einen Anspruch auf Förderung erhalten. Für alle Auszubildenden gilt zudem, dass ihre Minijobs mit einem Verdienst bis zu 400 Euro brutto anrechnungsfrei bleiben. Sie führen also nicht zu einer Kürzung der Ausbildungsförderung. - Auszubildende mit Kindern können einen Kinderbetreuungszuschlag erhalten. - Auszubildende mit Migrationshintergrund können leichter nach dem BAföG gefördert werden. Ausländische Auszubildende, die bereits langfristig aufenthaltsberechtigt sind oder eine dauerhafte Bleibeperspektive haben, werden auch ohne Anknüpfung an eine vorherige Mindesterwerbsdauer der Eltern gefördert.
- Auszubildende, die ihre Ausbildung ganz oder teilweise im Ausland absolvieren, können leichter gefördert werden. So ist beispielsweise auch eine vollständige Ausbildung im EU-Ausland und der Schweiz förderungsfähig. Ab dem Schuljahr 2008/2009 werden zudem auch Auslandspraktika, die beim Besuch von Berufsfachschulen vorgeschrieben sind, förderungsfähig. Darüber hinaus werden an Praktika im außereuropäischen Ausland ab dem Schuljahr bzw. Wintersemester 2008/2009 generell keine höheren Anforderungen mehr gestellt als an Praktika im europäischen Ausland.
Ausführliche Informationen erhalten Sie unter:
http://www.bafoeg.bmbf.de/de/372.php
Ich hoffe, Ihnen Ihre Frage hiermit beantwortet zu haben
Mit freundlichen Grüßen
Martin Bachhuber