Frage an Marlies Volkmer von L. M. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Dr. Volkmer,
alle Sport- und Privatpilotenpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen. Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit all dem nicht das Geringste zu tun haben? Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging.
Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenkontingent" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt!
Warum werden die nicht zum gläsernern Bürger gemacht, sondern nur ausgerechnet diese harmlose Minderheit? Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen? Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?
Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz! Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Lutz Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage auf Kandidatenwatch. Sie wenden sich gegen die im Luftsicherheitsgesetz angeordnete Zuverlässigkeitsüberprüfung. Der Luftverkehr unterliegt im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern einer besonderen terroristischen Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass diese Bedrohung sich in absehbarer Zeit nicht verringern wird. Dem ist im Luftsicherheitsgesetz durch ein gestaffeltes System an Sicherheitsmaßnahmen am Boden und in der Luft Rechnung getragen worden. Die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfungen auf die sog. Privatpiloten entspricht den erhöhten Sicherheitsanforderungen in der Luftfahrt sowie einer Forderung der deutschen Innenministerkonferenz vom 14. /15. Mai 2003. So soll verhindert werden, dass unzuverlässige Personen eine Ausbildung zum Piloten erlangen oder ein Luftfahrzeug führen.
Zuverlässigkeitsüberprüfungen können keinen hundertprozentigen Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs bieten, gleichwohl stellen sie eine wichtige präventive Komponente dar.
Dass es bisher überhaupt keinen Fall gegeben habe, in dem ein aktiver Luftsportler im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten aufgefallen sei, ist nicht zutreffend. In Brandenburg hat ein türkischer Staatsbürger 2002 unter Angabe einer falschen Identität eine Pilotenlizenz erworben. Die Person ist mutmaßliches Mitglied einer Tätergruppierung um einen Tunesier, der unter dem Verdacht steht, arabische Studenten für Anschläge in Deutschland angeworben zu haben und gegenwärtig in Berlin vor Gericht steht.
Zutreffend ist, dass ausländische Piloten durch §7 LuftSiG nicht erfasst werden. Dies ergibt sich aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Deutschland kann keine Schutzmaßnahmen in ausländischen Staaten anordnen. Der Umstand, dass bestimmte Schutzmaßnahmen nicht weltweit praktiziert werden, stellt aber keinen Grund dar, hiervon in Deutschland abzusehen.
Die Aussage, das Gefährdungspotenzial durch Kleinflugzeuge sei wesentlich geringer als das durch PKW und LKW, trifft so nicht zu. Nach gemeinsamer Auffassung der deutschen Sicherheitsbehörden sind leider genügend Tatszenarien vorstellbar, in denen durch Nutzung eines Kleinflugzeugs als Tatwaffe massive Schäden angerichtet werden können, z.B. wenn dieses mit Explosivstoffen beladen wird. Mit ausschlaggebend für die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf alle Flugzeugführer ist das Bedrohungspotenzial, das insbesondere aus der Mobilität des Fluggeräts resultiert. Schon von relativ kleinen Flugzeugen kann eine erhebliche Gefährdung für Personen insbesondere in Sicherheitsbereichen ausgehen, die gegen Angriffe vom Boden aus hinreichend geschützt sind.
Das Bundesministerium des Innern erarbeitet z.Z. unter Hochdruck die Rechtsverordnung zur Durchführung der Zuverlässigkeitsüberprüfung, die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wird. Die besondere Gefährdung, der der Luftverkehr unterliegt, erlaubt es jedoch nicht, mit der Durchführung der Sicherheitsüberprüfungen zu warten, bis diese Verordnung in Kraft ist. Das Bundesministerium steht in engem Kontakt mit den Ländern, um auch jetzt schon ein möglichst einheitliches Vorgehen sicher zu stellen.
Die Zuverlässigkeitsüberprüfung sieht ein abgestuftes Prüfverfahren vor. Nach §7 Abs. 3 Nr. 2 des Luftsicherheitsgesetzes darf die Luftsicherheitsbehörde Anfragen bei den Polizei- und den Verfassungsschutzbehörden der Länder stellen. Bei den weiteren Sicherheitsbehörden wie z. B. dem Bundeskriminalamt, dem Zollkriminalamt, dem Militärischen Abschirmdienst oder dem Bundesnachrichtendienst darf nur angefragt werden, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Diese Erforderlichkeit unterliegt ggf. der gerichtlichen Überprüfung.
Der Zuverlässigkeitsüberprüfung werden ausnahmslos das gesamte fliegende Personal der Luftfahrtunternehmen und alle Beschäftigten auf unseren Verkehrsflughäfen bis zur Reinigungskraft unterworfen, ohne dass daran Kritik geübt wird. Ich kann nicht erkennen, dass die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf Privatpiloten unverhältnismäßig ist oder dass dadurch Privatpiloten gegenüber bislang schon der Zuverlässigkeitsüberprüfung unterworfenen Personen benachteiligt werden.
Die Gebühren für die Zuverlässigkeitsüberprüfungen werden bei ca. 25,- Euro liegen, was ich für akzeptabel halte. Es ist auch beabsichtigt, zukünftig die Wiederholungsprüfung nur alle 3 Jahre durchzuführen.
Ich halte die Zuverlässigkeitsüberprüfung für verhältnismäßig. Der Einschränkung, der sich die Sport- und Privatpiloten unterwerfen müssen, steht das höhere Gut des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit potentieller Terroropfer gegenüber. Ich werde mich deshalb nicht gegen die Zuverlässigkeitsprüfung engagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Volkmer