Frage an Marlies Volkmer von Klaus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Die "Politikverdrossenheit" hat sicher viele Gründe, insbesondere die geringe Wahlbeteiligung resultiert auch daraus, daß die Auswahl auf die (zufälligen) Direktkandidaten und die Listen weniger Parteien beschränkt ist.
- Wie stehen Sie zu einer Wahlmöglichkeit, die nicht nur auf die Auswahl der vorgegebenen Listen beschränkt ist, sondern auch eine Wichtung der darauf befindlichen Kandidaten ermöglicht ? Damit hätten nicht mehr nur Parteigremien, sondern der Wähler Einfluß auf die Chancen einzelner Kandidaten.
- Wie stehen Sie zu mehr direkter Demokratie (Volksentscheid, Volksbegehren) auch auf Bundesebene ?
- Halten Sie die 5%-Sperrklausel für notwendig ?
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Schneider
Sehr geehrter Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre Fragen zur demokratischen Teilhabe der Bevölkerung. Grundsätzlich halte ich die Erstellung von Kandidatenlisten in den demokratischen Parteien für richtig. Die Parteimitglieder entscheiden in demokratischer Weise, wer die Ziele der Partei aus ihrer Sicht am besten vertritt. Auch regionale Gesichtspunkte spielen für die Aufstellung von Listen eine Rolle. Ein weiterer Aspekt ist auch der ausgewogene Anteil von Frauen und Männern. Eine Wichtung durch Wähler kann eine wohl abgewogene Liste so verändern, dass die Zusammenarbeit und damit die Durchsetzung der politischen Ziele erschwert werden. Dieses Risiko sollte man nur dort eingehen, wo die Wählerinnen und Wähler sich - so wie die Parteimitglieder - tatsächlich ein eigenes Bild von den Kandidatinnen und Kandidaten machen können. Das ist in der Kommunalpolitik so. Hier können sich Wahlberechtigte und Kandidaten am einfachsten begegnen und austauschen. Das ist auf Landes- und Bundesebene nicht in jedem Fall gewährleistet. Hier wird die Parteiliste in der Regel die nachhaltigere Entscheidung sein. Ein gewisser Einfluss der Wählerinnen und Wähler ist über die Direktmandate bereits gegeben. Sie gehen den Listenvorschlägen vor. Die Aufstellung für ein Direktmandat ist durchaus nicht zufällig. Ihr gehen intensive Beratungen in den örtlichen Parteigremien voraus. Die Aufstellung erfolgt zum großen Teil in Mitgliedervollversammlungen, wo es häufig auch Kampfkandidaturen gibt.
Ich bin dafür, die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheiden sowie Referenden in das Grundgesetz aufzunehmen.
Ich halte die 5%-Sperrklausel für notwendig. Die Erfahrungen der Weimarer Republik gelten auch heute noch. Ohne Sperrklausel ist die Gefahr zu groß, dass in den Parlamenten keine stabilen Mehrheiten zustande kommen. So komplizierte Gemeinwesen wie Deutschland und die Bundesländer mit vielfältigen Beziehungen und Verpflichtungen nach außen und untereinander könnten ohne Verlässlichkeit nicht sinnvoll regiert werden.
Ich wünsche Ihnen und allen Leserinnen und Lesern ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes Neues Jahr.
Marlies Volkmer