Frage an Marlies Volkmer von Guido F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Volkmer,
in Ihrer Antwort an Herrn Calisir machen Sie deutlich, dass die SPD Cannabis nicht als harmlose Droge ansieht und sie daher an der grundsätzlichen Strafbarkeit des Besitzes, des Anbaus und des Inverkehrbringens von Cannabis festhält. Außerdem weisen Sie darauf hin, dass Sie derzeit mit großer Besorgnis die Zunahme des Cannabis-Konsums bei jungen Menschen sehen.
Nun ist mir nicht ganz klar, warum der Konsum unter jungen Menschen besorgniserregend ansteigt. Besitz, Anbau und Inverkehrbringen sind doch bereits seit Jahrzehnten verboten, also dürfte es doch nicht mehr den geringsten Konsum geben, oder?
Wenn der Konsum nun aber trotz des Verbots ansteigt, müsste man dann nicht zu der Erkenntnis gelangen, dass das Verbot nicht geeignet ist, den Konsum einzudämmen?
Wie stehen Sie vor diesem Hintergrund zu verschiedenen Forschungsarbeiten, die in der jüngeren Vergangenheit zeigten, dass Verbote und Strafandrohungen tatsächlich keinen Einfluss auf die Konsumverbreitung ausüben ( http://tinyurl.com/3pwvqck , http://tinyurl.com/4xraorp , http://tinyurl.com/WHO-WMHS , http://tinyurl.com/BF-GCCR )?
Warum wollen Sie und Ihre Partei trotzdem am Cannabisverbot festhalten, und wie bewerten Sie die Vereinbarkeit eines ungeeigneten Cannabisverbots mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz?
3.3 Mio. Bundesbürger sind alkoholabhängig oder konsumieren missbräuchlich, 9,5 Mio. trinken täglich gesundheitsschädliche Mengen und mehr als 73.000 sterben jährlich aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums ( http://tinyurl.com/DHS-Alko ). Mit 393.000 Betroffenen war Alkohol im Jahr 2008 für 60-mal so viele Behandlungsfälle verantwortlich wie der Gebrauch von Cannabis. ("Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000" über www.gbe-bund.de, Stichwortsuche: Alkohol, bzw. Cannabinoide)
Betrachten Sie Alkohol trotzdem nur als harmlose Droge, oder werden Sie künftig auch dessen Verbot fordern?
Freundliche Grüße
Guido Friedewald
Sehr geehrter Herr Friedewald,
ich halte das Cannabis-Verbot für eine wichtige und richtige Maßnahme, um insbesondere Jugendliche vor der leichten Verfügbarkeit dieser Droge zu schützen. Eine Zunahme des Cannabis-Konsums bei jungen Menschen ist für mich kein Grund, diese Droge zu legalisieren. Viele Drogenabhängige begannen ihre leidvolle Karriere mit dem Konsum von Cannabis. Ich halte die Verharmlosung dieser Droge deshalb für unverantwortlich und bin strikt dagegen, dass Cannabis so leicht zu erwerben ist wie eine Tüte Bonbons. Bezüglich Ihres Verweises auf Alkohol gibt es klare Regelungen, dass dieser nicht an Jugendliche verkauft werden darf. Dennoch gibt es auch hier alarmierende Beispiele, wie bereits Jugendliche durch missbräuchlichen Genuss von Alkohol abhängig wurden. Eine besonders unrühmliche Rolle in diesem Zusammenhang spielen seit einigen Jahren die sogenannten „Alcopops“, die gerade bei Jugendlichen großen Anklang finden. Ohne wirklich zu merken, wie viel Alkohol sie tatsächlich zu sich nehmen, führt das exzessive Trinken dieser Mischungen immer wieder zu Alkoholvergiftungen, in einigen Fällen sogar schon zum Tod. Gerade als Gesundheitspolitikerin stehe ich derartigen Getränke deshalb sehr distanziert gegenüber. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang sind sicherlich auch die, im Vergleich mit anderen europäischen Staaten, niedrigen Preise für alkoholische Getränke in Deutschland. So ist z.B. eine 0,7 l Flasche Wodka für unter fünf Euro im Discounter erhältlich. Mit derartigen Preisen wird dem Alkoholmissbrauch ganz klar Vorschub geleistet. Eine höhere Besteuerung, insbesondere der hochprozentigen Alkoholika, wäre deshalb aus meiner Sicht durchaus sinnvoll. Wenn diese Einnahmen dann noch zielgerichtet in die Präventionsarbeit bzw. in Programme für Betroffene fließen, wäre ein solcher Schritt sicherlich auch für die Menschen in unserem Land nachvollziehbar.
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Volkmer