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Marlies Volkmer
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Frage von Klaus S. •

Frage an Marlies Volkmer von Klaus S. bezüglich Familie

Inwiefern schiebt ein Bedingungsloses Grundeinkommen Menschen in die Perspektivlosigkeit ab oder nimmt Ihnen ihre Würde?

Ermöglicht dieses nicht gerade Menschen, die sich das wegen Existenzproblemen gegenwärtig nicht leisten können, schöpferische Tätigkeiten oder auch die Unterbrechung von Berufstätigkeit zur Betreuung und Pflege von Angehörigen ohne Bittgänge zu Ämtern ?

Wie anders wollen Sie eine stetig wachsende Arbeitsproduktivität in positive Effekte für die ganze Gesellschaft umsetzen? Mit stetig wachsendem Konsum? Oder stetig wachsenden Sozialabgaben zum Beispiel für Pflegeversicherung ?

Ist ein staatlicher Mindestlohn gegenwärtig nicht gerade deshalb überhaupt erforderlich, weil Menschen aus nackter Existenznot ihre Arbeitskraft zu allen, auch den schlechtesten Bedingungen verkaufen müssen?

Wie anders wollen Sie Menschen ohne Vermögen und ohne gut verdienenden Partner ermöglichen, wichtige gesellschaftliche Tätigkeiten auszuüben, die einfach zu gering bezahlt werden? Oder gehen Sie davon aus, dass alle derartigen Tätigkeiten (zum Beispiel in der Kultur) in vollwertig bezahlte Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden können? Wer soll dies bezahlen? Wer entscheidet, was entsprechend wichtig ist? Wissen Sie, unter welchen Bedingungen gegenwärtig zum Beispiel ein Malzirkel für Kinder einkommensschwacher Eltern arbeitet? Ich denke, nicht alles kann und soll der Staat regulieren. Das Bedingungslose Grundeinkommen wäre auch ein guter Weg zu weniger Bürokratie, meint

Klaus Schneider

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schneider,

die SPD fordert Mindestlöhne und hält am Ziel der Vollbeschäftigung fest. Wer Arbeit hat und fair entlohnt wird, braucht kein Grundeinkommen: Diese Menschen können von ihrer Arbeit leben. In der Gesellschaft gibt es genug Arbeit. Man kann sie bei einer entsprechenden Verteilung des Wohlstands auch organisieren und fair bezahlen.

Mit einem BGE dagegen hat man das Problem "einfach" gelöst: Die Menschen bekommen eine Summe zum Leben, egal ob sie Arbeit händeringend suchen, weil ihnen zu Hause "die Decke auf den Kopf fällt", oder ob sie auf Kosten der Arbeitenden nichts machen wollen. Damit gäbe es keine Wachstums- und keine Beschäftigungspolitik mehr, die Grundlage sind für ökonomische Prosperität. Die Politik gäbe jeglichen gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch auf.

Stichwort Arbeitsproduktivität: Wir haben Arbeitslosigkeit und Lohndumping bzw. eine nicht genügende Ausfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme vor allem auch deshalb, weil Produktivitätsgewinne nicht gerecht verteilt werden. Zu viel Geld wird dort konzentriert, wo es keinen produktiven Nutzen für die Gesellschaft entfalten kann. Daher ist es unsere politische Hauptaufgabe, für eine bessere Verteilung des Wohlstands zu sorgen. Mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes und der Börsenumsatzsteuer sowie der Begrenzung von Managerboni hat die SPD hier entscheidende Vorschläge gemacht. Ein Grundeinkommen würde die Verteilungswirkung zwar massiv verändern, aber ohne Richtung und Ziel. Das hat im Ergebnis dieselben Folgen wie mangelnde Verteilung: Schrumpfen der Wirtschaft durch die Setzung von ökonomischen Fehlanreizen. Am Schluss verlieren dabei alle.

Lieber Herr Schneider, Sozialpolitik ist viel mehr als die Sicherstellung der materiellen Existenz: Sozialpolitik ist Arbeitsmarktpolitik, Gesundheitspolitik, Bildungspolitik, Familienpolitik, Rentenpolitik, Politik für Menschen mit Behinderung u.v.m. In all diesen Bereichen geht es um mehr als um die Sicherstellung der materiellen Existenz. Es geht um Familienhilfen, es geht um Betreuungsschlüssel in Kitas und Klassenstärken in den Schulen. Es geht um die Sicherstellung der medizinischen Versorgung auf dem Land und Barrierefreiheit für Behinderte.

Das Bedingungslose Grundeinkommen hilft bei diesen Problemen fast nichts. Im Gegenteil. Weil ein BGE so viele finanzielle Ressourcen bindet, verlieren viele Menschen bis weit in die Mittelschicht die wichtigen, dann nicht mehr finanzierbaren öffentlichen Dienstleistungen, die ihnen Perspektiven und Aufstiegschancen bieten und es ihnen ermöglichen, gleichberechtigt an der Gesellschaft teilzuhaben. Am härtesten trifft es diejenigen, die fast nichts haben. Den Wohlhabenden ist es egal, sie haben genug Geld, diese sozialen Dienstleistungen privat zu finanzieren. Das werde ich politisch nie vertreten.

Mit freundlichen Grüßen
Marlies Volkmer