Frage an Marlies Volkmer von Horst S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Vaatz,
stimmen sie den Zensurplänen der Bundesfamilienministerin im Kampf gegen Kinderpornographie zu?
Warum unternimmt die Bundesregierung keine ernsthaften Schritte und lässt entsprechende Server abschalten? IT-Experten und Medienkritier bezeichnen die Pläne des Stoppschildes, als Symbolpolitik, die keinen Gewinn im Kampf gegen Kinderpornographie darstellt.
Ist ihnen bekannt, dass es ein leichtes ist, die entsprechende Sperre zu umgehen?
Ist ihnen bekannt, dass der Großteil des Kinderpornoaustausches per Post, MMS und Newsgroups abläuft und nicht über frei zugängliche Webserver?
Vielen Dank für ihre Antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Schäfer
Sehr geehrter Herr Schäfer,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Viele Ihrer Bedenken gegen den Gesetzentwurf von Bundesministerin von der Leyen, die auch von anderen Bürgern vorgetragen wurden, hat die SPD-Bundestagsfraktion geteilt. Unsere Verhandlungen mit dem Koalitionspartner haben jetzt dazu geführt, dass Kernforderungen der SPD-Bundestagsfraktion Bestandteil des Gesetzes werden:
1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips: Löschen vor Sperren
Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur, soweit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.
2. Kontrolle der BKA-Liste und Rechtsschutzmöglichkeiten Betroffener:
Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren, soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung nicht vorliegen. Es wird verankert, dass gegen die Aufnahme in die Sperrliste der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.
3. Datenschutz:
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.
4. Spezialgesetzliche Regelung mit Befristung:
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird, nicht jedoch von anderen Inhalten, werden die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert. Zudem tritt das Gesetz automatisch zum 31. Dezember 2012 außer Kraft, so dass in jedem Falle die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann. Zusätzlich haben wir eine Bestimmung aufgenommen, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann.
Durch das Gesetz wird eine Infrastruktur ausgeschlossen, die zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornografischer Inhalte genutzt werden könnte. Ohne das Gesetz hingegen blieben die bereits abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern über Sperrmaßnahmen gültig, die gerade keinen hinreichenden Grundrechtsschutz und verfahrensrechtliche Sicherungen beinhalten.
Ich habe dem Gesetzentwurf deshalb am 18. Juni zugestimmt.
Auch wenn nicht allen Forderungen entsprochen werden konnte - das ist das Wesen von Kompromissen - waren die Aktivitäten der Gegnerinnen und Gegner von Internet-Sperren sehr erfolgreich. Sie haben zu einem besseren Gesetz beigetragen. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Die Bekämpfung von Kinderpornographie nimmt die SPD-Bundestagsfraktion seit langem sehr ernst. Das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornographie haben wir in den vergangenen Jahren lückenlos unter Strafe gestellt. Anfang Mai haben wir mit einem Zehn-Punkte-Programm ein umfassendes Konzept konkreter Maßnahmen gegen Kinderpornographie vorgelegt. Das Zugangserschwerungsgesetz ist ein weiterer Baustein.
Ich hoffe, dass Ihnen diese Informationen nützen und würde mich freuen, wenn Sie diese Argumente in Ihre Bewertung einbezögen.
Mit freundlichen Grüßen
Marlies Volkmer