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Markus Hümpfer
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Frage von Dirk K. •

Stimmen Sie für ein vollständiges Handelsembargo gegen Russland um dessen Kriegsfinanzierung über Gas- und Ölexporte zu stoppen? Bitte zeigen Sie hier Größe! Danke.

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Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 2. März. Angesichts der ernsten Lage in der Ukraine kann ich Ihre Forderungen nach einem vollständigen Handelsembargo gegen Russland durchaus nachvollziehen. Allerdings bin ich aus folgenden Gründen gegen ein vollständiges Embargo fossiler Energieträger aus Russland:

Anders als zum Beispiel die USA ist Deutschland wie auch viele weitere EU-Länder in hohem Maße abhängig von Einfuhren dieser Energieträger aus Russland. Das müssen und werden wir ändern. Maßnahmen auf diesem Weg sind der massive Ausbau der erneuerbaren Energien, die umgehende Errichtung von LNG-Anlande-Terminals sowie die Reduktion des Verbrauchs durch höhere Energieeffizienz. Auch verbrauchsmindernde Maßnahmen wie autofreie Sonntage müssen in Erwägung gezogen werden.

Ein vollständiges Handelsembargo, welches Öl und Gas beinhaltet, würde allerdings zu hohen wirtschaftlichen Schäden für Bevölkerung und Unternehmen wie z.B. einem deutlichen Einbruch des Wirtschaftswachstums, weiter steigenden Preisen sowie zu Insolvenzen, die den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten, führen. Diese Folgen für das gesamte Land muss die Bundesregierung in die Abwägung ihrer politischen Entscheidungen einbeziehen.

Deshalb hat die Bundesregierungen die Sanktionen gegenüber Russland in Abstimmung mit ihren Verbündeten sehr scharf justiert, aber auch entschieden, zugunsten der Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa weiterhin die Aktivitäten der Wirtschaftsunternehmen im Bereich der Energieversorgung mit Russland zuzulassen.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Freiheit und Frieden müssen uns etwas wert sein. Aber es ist wichtig, dass wir dem Aggressor mehr schaden als uns selbst – und dass wir ihn auch wirklich empfindlich treffen. Zumindest für Öl kann Russland unmittelbar auf andere Abnehmer umstellen, bei Gas auch in verringertem Maße. Und selbst geringere Öl- und Gasexporte bedeuten keinen Einnahmeverlust, wenn gleichzeitig der Preis rasant ansteigt. Mit anderen Worten: nachhaltig ist unsere Strategie nur, wenn wir unsere Nachfrage senken, und nicht, wenn wir nur auf einen Teil des Angebots verzichten.

Deswegen arbeitet die Bundesregierung mit ihren Partnern innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus seit Monaten mit Hochdruck daran, unabhängiger von fossiler Energie zu werden, unsere Energieimporte zu diversifizieren und die Abhängigkeit von russischen Energieimporten im Speziellen zu reduzieren. Wir müssen dringender denn je in unsere Energiesouveränität investieren und die deutsche Energieversorgung auf resiliente, das heißt erneuerbare, Säulen stellen.

Ein Embargo jedoch wäre für uns schmerzhafter als für Russland selbst und würde wahrscheinlich mehr Schaden als Nutzen anrichten. Je nachdem wie die Lage sich entwickelt, kann diese Abwägung aber auch anders ausfallen. Wenn der 24. Februar uns aber eins gezeigt hat, dann dass auch das Unvorstellbare unmittelbar wahr werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Hümpfer

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