Frage an Markus Egg von Lutz L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Prof. Dr. Markus Egg,
Sie haben in einer Antwort eines anderen Fragestellers einen "Verfassungsputsch von oben" erwähnt. Dies ist mein Ansatz.
Glauben Sie, dass in einem sonst rechtsstaatlichen und verfassungstreuen Staatswesen ein Verfassungsputsch von oben ohne rechtliche Folgen möglich ist?
Vermutlich nicht.
Folgerung. Wenn Verfassungsputsch wahr, dann allgemeine Erosion des Rechtsstaats.
Daraus folgen meine weiteren Fragen.
Welche Bedeutung messen Sie der Justiz bei der Gewährleistung des Rechtsstaats und der Demokratie zu?
Ist die Justiz allgemein in der Lage und willens den Rechtsstaat und damit auch gesellschaftliche Grundnormen sicherzustellen?
Welche Defizite sehen Sie in der Justiz?
Kennen Sie die Ziele, Wertvorstellungen und gesellschaftliche Verankerung der Richter und Staatsanwälte als wichtige Entscheidungsträger?
Welche Mitverantwortung trägt die Justiz an gesellschaftlichen Fehlentwicklungen? Hat sie die Verletzung von Grundnormen zugelassen und durch unterstützende Rechtsprechung zur faktischen Norm erklärt?
Sind die Einhaltung der Gesetze durch die Justiz, insbesondere zu Verfahrensregeln (ZPO, StPO) und der Grundrechte, aus Ihrer Kenntnis gesichert? Welche politischen Maßnahmen befürworten Sie in Bezug auf die Justiz um die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu erreichen bzw. verbessern?
Eine Frage zur Partei selbst:
In wichtigen Themen gibt es Übereinstimmung mit Vertretern anderer Parteien. Warum wird statt dem kollektiven Scheitern an der 5%-Hürde nicht wenigstens auf Bundesebene eine Bündelung der Interessen versucht? Wovon finanziert sich Ihre und andere Parteien bei einem Ergebnis unter 5 Prozent? Welche Bündnisse, Koalitionen sind bei einem Einzug in den Bundestag denkbar?
Mit freundlichen Grüssen
Lutz Lippke
Sehr geehrter Herr Lippke,
ein Verfassungsputsch von oben kann meines Erachtens durchaus funktionieren, wenn die Gewaltenteilung nicht mehr richtig funktioniert, weil damit die gegenseitige Kontrolle ausgehebelt wird. Wir erleben derzeit ein Parlament, in dem die Unabhängigkeit der Abgeordneten und die Kontrolle der Regierung verhindert wird, weil die Abgeordneten von ihren Fraktionen abhängig sind. Gleichzeitig ist auch das Bundesverfassungsgericht in Abhängigkeit von den Parteien geraten, die über seine Besetzung bestimmen. So konnte es dazu kommen, daß die Regierung das Parlament sein Königsrecht, das Budgetrecht, verschleudern lassen kann, und es nur in Teilen möglich war, diese Politik vom BVG verhindern zu lassen. Die Mitverantwortung der Justiz sehe ich hier in einer extrem weiten Auslegung des Handlungsspielraums der Regierung und des Parlaments, wenn es darum geht, Rechte an überstaatliche Insititutionen zu übertragen. Über den Begriff "Putsch" kann man jetzt natürlich streiten, weil er eine jähe Veränderung suggeriert, während es sich in Deutschland um eine schleichende Aushöhlung der Demokratie handelt.
Um den Rechtsstaat und die Demokratie auf allen Ebenen zu erhalten ist eine unabhängige Justiz unabdingbar. Ich habe grundsätzlich zwar Vertrauen in die Justiz, und glaube auch, daß sie am Aufrechterhalten des Rechtsstaats und der gesellschaftlichen Grundnormen und der Einhaltung der Gesetze mitwirkt, vermisse aber manchmal ein konsequentes Ausnutzen des gesetzlich vorgegebenen Spielraums bei der Ahndung von Straftaten. Um die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu verbessern, braucht es besser gemachte Gesetze, eine ausreichende personelle Ausstattung und politische Unterstützung der Verfolgungsorgane (Polizei, Steuerfahndung...), schließlich dann eine ausreichende personelle Ausstattung der Justiz, um Straftaten konsequent und schnell ahnden zu können, und auch eine Unabhängigkeit des BVGs von den Parteien.
Zu Ihrer Frage nach der Bündelung der Interessen kann ich auf unseren Versuch verweisen, mit den Freien Wählern zusammenzugehen, der allerdings scheiterte. Sie haben recht, daß es auch mit anderen Parteien bei einzelnen Themen Übereinstimmung gibt, ich finde aber, daß die Unterschiede bei anderen Themen viel zu groß und mit unserer eigenen Einstellung nicht vereinbar sind, als daß ein Zusammengehen möglich wäre. Dies würde auch unserem derzeitigen Hauptanliegen, dem Kampf gegen die verhängnisvolle Finanz- und Währungspolitik, zum Nachteil gereichen. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Wir sehen den Islam nicht als grundsätzliches Problem für unser Land und unsere Gesellschaft an (sosehr wir Islamismus und islamistisch motivierte Straftaten bekämpfen würden).
Derzeit finanzieren wir uns zu einem kleineren Teil durch Spenden und zum größeren Teil durch Beiträge unserer Mitglieder. Darüberhinaus haben wir nach der Wahl Wahlkampfkostenerstattung zu erwarten, die ja nicht vom Überspringen der 5%-Hürde abhängt.
Im Bundestag wären wir grundsätzlich koalitionsbereit mit Parteien, die sich nicht an der derzeitigen Finanz- und Währungspolitik, v.a. nicht an der "Eurorettungspolitik" beteiligen.
Viele Grüße, Markus Egg.