Frage an Markus Büchler von Nicolas H. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Büchler,
mit Entsetzen habe ich die Forderungen des CSU-Innenministers Joachim Herrmann nach einem Verbot sogenannter „Killerspiele“ zur Kenntnis genommen. Damit folgt Joachim Herrmann der Auffassung seines Vorgängers Günther Beckstein, des CSU-Bewerbers für das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten. Unter anderem halten beide den „derzeitigen Jugendschutz bei Computerspielen für völlig unzureichend“.
Diese zugespitzten Äußerungen zeugen von fehlender Sachkompetenz und der mangelnden Bereitschaft, sich mit einem neuen Medium auseinanderzusetzen – ein Medium, das in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. 28 Prozent aller Deutschen über 14 Jahre spielen digitale Spiele. Am Ende dieses Jahres wird es mehr als 4,3 Millionen zusätzliche Spielkonsolen in Deutschlands Haushalten geben (Quelle: Branchenverband BITKOM, 19. August 2008).
Kinder- und Jugendschutz ist wichtig und wertvoll und aus gutem Grund in der Verfassung verankert. Wie Ihnen bekannt ist, gelten in Deutschland diesbezüglich schon jetzt die europaweit schärfsten Gesetze; Mitte dieses Jahres wurde das Jugendschutzgesetz auf Initiative von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen erweitert.
Seit 1. April 2003 werden Computer- und Videospiele – analog zu Spielfilmen – mit eindeutigen, auffälligen Alterskennzeichnungen versehen. Laut Statistik der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) sind fünf Prozent aller im Jahre 2007 eingereichten Spiele auf ein erwachsenes Publikum zugeschnitten und daher mit „Keine Jugendfreigabe“ eingestuft.
Ich gehöre zu diesem erwachsenen Publikum und empfinde es als unerträglich in dieser Art und Weise in meine Freizeitgestaltung einzugreifen.
Wie stehen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen
Nicolas Halkhoree
Sehr geehrter Herr Halkhoree,
vielen Dank für Ihr E-Mail über kandidatenwatch.de, wenngleich Sie mich mit "Herrn Weidenbusch" ansprechen. Herr Weidenbusch ist wie ich Landtatgskandidat, jedoch von der CSU. Ich kandidiere für die Grünen. Aber zur Sache: Genauso wie Sie sehe ich eine besondere Verantwortung des Staates für den Jugendschutz. Der Jugendschutz ist im Mai diesen Jahres vom Deutschen Bundestag verschärft worden. Die Gefahr, die von Gewalt verherrlichenden und pornographischen Videos und Spielen für Kinder und Jugendliche ausgeht, ist groß und Anlass zu berechtigter Sorge.
Die Freiheit des Einzelnen ist andererseits ebenfalls ein hohes Gut, das wir Grüne stets verteidigen, siehe die Diskussion um den Abbau der Bürgerrechte, den Überwachungsstaat, Schnüffelviren und ähnliches. Wir Grünen lehnen die Vorstellung ab, dass der Staat festlegt, was gut für die Bürger ist und was schlecht. Auch das schärfste Verbot wird Kinder und Jugendliche nicht von gefährlichen Computerspielen und Videos fernhalten. Über das Internet stehen unzählige gefährliche Filmdateien und Spiele zum Herunterladen bereit. Über unachtsame oder fahrlässige Erwachsene besteht ebenfalls die Möglichkeit des Zugriffs auf jugendgefährdende und Gewalt verherrlichender oder pornographische Computerspiele, Videos u.ä. Pauschale Parolen vom "Verbieten" bringen uns in der Sache nicht weiter und zeugen von Unkenntnis der Sachlage.
Insofern handelt es sich hier um einen Zielfkonflikt: Jugendschutz contra bürgerliche Freiheitsrechte. Die Lösung kann nur eine differenzierte Betrachtung und ein zielgenaues Handeln des Staates sein. Dies bedeutet konkret:
1. Einerseits muss der Staat Medien weiterhin wie bisher kontrollieren, einstufen und kennzeichnen lassen. Wenn die zuständige Fachkommission einem Produkt einen besonders hohen Gefährdungsgrad attestiert, habe ich persönlich gegen ein Verbot im Interesse des Gemeinwohles nichts einzuwenden. Auch dann nicht, wenn die Beschaffung über Internet etc. möglich ist. Die Alternative wäre eine generelle Freigabe. Dies liegt weder im Interesse des Jugendschutzes noch der öffentlichen Sicherheit. Die Freiheit des einen hört da auf, wo die Freiheit des anderen gefährdet wird. Jugendgefährdende Medien zu konsumieren ist in meinen Augen auch für Erwachsene kein absolutes Grundrecht, sondern eine Privatsache, die es mit anderen Werten und Zielen abzuwägen gilt. Gleichwohl muss die Möglichkeit des staatlichen Verbotes so stark eingeengt sein, dass es nicht zu einem staatlichen Missbrauch bis hin zur Zensur (etwa der freien Meinsungsäußerung) kommen kann.
2. Andererseits - und das ist der viel wichtigere Punkt - braucht es viel mehr Anstrengungen zur Prävention in den Schulen und in der Jugendarbeit. Die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen muss dringend erweitert werden, um den gefährdenden Inhalten vorbeugen zu können. Ferner muss auch verstärkt von Schulen und anderen Bildungsträgern auf Erwachsene, insbes. Eltern aufklärend eingewirkt werden, um die Weitergabe jugendgefährdender Medien an Kinder und Jugendliche zu begrenzen. Der Freistaat Bayern muss hierfür ausreichende Mittel bereit stellen. Für eine Bildungsoffensive für mehr Medienkompetenz möchte ich mich im Bayerischen Landtag als Abgeordneter gerne einsetzen.
Freundliche Grüße
Markus Büchler