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Mark Helfrich
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Frage von Heike R. •

Frage an Mark Helfrich von Heike R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Helfrich,

die Briten sind ja nun wohl, nach deren Wahl, demnächst raus aus der EU.
Weshalb wird dies nicht zum Anlass genommen, um in der EU zu sparen?
Muss Deutschland jetzt mehr einzahlen?
Haben wir nicht in Deutschland ersteinmal unsere Hausaufgaben (Rentner, Arme, Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung, Klima ...) zu finanzieren, bevor wir ggf. mehr in die EU einzahlen müssen?

Weshalb werden nicht die von Deutschland getragenen Lasten für Flüchtlinge mit in unsere Zahlungsverpflichtung an die EU verrechnet ?

MfG
H. R.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Rogall,

vielen Dank für Ihre Anfrage, auf die ich hiermit gern eingehen möchte.

Der Brexit sorgt nicht nur bei den Menschen, sondern auch bei den Unternehmen und Mitgliedstaaten für große Unsicherheit. Die zähen Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien sorgen für immer größeres Unverständnis auf allen Seiten.

Man könnte nun sagen, wozu EU? Ohne die Europäische Union hätten wir mehr monetäre Mittel, die wir gut in unserem eigenen Lande gebrauchen können. Großbritannien macht es vor. Schließlich hat schon Maggie Thatcher gesagt: I want my money back.

Doch das ist zu kurz gedacht. Ich will zunächst nur einmal ein paar der Vorteile nennen, die Europa für uns bringt.

- Durch Schaffung eines einheitlichen Marktes können deutsche Unternehmen fast 2/3 ihrer Produkte in die EU exportieren. Der europäische Binnenmarkt sichert also der deutschen Wirtschaft Absatzmärkte und Arbeitsplätze. Nach dem Dollar ist der Euro die zweitwichtigste Währung der Welt. Eine Bedeutung, die die D-Mark nie hätte erlangen können.

- Durch das Verbot nationaler Monopole sind viele Leistungen für Bürger deutlich günstiger geworden. Prominente Beispiele sind Flugreisen oder das Telefonieren.

- Durch die EU wurde der Verbraucherschutz gestärkt. Nicht nur die Verlängerung der Gewährleistungspflicht auf 2 Jahre geht auf die EU zurück, sondern auch z. B. Kennzeichnungsvorschriften für Lebensmittel oder Produktstandards für Kinderspielzeug.

Doch um die Vorteile als Teil dieser Staatengemeinschaft zu genießen, ist es die Verpflichtung eines jeden Mitgliedes, die Lasten mitzutragen. Dabei werden die Mehrkosten, die durch den Austritt Großbritanniens entstehen, auf alle Mitglieder verteilt.

Klar ist dabei, dass Deutschland in der EU am stärksten von einem harten Brexit betroffen wäre. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung errechnete eine jährliche Einkommenseinbuße von 10 Milliarden Euro. Doch was ist die Konsequenz daraus? Ebenfalls austreten? Lassen Sie mich Ihnen einmal die prognostizierte Situation in Großbritannien nach dem Brexit schildern. Ich beginne mit den Kosten. Das britische Finanzministerium hat für den Brexit allein 5 Milliarden Euro bereitgestellt. Die Folgen für die Wirtschaft fallen deutlich höher aus. Seit die Briten 2016 ihr „Leave“-Votum abgaben, ist die britische Wirtschaft um 2,5 Prozentpunkte eingebrochen. Was in Prozenten wenig wirkt, hört sich ausgedrückt in Euro anders an: Die Verlustsumme beläuft sich auf 58 Milliarden Euro. Doch damit ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Man erwartet, dass das britische Bruttoinlandsprodukt langfristig um 3,5 % sinken wird. Es werden jährliche Einkommensverluste von jährlich 57 Milliarden Euro prognostiziert.

Ich möchte nun abschließend auf Ihre Frage eingehen, wie es mit der nationalen Finanzierung von Rente, Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung, Klima, Armut und Migration aussieht. Dies sind nationale Aufgaben, die unabhängig von einer etwaigen Zahlungspflicht für Europa sind und die in der Verantwortung eines jeden Mitgliedstaates selbst liegen.

Für Deutschland bedeutet dies für die genannten Bereiche: Die insgesamt von der Bundesregierung getätigten Investitionen beliefen sich 2019 auf 79 Milliarden Euro und erreichen damit einen Rekordwert.

Um einige Beispiele zu nennen:

- Um die Klimaschutzziele 2030 zu erreichen, hat die Bundesregierung letztes Jahr ein Klimaschutzprogramm 2030 verabschiedet, dass nun kontinuierlich in Form von Gesetzen und Förderprogrammen umgesetzt wird. Teil dieses Konzepts ist auch die Investition in eine verbesserte Infrastruktur, so etwa die Förderung der Elektromobilität, die Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs und der Bahn

- Auch die Förderung ländlicher Regionen ist uns extrem wichtig, lebt doch ein Großteil der Bevölkerung nicht in der Stadt, sondern auf dem Land. Diesen Menschen muss der gleiche Lebensstandard gesichert werden wie jenen in den Metropolen. Darum hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ende letzten Jahres mit dem Modellvorhaben „Smarte LandRegionen“ den Startschuss für ein Projekt gegeben, dass die Digitalisierung in ländlichen Räumen vorantreiben soll.

- Insgesamt stellt der Bund im Bereich Digitalisierung 5 Milliarden für die Digitalisierung von Schulen, 6 Milliarden für den Breitbandausbau und 3 Milliarden für die Forschung an künstlicher Intelligenz bereit.

- Zudem fließen gut 100 Milliarden als Zuschuss an die Rentenkasse. Finanziert wird davon u.a. auch die Mütterrente und die Rente mit 63.

- Diese Investitionen führen u.a. dazu, dass die Lage am Arbeitsmarkt so gut ist wie schon lange nicht mehr. Die so steigenden Löhne sorgen für eine solide Finanzsituation bei der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Erhöhung der Renten um 3,92 % in den neuen und 3,15 % in den alten Bundesländern.

Zu Ihrem letztgenannten Punkt: Deutschland wird Ausgleichszahlungen für die Flüchtlingsaufnahme bekommen. Dies hat die EU-Kommission bereits 2018 mitgeteilt. Die Bundeskanzlerin hatte zuvor angeregt, den Einsatz von Ländern und Regionen für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen bei den künftigen EU-Finanzen positiv zu berücksichtigen.

Die nächste Haushaltsperiode beginnt 2021 und endet 2027. In diesem Zeitraum sollen aus Brüssel rund 4,5 Milliarden Euro nach Deutschland fließen, um die immensen Aufwendungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise teilweise zu kompensieren.

Mit freundlichen Grüßen

Mark Helfrich

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